10 - Der Ölprinz
erkundigen.“
„Das fehlte noch! Ging er vielleicht darauf ein?“
„Das sagte er nicht. Jetzt sitzt er still dort und scheint zu überlegen.“
„Da muß ich zu ihm, um ihm die Grillen auszureden. Vorher aber muß ich mit Euch schnell klar werden, denn Ihr müßt fort. Also hört, was ich Euch sage!“
Sie sprachen noch eine kleine Weile leise und hastig miteinander. Es schienen Versprechungen und Beteuerungen zu sein, denn sie gaben einander die Hände mehrere Male; dann gingen Buttler und Poller miteinander nach vorn, wo sie dem Ranchero erklärten, daß sie aufbrechen wollten. Sie wollten das, was sie verzehrt hatten, bezahlen, aber er nahm nichts, da sein Rancho kein Wirtshaus sei; dann ritten sie fort, ohne daß jemand – natürlich Grinley ausgenommen – etwas über ihre Namen und Absichten erfahren hatte. Sie waren nicht einmal danach gefragt worden.
Kurze Zeit darauf kam Grinley herbeigeschlendert. Er tat, als ob er sich nun ausgeruht habe, und setzte sich wieder an seinen Platz, indem er Frank und Droll höflich grüßte und ihnen ein möglichst offenes und ehrliches Gesicht zeigte, um ihr Vertrauen zu erwecken. Der Bankier konnte sich jedoch nicht halten; er sagte: „Master Grinley, hier sitzen zwei gute Bekannte von Winnetou und Old Shatterhand, nämlich Mr. Droll und Mr. Hobble-Frank, welche nicht an Eure Petroleumquelle glauben wollen. Was sagt Ihr dazu?“
„Was ich dazu sage?“ antwortete der Gefragte übermütig, „ich sage, daß ich ihnen das gar nicht übelnehmen will. In Sachen, wo es sich um so große Summen handelt, muß man vorsichtig sein. Ich habe ja selbst auch nicht eher daran geglaubt, als bis meine Ölproben von mehreren Sachverständigen untersucht worden waren. Wenn es den Herren Spaß macht, mögen sie mit uns reiten, um sich zu überzeugen, was für eine mächtige Menge von Öl der Platz enthält.“
„Sie wollen hier auf Winnetou und Old Shatterhand warten.“
„Dagegen kann ich gar nichts haben; aber da ich mein Placer weder an Old Shatterhand noch an Winnetou verkaufen will, so bin nicht ich es, der auf diese beiden zu warten hat.“
„Aber wenn nun ich warten möchte?“
„So fällt es mir nicht ein, Euch zu hindern. Ich zwinge keinen Menschen, mit mir zu gehen. Wenn ich hinüber nach Frisco reite, finde ich Kapitalisten genug, welche sofort dabei sind und mich nicht unterwegs im Stich lassen. Wer mir nicht glaubt, der mag daheim bleiben.“
Er goß ein volles Glas Brandy hinunter und ging dann hinaus zu seinem Pferd.
„Da habt ihr es“, meinte der Bankier. „Sein Verhalten muß euch vollständig überzeugen, daß er seiner Sache sicher ist.“
„Das ist er allerdings“, antwortete der Hobble-Frank. „Aber ob diese Sache eine gerechte oder ungerechte ist, wird sich erst später herausstellen.“
„Ich habe ihn beleidigt, und er wird nicht hier warten. Es versteht sich ganz von selbst, daß ich ihn nicht allein fortlassen kann, sondern mit ihm gehen muß, denn ich mag auf das außerordentliche Geschäft, auf welches ich mit ihm eingegangen bin, nicht verzichten. Ihr werdet doch wohl zugeben, daß euer Mißtrauen noch gar nichts beweist.“
„Für Euch wahrscheinlich nicht; aber wir hielten es für unsere Pflicht, Euch zur Vorsicht zu mahnen. Wir haben gesagt, daß da oben, wohin Ihr wollt, kein Petroleum gefunden werden kann; damit soll freilich nicht direkt behauptet werden, daß Euer Grinley partout ein Betrüger sei, denn er kann sich ja selbst geirrt haben. Doch will ich Euch freimütig gestehen, daß mir sein Gesicht nicht gefällt. Was mich betrifft, so würde ich es mir zehnmal überlegen, ehe ich ihm mein Vertrauen schenkte.“
„Ich danke Euch für Eure Aufrichtigkeit, bin aber nicht der Meinung, daß man einen Menschen für sein Gesicht verantwortlich machen kann, denn er hat es sich nicht selbst gegeben.“
„Da irrt Ihr Euch, Sir. Allerdings, das Gesicht wird dem Kind von der Natur gegeben, dann aber durch die Erziehung und andere Eindrücke verändert, wobei auch die Seele von innen heraus an dieser Veränderung teilnimmt. Ich werde keinem Menschen trauen, der mich nicht aufrichtig und grad ansehen kann, und das ist mit diesem Master Grinley der Fall. Ich fordere keineswegs von Euch, ihn für einen Spitzbuben zu halten, sondern will Euch nur zur Vorsicht mahnen.“
„Was das betrifft, Sir, so würde ich auch ohne diese Eure Ermahnung nicht leichtsinnig handeln. Ich bin Geschäftsmann und pflege scharf zu kalkulieren. Da
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