10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)
Dunkelheit allein lassen. Sie fragte sich, was Daario in diesem Moment wohl tat. Lag er ebenfalls wach? Dachte er an sie? Liebte er sie wirklich? Hasste er sie, weil sie Hizdahr geheiratet hatte? Ich hätte ihn mir niemals ins Bett holen sollen. Er war nur ein Söldner, kein passender Gemahl für eine Königin, und doch …
Ich habe es die ganze Zeit gewusst und es dennoch getan.
» Meine Königin?«, sagte eine leise Stimme in der Dunkelheit.
Dany zuckte zusammen. »Wer ist da?«
»Bloß Missandei.« Die Schreiberin aus Naath kam näher ans Bett. »Diese hier hat Euch weinen gehört.«
»Weinen? Ich habe nicht geweint. Warum sollte ich weinen? Ich habe meinen Frieden, ich habe meinen König, ich habe alles, was sich eine Königin nur wünschen kann. Du hast schlecht geträumt, mehr nicht.«
»Wie Ihr sagt, Euer Gnaden.« Sie verneigte sich und wollte gehen.
»Bleib«, sagte Dany. »Ich möchte nicht allein sein.«
»Seine Gnaden ist bei Euch«, erwiderte Missandei.
»Seine Gnaden träumt, aber ich kann nicht schlafen. Morgen muss ich in Blut baden. Den Preis für den Frieden entrichten.« Sie lächelte schwach und klopfte aufs Bett. »Komm. Setz dich. Unterhalte dich mit mir.«
»Wenn es Euch gefällt.« Missandei ließ sich neben ihr nieder. »Worüber sollen wir sprechen?«
»Über dein Zuhause«, sagte Dany. »Über Naath. Über Schmetterlinge und Brüder. Erzähl mir von den Dingen, die dich glücklich machen, die Dinge, die dich zum Lachen bringen, erzähl mir von deinen schönsten Erinnerungen. Erinnere mich daran, dass es noch Gutes auf dieser Welt gibt.«
Missandei tat ihr Bestes. Sie erzählte noch weiter, als Dany schließlich einschlief und eigentümliche, halb geformte Träume aus Rauch und Feuer träumte.
Der Morgen graute zu früh.
THEON
Der Tag schlich sich an sie heran wie Stannis: unsichtbar.
Winterfell war schon seit Stunden wach, auf den Wehrgängen und Türmen drängten sich die Männer in Wolle und Kettenhemd und Leder und warteten auf einen Angriff, der nicht kam. Als der Himmel endlich hell wurde, erstarben die Trommelschläge, aber die Kriegshörner ertönten noch dreimal, jedes Mal ein wenig näher. Und es schneite weiterhin.
»Heute wird der Sturm aufhören«, behauptete einer der überlebenden Stallburschen lauthals. »Warum auch nicht, es ist ja noch gar nicht richtig Winter.« Theon hätte über ihn gelacht, wenn er sich getraut hätte. Er erinnerte sich an die Geschichten der Alten Nan von Stürmen, die vierzig Tage und vierzig Nächte gewütet hatten, ein Jahr lang oder zehn Jahre … Stürme, die Burgen und Städte und ganze Königreiche unter dreißig Meter hohem Schnee begraben hatten.
Er saß hinten in der Großen Halle, nicht weit von den Pferden entfernt, und beobachtete Abel, Esche und ein unscheinbares braunhaariges Waschweib namens Eichhörnchen dabei, wie sie scheibenweise trockenes braunes Brot vertilgten, das im Fett von ausgelassenem Speck geröstet worden war. Theon trank zum Frühstück nur einen Krug dunkles Bier, das von der Hefe trüb war und dick genug, um es zu kauen. Noch ein paar Krüge, und dann würde Abels Plan vielleicht nicht mehr ganz so verrückt klingen.
Roose Bolton kam gähnend herein, mit farblosen Augen und in Begleitung der Fetten Walda, seiner molligen, schwangeren Gemahlin. Ihnen waren einige Lords und Hauptleute vorausgegangen, darunter Hurentod Umber, Aenys Frey und Roger Ryswell. Weiter unten am Tisch stopfte Wyman Manderly Würste und gekochte Eier in sich hinein, während der alte Lord Locke neben ihm Haferschleim in den zahnlosen Mund löffelte.
Kurze Zeit später erschien auch Lord Ramsay, der sich auf dem Weg zum Podest den Schwertgurt festschnallte. Heute Morgen hat er schlechte Laune , erkannte Theon . Die Trommeln haben ihn die ganze Nacht wach gehalten, nahm er an, oder irgendjemand hat sein Missfallen erregt. Ein falsches Wort, ein schiefer Blick, ein Lachen zur falschen Zeit, all das konnte den Zorn Seiner Lordschaft auslösen und einen Mann einen Streifen Haut kosten. Bitte, M’lord, schaut nicht in meine Richtung. Ramsay bräuchte nur einen Blick, um ihn sofort zu durchschauen. Er würde es sehen, als stünde es mir ins Gesicht geschrieben. Er würde es sofort wissen. Es weiß es immer.
Theon wandte sich an Abel. »Es kann nicht gelingen.« Er sprach so leise, dass ihn selbst die Pferde nicht verstanden hätten. »Sie werden uns erwischen, ehe wir die Burg verlassen haben. Selbst wenn wir entkommen können, wird
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