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10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

Titel: 10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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Kapitän.« Der Maester sah auch aus wie eine Maus in seiner grauen Robe und mit seinem kleinen braunen Schnurrbart. Glaubt er, damit sähe er männlicher aus? Kerwin war sein Name. Er war sehr jung, vielleicht zweiundzwanzig. »Darf ich Eure Hand sehen?«, fragte er.
    Was für eine dumme Frage. Maester waren durchaus nützlich, doch für diesen Kerwin hatte Victarion nichts als Verachtung übrig. Mit seinen glatten rosa Wangen, den weichen Händen und den braunen Locken sah er mädchenhafter aus als die meisten Mädchen. Als er an Bord der Eiserner Sieg gekommen war, hatte er zunächst noch blöd gegrinst, aber in einer Nacht auf den Stepstones hatte er den falschen Mann angelächelt, und Burton Humble hatte ihm vier seiner Zähne ausgeschlagen. Nicht lange danach war Kerwin bei ihm angekrochen gekommen und hatte sich beschwert, dass vier aus seiner Mannschaft ihn unter Deck gezerrt und ihn wie eine Frau benutzt hatten. »Hier, damit könnt Ihr das beenden«, hatte Victarion zu ihm gesagt und einen Dolch in den Tisch zwischen ihnen gerammt. Kerwin nahm die Klinge, doch nur, so vermutete der Kapitän, weil er Angst hatte, sie abzulehnen, doch er hatte sie nie eingesetzt.
    »Meine Hand ist hier«, sagte Victarion, »seht sie Euch an, solange Ihr wollt.«
    Maester Kerwin ging auf ein Knie, um die Wunde besser zu begutachten. Er schnüffelte sogar daran wie ein Hund. »Ich muss erneut den Eiter abfließen lassen. Die Farbe … Lord Kapitän, der Schnitt verheilt nicht. Es ist gut möglich, dass ich Euch die Hand abnehmen muss.«
    Darüber hatten sie schon einmal gesprochen. »Wenn Ihr mir die Hand abnehmt, töte ich Euch. Aber zuerst binde ich Euch an der Reling fest und schenke der Mannschaft Euren Arsch. Nun macht schon.«
    »Ihr werdet Schmerzen haben.«
    »Wie immer.« Das Leben besteht aus Schmerz, du Narr. Es gibt keine Freuden außer in den Wasserhallen des Ertrunkenen Gottes. »Na los.«
    Der Knabe – es war schwierig, sich jemanden, der so weich und rosa war, als Mann vorzustellen – legte die Schneide des Dolches quer über die Handfläche des Kapitäns und schnitt. Der Eiter, der hervorquoll, war dick und gelb wie saure Milch. Die dunkelhäutige Frau rümpfte bei dem Geruch die Nase, der Maester würgte, und sogar Victarion selbst drehte sich der Magen um. »Schneidet tiefer. Holt alles heraus. Zeigt mir das Blut.«
    Maester Kerwin drückte den Dolch tief hinein. Diesmal tat es weh, doch mit dem Eiter kam Blut hervor, Blut so dunkel, dass es im Licht der Lampe schwarz wirkte.
    Blut war gut. Victarion grunzte zustimmend. Er sah ungerührt zu, während der Maester schnitt und drückte und den Eiter mit viereckigen weichen Tüchern abtupfte, die zuvor in Essig gekocht worden waren. Als er damit fertig war, hatte sich das saubere Wasser im Becken in eine schmuddelige Brühe verwandelt. Allein bei dem Anblick konnte einem Mann schon übel werden. »Nehmt diesen Dreck und geht.« Victarion deutete mit dem Kopf auf die dunkelhäutige Frau. »Sie kann mich verbinden.«
    Auch nachdem der Junge gegangen war, blieb der Gestank zurück. In letzter Zeit gab es davor kein Entrinnen mehr. Der Maester hatte vorgeschlagen, die Reinigung der Wunde an Deck in der frischen Luft und im Sonnenlicht vorzunehmen, aber Victarion hatte es verboten. Das war nichts, was seine Mannschaft sehen durfte. Sie waren eine halbe Welt von zu Hause entfernt, zu weit, als dass die Männer erfahren durften, dass ihr Eiserner Kapitän zu rosten begonnen hatte.
    Das Pochen in seiner linken Hand ließ nicht nach, ein dumpfer, doch hartnäckiger Schmerz. Wenn er die Hand zur Faust ballte, nahm der Schmerz zu, als würde man ihm ein Messer den Arm hinaufstechen. Kein Messer, ein Langschwert. Ein Langschwert in der Hand eines Geistes. Serry, das war sein Name gewesen. Ein Ritter und der Erbe von Southshield. Ich habe ihn getötet, und doch sticht er noch aus dem Grab nach mir. Aus dem heißen Herzen der Hölle, in die ich ihn geschickt habe, bohrt er mir seinen Stahl in die Hand und dreht die Klinge.
    Victarion erinnerte sich noch an den Kampf, als wäre es gestern gewesen. Sein Schild war zertrümmert und baumelte nutzlos an seinem Arm, also hatte er, als Serry mit dem Langschwert einen Hieb von oben führte, die Hand ausgestreckt und die Klinge gepackt. Der Jüngling war stärker gewesen, als er ausgesehen hatte, seine Klinge biss durch den Panzerhandschuh und die Polsterung hindurch bis in das Fleisch seiner Handfläche. Ein Kratzer von einem

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