10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)
gezittert. Gift. Das muss Gift gewesen sein. Die in Honig gerollten Heuschrecken. Hizdahr hat sie mir aufgedrängt, aber Belwas hat sie alle allein aufgegessen. Sie hatte Hizdahr zu ihrem König gemacht, hatte ihn in ihr Bett geholt, hatte die Arenen für ihn wiedereröffnet, er hatte keinen Grund, ihren Tod zu wünschen. Aber wer sonst konnte dahinterstecken? Reznak, ihr parfümierter Seneschall? Die Yunkai’i? Die Söhne der Harpyie?
In der Ferne heulte ein Wolf. Der Gesang erfüllte sie mit Traurigkeit und Einsamkeit, aber er trug nicht dazu bei, ihren Hunger zu stillen. Als der Mond über dem Grasland aufging, fiel Dany schließlich in einen unruhigen Schlaf.
Sie träumte. All ihre Sorgen und all ihre Schmerzen fielen von ihr ab, und sie schien in den Himmel hinaufzuschweben. Wieder flog sie, drehte sich, lachte, tanzte, während die Sterne um sie herum kreisten und ihr Geheimnisse ins Ohr flüsterten. »Um nach Norden zu gelangen, müsst Ihr nach Süden ziehen. Um nach Westen zu kommen, geht nach Osten. Um vorwärts zu gelangen, geht rückwärts, und um das Licht zu berühren, müsst Ihr unter dem Schatten hindurchziehen.«
»Quaithe?«, rief Dany. »Wo seid Ihr?«
Dann sah sie es. Ihre Maske ist aus Sternenlicht gemacht.
» Erinnert Euch daran, wer Ihr seid, Daenerys«, flüsterten die Sterne mit der Stimme einer Frau. »Die Drachen wissen es. Ihr auch?«
Am nächsten Morgen erwachte sie steif und wund und voller Schmerzen. Ameisen krabbelten über ihre Arme und Beine und über ihr Gesicht. Als sie das bemerkte, stieß sie das trockene braune Gras zur Seite, auf dem sie gelegen und mit dem sie sich zugedeckt hatte, und sprang auf. Überall war sie gebissen worden, und sie hatte kleine rote Pusteln, die juckten und sich entzündeten. Wo kommen nur all die Ameisen her? Dany wischte sie von Armen und Beinen und Bauch. Sie strich sich über den stoppeligen Schädel, wo ihr Haar verbrannt war, und fand weitere Ameisen auf dem Kopf, und eine krabbelte über ihren Nacken. Sie schlug sie sich von der Haut und zertrat sie unter den nackten Füßen. Es waren so viele …
Wie sich herausstellte, lag der Ameisenhügel auf der anderen Seite der Mauer. Sie fragte sich, wie die Ameisen darübergeklettert waren und sie gefunden hatten. Für diese winzigen Wesen mussten diese bröckelnden Steine doch so riesig sein wie die Mauer von Westeros. Die größte Mauer der Welt, hatte ihr Bruder Viserys stets gesagt, mit solchem Stolz, als hätte er sie selbst gebaut.
Viserys hatte ihr Geschichten über Ritter erzählt, die so arm waren, dass sie unter den uralten Hecken schlafen mussten, die entlang der kleinen Straßen in den Sieben Königslanden wuchsen. Dany hätte viel und noch viel mehr für eine hübsche dicke Hecke gegeben. Möglichst ohne Ameisenhügel.
Die Sonne ging gerade auf. Einige Sterne verweilten noch am kobaltblauen Himmel. Vielleicht ist einer davon Khal Drogo, der in den Nachtlanden auf seinem feurigen Hengst sitzt und mir von oben zulächelt. Dragonstone war noch immer im Grasland zu erkennen. Es sieht so nah aus. Ich muss inzwischen viele Meilen entfernt sein, und doch sieht es aus, als könnte ich in einer Stunde wieder dort sein. Am liebsten hätte sie sich wieder hingelegt und dem Schlaf überlassen. Nein. Ich muss weitergehen. Der Bach. Folge einfach dem Bach.
Dany brauchte einen Moment, bis sie die Orientierung wiedererlangt hatte. Es würde ihr nichts einbringen, in die falsche Richtung zu laufen und ihren Bach aus den Augen zu verlieren. »Mein Freund«, sagte sie laut. »Wenn ich nah bei meinem Freund bleibe, werde ich mich nicht verirren.« Sie hätte auch am Wasser geschlafen, wenn sie sich getraut hätte, doch nachts kamen Tiere zum Trinken dorthin. Das hatte sie an den Spuren erkannt. Dany würde für einen Wolf oder einen Löwen eine karge Mahlzeit abgeben, aber selbst eine karge Mahlzeit war besser als keine.
Als sie sicher war, Süden gefunden zu haben, zählte sie ihre Schritte. Der Bach kam nach acht. Dany schöpfte Wasser und trank. Von dem Wasser bekam sie Bauchkrämpfe, aber sie waren leichter zu ertragen als der Durst. Sie hatte sonst nichts anderes zu trinken als den Morgentau, der auf dem hohen Gras glitzerte, und sie hatte nichts zu essen außer dem Gras. Ich könnte die Ameisen probieren. Die kleinen gelben waren zu klein, um viel Nährstoff zu bieten, aber es gab auch rote Ameisen im Gras, und die waren größer. »Ich bin auf dem Meer verschollen«, sagte sie, während sie an
Weitere Kostenlose Bücher