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10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

Titel: 10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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der Suche nach einer edlen Familie behilflich, die sie als Mündel aufnimmt. Braavos war allerdings die am nächsten gelegene Freie Stadt … und somit die beste oder die schlechteste Wahl. Lorath oder der Hafen von Ibben wären vielleicht sicherer. Wohin auch immer er sie schickte, Arya brauchte Silber, ein Dach über dem Kopf und jemanden, der sie beschützte. Sie war doch noch ein Kind.
    In Maester Aemons alten Gemächern war es so warm, dass ihnen eine Dampfwolke entgegenschlug, als Mully die Tür öffnete und sie beide blendete. Drinnen brannte ein frisches Feuer im Kamin, die Scheite knackten und zischten. Jon stieg über einen Haufen feuchter Kleidung. » Snow, Snow, Snow«, krächzten die Raben von oben. Das Mädchen hatte sich am Feuer zusammengerollt, sich in einen schwarzen Wollmantel eingewickelt, der dreimal so groß war wie sie, und schlief fest.
    Sie ähnelte Arya so stark, dass er kurz zögerte, allerdings nur einen Augenblick. Dieses große, dürre Mädchen erinnerte an ein Fohlen, bestand fast nur aus Bein und Ellbogen und hatte das braune Haar zu einem dicken Zopf geflochten und mit Lederstreifen umwickelt. Sie hatte ein langes Gesicht, ein spitzes Kinn und kleine Ohren.
    Doch sie war zu alt, viel zu alt. Dieses Mädchen ist beinahe so alt wie ich. » Hat sie gegessen?«, erkundigte sich Jon bei Mully.
    »Nur Brot und Brühe, Mylord.« Clydas erhob sich vom Stuhl. »Man sollte lieber langsam anfangen, wie Maester Aemon zu sagen pflegte. Mehr hätte sie vielleicht nicht bei sich behalten können.«
    Mully nickte. »Dannel hatte eine von Hobbs Würsten und hat ihr ein Stück angeboten, aber sie wollte nichts davon.«
    Jon konnte ihr das nicht zum Vorwurf machen. Hobbs Würste bestanden aus Fett und Salz und weiteren Bestandteilen, über die man besser nicht nachdachte. »Vielleicht sollten wir sie erst einmal schlafen lassen.«
    Genau in diesem Moment setzte sich das Mädchen auf und drückte den Mantel an ihre kleinen, bleichen Brüste. Sie sah verwirrt aus. »Wo …?«
    »In der Schwarzen Festung, Mylady.«
    »An der Mauer.« In ihren Augen sammelten sich Tränen. »Ich bin da.«
    Clydas trat näher. »Armes Kind. Wie alt seid Ihr denn?«
    »An meinem nächsten Namenstag werde ich sechzehn. Und ich bin kein Kind mehr, sondern eine erwachsene und erblühte Frau.« Sie gähnte und bedeckte den Mund mit dem Mantel. Ein nacktes Knie schob sich hervor. »Ihr tragt keine Kette. Seid Ihr ein Maester?«
    »Nein«, antwortete Clydas. »Aber ich habe einem gedient.«
    Sie sieht ein wenig wie Arya aus, dachte Jon. Ausgehungert und mager, aber ihr Haar hat die gleiche Farbe und ihre Augen auch. »Mir wurde gesagt, Ihr habt nach mir gefragt. Ich bin …«
    »Jon Snow.« Das Mädchen warf den Zopf nach hinten. »Mein Haus und das Eure sind durch Blut und Ehre verbunden. Hört mich an, Verwandter. Mein Onkel Cregan ist mir dicht auf den Fersen. Ihr dürft nicht zulassen, dass er mich zurück nach Karhold bringt.«
    Jon starrte sie an. Ich kenne dieses Mädchen. Sie hatte etwas an sich, wie sie sich bewegte, wie sie ihn ansah, wie sie redete. Einen Augenblick lang wollte sich die Erinnerung nicht einstellen. Dann war sie da. »Alys Karstark.«
    Das zauberte den Geist eines Lächelns auf ihre Lippen. »Ich war mir nicht sicher, ob Ihr Euch an mich erinnern würdet. Als Ihr mich zum letzten Mal gesehen habt, war ich sechs.«
    »Ihr wart mit Eurem Vater in Winterfell.« Mit dem Vater, den Robb enthauptet hat. » Ich weiß nicht mehr, aus welchem Grund.«
    Sie errötete. »Damit ich Euren Bruder kennen lerne. Oh, es gab einen anderen Vorwand, aber das war der eigentliche Grund. Ich war beinahe im gleichen Alter wie Robb, und mein Vater glaubte, wir könnten gut zusammenpassen. Es gab ein Fest. Ich habe mit Euch und mit Eurem Bruder getanzt. Er war sehr höflich und hat mir gesagt, ich tanze wunderbar. Ihr wart mürrisch. Mein Vater meinte, von einem Bastard sei nichts anderes zu erwarten.«
    »Ich erinnere mich.« Das war nur halb gelogen.
    »Ihr seid immer noch ein wenig mürrisch«, sagte das Mädchen, »aber das werde ich Euch vergeben, wenn Ihr mich vor meinem Onkel rettet.«
    »Euer Onkel … wäre das Lord Arnolf?«
    »Er ist kein Lord«, entgegnete Alys verächtlich. »Mein Bruder Harry ist der rechtmäßige Lord, und dem Gesetze nach bin ich seine Erbin. Eine Tochter kommt vor einem Onkel. Onkel Arnolf ist nur Kastellan. Und er ist eigentlich nur mein Großonkel, der Onkel meines Vaters. Cregan ist sein Sohn.

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