10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)
der Lord Kommandant. Darf ich mich zu Euch gesellen?« Er ließ sich auf der Bank nieder, ehe sie antworten konnten. »Lord Snow, wenn ich mir die Frage erlauben darf … diese Wildlingsprinzessin, von der Seine Gnaden König Stannis geschrieben hat … wo kann ich sie finden, Mylord?«
Viele Meilen fern von hier, dachte Jon. Wenn es die Götter gut meinen, hat sie Tormund Riesentod inzwischen gefunden. » Val ist die jüngere Schwester von Dalla, die mit Mance Rayder verheiratet war und ihm einen Sohn geboren hat. König Stannis hat Val und das Kind gefangen genommen, nachdem Dalla im Kindbett starb, aber sie ist keine Prinzessin, nicht in dem Sinn, in dem Ihr es versteht.«
Ser Axell zuckte mit den Schultern. »Was auch immer sie ist, in Eastwatch hieß es, das Mädel wäre schön. Ich würde sie gern mit eigenen Augen sehen. Bei manch anderer dieser Wildlingsfrauen, nun, da müsste ein Mann den Blick abwenden, wenn er seine ehelichen Pflichten erfüllt. Wenn es dem Lord Kommandanten gefällt, so lasst sie holen, damit wir sie uns anschauen können.«
»Sie ist kein Pferd, das zur Begutachtung vorgeführt wird.«
»Ich verspreche, ihre Zähne nicht zu zählen.« Florent grinste. »Ach, keine Sorge, ich behandele sie mit aller Höflichkeit, die ihr geziemt.«
Er weiß, dass sie nicht hier ist. In einem Dorf gab es keine Geheimnisse, und in der Schwarzen Festung ebenfalls nicht. Über Vals Abwesenheit wurde offen nicht gesprochen, doch manche Männer wussten darüber Bescheid, und im Speisesaal wurde abends viel geredet. Was hat er gehört?, fragte sich Jon. Und wie viel davon glaubt er? » Vergebt mir, Ser, aber Val wird sich nicht zu uns gesellen.«
»Dann gehe ich zu ihr. Wo ist das Mädel?«
Weit fort von Euch. » In Sicherheit. Genug davon, Ser.«
Der Ritter wurde rot im Gesicht. »Mylord, habt Ihr vergessen, wer ich bin?« Sein Atem roch nach Bier und Zwiebeln. »Muss ich erst mit der Königin sprechen? Ein Wort von Ihrer Gnaden, und ich kann mir dieses Wildlingsmädchen nackt in die Halle schleifen lassen, um sie zu begutachten.«
Das wäre ein hübsches Kunststück, selbst für eine Königin. » Die Königin würde sich niemals so über das Gastrecht hinwegsetzen«, erwiderte Jon und hoffte, dass das stimmte. »Und jetzt muss ich mich leider verabschieden, ehe ich die Pflichten des Gastgebers vernachlässige. Lord Tycho, bitte entschuldigt mich.«
»Aber natürlich«, sagte der Bankier. »Es war mir ein Vergnügen.«
Draußen schneite es heftiger. Gegenüber hatte sich der King’s Tower in einen klobigen Schemen verwandelt, und das Licht aus den Fenstern wurde vom fallenden Schnee verdunkelt.
In seinem Solar fand Jon den Raben des Alten Bären auf der Lehne des Stuhles aus Eiche und Leder hinter dem Tisch. Der Vogel begann nach Futter zu schreien, sobald Jon eintrat. Jon nahm eine Handvoll getrockneter Kerne aus dem Sack an der Tür, verstreute sie auf dem Boden und eroberte so seinen Stuhl zurück.
Tycho Nestoris hatte eine Abschrift ihres Vertrages zurückgelassen. Jon las sie dreimal. Das ging leicht, dachte er. Leichter, als ich gehofft hatte. Leichter, als es hätte sein sollen.
Ein unbehagliches Gefühl beschlich ihn. Die Münzen der Braavosi würden es der Nachtwache ermöglichen, im Süden Vorräte zu kaufen, wenn die eigenen knapp wurden, ausreichend Vorräte, um den Winter zu überstehen, wie lang er auch werden mochte. Ein langer, harter Winter wird die Wache so tief in Schulden stürzen, dass wir sie niemals werden begleichen können, machte sich Jon klar, aber wenn man die Wahl zwischen Schulden und dem Tod hat, dann sollte man sich fürs Leihen entscheiden.
Und es musste ihm ja nicht gefallen. Und wenn es Frühling wurde und damit Zeit, die Schulden zu begleichen, würde es ihm noch weniger gefallen. Tycho Nestoris hatte ihn mit seiner Bildung und Höflichkeit beeindruckt, was aber nichts an dem furchterregenden Ruf änderte, den die Eiserne Bank von Braavos besaß, was das Eintreiben von Schulden anging. Jede der Neun Freien Städte hatte eine Bank, und manche sogar mehr als eine, und sie alle stritten sich wegen jeder einzelnen Münze wie Hunde um einen Knochen, aber die Eiserne Bank war reicher und mächtiger als alle anderen zusammen. Wenn Fürsten bei kleineren Banken ihren Pflichten nicht nachkamen, verkauften die ruinierten Bankiers ihre Frauen und Kinder in die Sklaverei und schnitten sich die Handgelenke auf. Wenn Fürsten der Eisernen Bank ihre Schulden nicht
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