10 - Geheimagent Lennet und der Spinnenbaron
von Mrs. Burton zu durchsuchen – es waren sechs insgesamt -, denn die Amerikaner kamen schon wieder zurück.
»Es ist sehr freundlich, daß Sie sich um unsere Sachen gekümmert haben«, sagte Mrs. Burton, und ihr Mann bekräftigte den Dank mit einem kräftigen Schlag auf Lennets Schultern.
Dann ruhte das Ehepaar sich zwei Stunden lang aus.
Teddy meckerte, weil er keinen Fernsehapparat im Zimmer hatte, und Jenny fragte Lennet, ob er nochmals mit ihr durchs Haus gehen wollte.
Im Salon wollte sie alles über die Möbel wissen, und Lennet der nicht gerade sehr viel Ahnung von alten Sachen hatte, genierte sich nicht, wild draufloszuphantasieren.
»Das hier ist echtes Rokoko, meine Liebe.«
»Warum nennt man das Rokoko?«
»Das kommt von einem alten französischen Wort für Stein, und wenn man sich draufsetzt, dann merkt man warum. Dieser Teppich stammt aus der Spätzeit Ludwig des Vierzehnten, des Sonnenkönigs.«
»Wieso wissen Sie das so genau?«
»Ganz einfach: Darauf ist doch die untergehende Sonne abgebildet.«
»O Bick, Sie sind bewundernswert.«
»Das glaube ich auch, Jenny. Und hier ist die Bibliothek.
Dieser Tisch stammt aus dem ersten und der dort aus dem zweiten Schlimmerreich.«
»Woran sehen Sie denn das?«
»Das erste ist schlimm, das zweite ist schlimmer.«
»Ich finde es ganz hübsch mit all den Vergoldungen. Ich glaube, Sie machen sich über mich lustig.«
»Ich würde mich niemals über meine Chefin lustig machen.«
»Ich bin nicht Ihre Chefin, Bick. Viel lieber eine Freundin, wenn Sie mögen.«
Lennet betrachtete Jenny voller Sympathie. Rosig, blond, eher rundlich als schlank, eher groß als klein, ein wenig geziert mit ihren niedergeschlagenen Augen, sah sie blühend und wie das fröhliche Leben selber aus.
»Also wollen Sie mein Kumpel sein«, sagte er zu der Tochter des Spions, den er überwachen sollte.
»Das ist das richtige Wort: Ihr Kumpel.«
»Prima«, sagte Lennet. »Das ist gut.«
Das junge Mädchen war sicher arglos und wahrscheinlich wußte sie nicht einmal etwas von dem heimlichen Treiben ihres Vaters.
Bald darauf wurde gegessen und zwar von einem kostbaren Geschirr aus dem achtzehnten Jahrhundert.
Mrs. Burton kam aus dem Staunen und der Begeisterung nicht heraus.
»Kann man in diesem Loch auch ein Cola haben?« fragte Teddy.
Als man ihm erklärte, daß es hier zum Essen kein Cola gebe, verzog er das Gesicht und schwieg verdrossen. Mr. Burton dagegen stürzte sich mit beträchtlichem Appetit auf das Essen, ließ sich von allem ein zweites Mal geben und fotografierte während der ganzen Mahlzeit mit einer winzigen Kamera mit einem Blitz, wie ihn Lennet in seiner beruflichen Arbeit auch benützte.
Lennet saß zwischen den beiden Amerikanerinnen und erwies ihnen alle nur erdenkliche Aufmerksamkeit, so daß sie ganz begeistert waren.
»Ach, wenn die jungen Amerikaner doch auch so galant wären«, seufzte Jenny.
Madame de Hupont, die am Kopf der Tafel saß, beteiligte sich kaum an der Unterhaltung. Doch beim Dessert ließ sie sich herab, das Wort an Mrs. Burton zu richten.
»Madame«, sagte sie, »ich muß heute nachmittag nach Paris zu einer Modenschau. Würde es Ihnen Freude machen, mich zu begleiten?«
»Aber gewiß. Ich wäre glücklich darüber«, rief Mrs. Burton. »Kann meine Tochter auch mitkommen?«
»Das ist zwar nicht üblich, aber ich glaube, ich kann schon mit den Veranstaltern sprechen, daß sie mir noch eine Karte geben.«
Jenny klatschte begeistert in die Hände, und Lennet hätte das fast auch getan, denn wenn er etwas Glück hatte, würde Mr. Burton einen Spaziergang machen, und er hätte Gelegenheit, auch das Gepäck von Mrs. Burton zu durchsuchen.
»Mein Chauffeur ist heute leider nicht da«, fuhr Madame de Hupont fort, »aber Ihr Reisebegleiter kann uns ja fahren, nicht wahr?«
Das gefiel Lennet nun ganz und gar nicht, aber er konnte kaum ablehnen. Das bedeutete, daß der Spion den ganzen Nachmittag über völlig frei und ungehindert machen konnte, was er wollte. Sicher gab es hier auf dem Schloß nichts zu spionieren, doch Lennet wäre es lieber gewesen, wenn er ihn nicht aus den Augen gelassen hätte.
»Ich bin begeistert«, bestätigte Lennet, da es das beste war, gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
»Oh, wenn Bick dabei ist, wird es doppelt lustig«, rief Jenny.
Also fuhren sie nach dem Mittagessen los, die beiden Damen auf dem Rücksitz, Jenny neben Lennet.
Sie gingen in den mit viel Pracht ausgestatteten Modesalon, und Mrs.
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