10 - Operation Rainbow
in den Begleitpapieren. Passen Sie nur auf, daß Sie möglichst keinen Gebrauch davon machen müssen. Es könnte sonst peinlich werden.«
»Wie Sie meinen.« Popov erlaubte sich, tief durchzuatmen. Diesmal flog er mit einem gecharterten Gulfstream-V-Firmenjet; die Drogen im normalen Reiseverkehr zu transportieren wäre denn doch zu gefährlich gewesen. Einreisende aus Amerika wurden in europäischen Staaten nur flüchtig kontrolliert; von Amerikanern erwartete man, daß sie ihre Dollars ausgaben und keinen Ärger machten. Doch Hunde wurden inzwischen überall eingesetzt, denn jedes Land der Welt hatte Probleme mit Drogensüchtigen.
»Heute abend noch?«
Brightling nickte und warf einen Blick auf die Uhr. »Die Maschine wird am Teeterboro-Flughafen bereitgestellt. Seien Sie gegen sechs dort.«
Popov verließ seinen Auftraggeber; ein Taxi brachte ihn in seine Wohnung zurück. Beim Packen dachte er über seine Mission nach. Brightling verletzte mit dieser Aktion die rudimentärsten Vorsichtsmaßregeln. Ihm einen Privatjet zur Verfügung zu stellen, der direkte Rückschlüsse auf seine Firma erlaubte, ebenso wie die Begleitpapiere des Kokains - und kein Versuch, die Verbindung zu Popov zu verschleiern! Vielleicht bedeutete es, daß Brightling seinem Agenten nicht mehr über den Weg traute, daß er eine Aussage fürchtete, falls man Popov verhaftete. Aber nein, dachte Dmitrij Arkadejewitsch. Brächte man ihm kein Vertrauen entgegen, würde die gesamte Aktion unterbleiben. Popov war stets der Mittelsmann zwischen Brightling und den Terroristen gewesen.
Dennoch traf er keine Sicherheitsvorkehrungen - scherte er sich denn nicht um seine persönliche Sicherheit? Wie konnte ihm das egal sein? Oder wollte Brightling ihn eliminieren? Denkbar war es, aber wenig wahrscheinlich. Brightling war skrupellos, aber nicht besonders raffiniert - oder vielleicht auch zu raffiniert. Er würde sich denken können, daß Popov detaillierte Aufzeichnungen an zuverlässiger Stelle deponiert hatte. Sein gewaltsamer Tod würde seine Mitwirkung am geplanten Massenmord schonun gslos aufdecken. Diese Möglichkeit konnte der Russe also ausschließen.
Was war es dann?
Der Ex-Spion warf einen Blick in den Spiegel und sah ein ratloses Gesicht. Von Anfang an hatte er sich vom Geld verleiten lassen. Mittlerweile war er so etwas wie ein Söldner, motiviert vom persönlichen Gewinn - vom Geld, wenn man seine Motivierungs-Faustregel zugrunde legte. Und er arbeitete für einen Menschen, dem es aufs Geld nicht ankam. Selbst der CIA, seit jeher reich, mußte die Spesen seiner Agenten abrechnen. Der amerikanische Geheimdienst zahlte das Hundertfache im Vergleich zu seinem russischen Gegenstück. Aber selbst diese Ausgaben mußten begründet werden, weil die russischen Buchhalter ihre Agenten streng kontrollierten. Popovs eigene Recherchen hatten ergeben, daß die Horizon Corporation über unermeßliche Summen verfügte, aber vom unkontrollierten Ausgeben wurde man nicht reich. Reich wurde man im Kapitalismus durch kluge Voraussicht oder Raffinesse, aber nicht durch Dummheit. Summen zu verschleudern, die dem Etat von ganzen Regierungsbehörden entsprechen, war eine Dummheit.
Was steckte wirklich runter dem Ganzen? fragte sich Dmitrij, entfernte sich vom Spiegel und fuhr mit dem Kofferpacken fort.
Was immer er vorhat - abgesehen von den künstlich herbeigeführten Terroranschlägen - es wird bald geschehen.
Das erschien logisch. Im Verborgenen mußte man planen, solange es nicht anders ging. Irgendwann aber war es nicht mehr nötig. Dann brauchte man sich nicht mehr anzustrengen. Trotzdem war es ein Zeichen von Dilettantismus. Ein Dilettant, selbst ein so hervorragend begabter wie Brightling, wußte nicht, hatte es nicht aus eigener bitterer institutioneller Erfahrung gelernt, daß man nie die Zunftregeln außer acht ließ. Selbst nach einer erfolgreich durchgeführten Aktion deckte man die Karten nicht auf, denn auch dann noch konnte der Feind für das nächste Mal daraus lernen.
Und wenn es kein nächstes Mal gibt? fiel Dmitrij ganz spontan ein, während er seine Unterwäsche stapelte. Ist das die letzte Aktion, die durchgeführt werden muß? - Nein , korrigierte er sich selbst, ist dies die letzte Aktion, die ich durchführe?
Er ging alles noch einmal von vorn durch. Die Dimension der Anschläge war nach und nach gewachsen; jetzt hatte er nicht weniger als sechs Millionen Dollar im Gepäck, und dazu noch Kokain! Der Drogenschmuggel wurde
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