10 - Operation Rainbow
ohne eingreifen zu können. Sein Entschluß, Stanley den Gegenschlag führen zu lassen, war korrekt gewesen. Daß er Fehler machte, weil er sich von persönlichen Emotionen leiten ließ, mußte von vornherein ausgeschlossen werden. Hier ging es nicht nur um seine Frau und seine Tochter; weitere Menschenleben standen auf dem Spiel, und Stanley war ein Profi, der auch ohne seinen Rat das Richtige tun würde. Andererseits, hier herumzuhocken und alles am Radio oder über Funk zu verfolgen, war noch schlimmer. Daher g ing er an den Schreibtisch, nahm die .45er Beretta heraus und steckte sie in den Gürtel an der rechten Hüfte. Auch Chavez hatte seine Pistole mit, wie er feststellte.
»Laß uns gehen.«
»Moment noch!« Chavez hob den Hörer von Clarks Bürotelefon ab und rief im Team-2-Quartier an.
»Hauptfeldwebel Price«, meldete sich die Stimme seines Stellvertreters.
»Eddie, hier ist Ding. John und ich fahren rüber. Ich übergebe dir das Kommando von Team-2.«
»Ja, Sir. Verstanden. Major Covington und seine Leute sind genauso gut wie wir, Sir. Team-2 ist vollzählig angetreten und im Notfall einsatzbereit.«
»Alles klar. Mein Sprechfunkgerät nehme ich mit.«
»Viel Glück, Sir!«
»Danke, Eddie.« Chavez legte auf. »Dann woll'n wir mal, John.«
Für diese Fahrt nahm Clark seinen Chauffeur in Anspruch. Sie gerieten in den, gleichen Stau, der auch Noonan aufgehalten hatte, und wählten denselben Ausweg: mit Dauerhupe und Warnblinkanlage rasten sie auf dem Seitenstreifen weiter. Eine Strecke, für die sie normalerweise zehn Minuten brauchten, kam ihnen plötzlich doppelt so lang vor.
***
»Wer ist dort?«
»Hier spricht Polizeichef Ferguis Macleash«, meldete sich der Bulle am anderen Ende. »Und Sie sind...?«
»Patrick Casey tut's für den Augenblick«, gab Grady trocken zurück. »Haben Sie schon Rücksprache mit dem Home Office genommen?«
»Jawohl, Mr. Casey, haben wir.« Macleash warf Stanley und Bellow einen Blick zu, die mit ihm am Kommandoposten standen, rund 700 Meter vom Krankenhaus entfernt, und über Lautsprecher mithörten.
»Wann werden Sie unsere Forderungen erfüllen und die Gefangenen freilassen?«
»Die zuständigen Mitarbeiter des Ministeriums sind im Moment zu Tisch, Mr. Casey. Die Beamten, mit denen ich gesprochen habe, versuchen zur Zeit, sie ausfindig zu machen. Mit den Entscheidungsträgern konnte ich mich noch nicht verständigen.«
»Ich schlage vor, daß Sie in London auf rasche Entschlüsse drängen. Viel Geduld haben wir nicht!«
Macleash riskierte einen neuen Versuch. »Ich brauche zumindest Ihre Versicherung, daß niemand verletzt ist.«
»Außer Ihrem Polizisten niemand. Noch sind keine Verletzten zu beklagen! Das wird sich jedoch ändern, falls Sie gegen uns vorgehen. Und erst recht, wenn Sie und Ihre Freunde in London unsere Forderung auf die lange Bank schieben. Haben Sie verstanden?«
»Ja. Ich verstehe. Aber wenn eine der Geiseln Schaden nimmt, wird sich die Lage grundlegend verändern, Mr. Casey. Es würde meine Möglichkeiten erheblich einschränken, zu Ihren Gunsten zu verhandeln, wenn Sie diese Grenze überschreiten.«
»Das ist Ihr Problem, nicht meins«, kam es kalt zurück. »Ich habe über hundert Leute in meiner Gewalt, einschließlich Frau und Tochter Ihres wichtigsten Anti-Terror-Kommandanten. Sie werden die ersten sein, die unter Ihrer Hinhaltetaktik zu leiden haben. Ab sofort bleiben Ihnen noch eine Stunde und achtundfünfzig Minuten - danach müssen sämtliche politischen Gefangenen der Haftanstalten Albany und Parkhurst auf freiem Fuß sein. Folgen Sie meinem Rat und handeln Sie auf der Stelle!« Damit legte der Anrufer auf.
»Er versucht, den starken Mann zu spielen«, analysierte Dr. Bellow. »Der Stimme nach wird er Mitte Vierzig sein, und er hat bestätigt, daß sie wissen, wer Mrs. Clark und Dr. Chavez sind. Wir haben es mit einem außergewöhnlich gut informierten Profi-Terroristen zu tun. Woher kann er sein Wissen haben?«
Bill Tawney blickte stirnrunzelnd auf. »Keine Ahnung, Doc. Wir hatten zwar Hinweise, daß jemand versucht hat, uns auszukundschaften, aber das hier ist sehr beunruhigend.«
»Das nächste Mal, wenn er anruft, werde ich mit ihm reden«, versprach Bellow. »Dann versuche ich, ihn ein wenig milder zu stimmen.«
»Peter, hier Stanley!« meldete sich Rainbow Five über den Teamsprechfunk.
»Hier Covington.« :
»Wie weit seid ihr bis jetzt?«
»Ich habe beide Scharfschützen abkommandie rt, um das
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