10 - Operation Rainbow
schwer angeschlagen. Popov hatte seine beiden Missionen erfüllt - der Weltöffentlichkeit die terroristische Bedrohung bewußt zu machen, wodurch Global Security den Vertrag für die Olympiade in Sydney bekam, und dem neuen Anti-Terror-Kommando einzuheizen, hoffentlich stark genug, um es lahmzulegen. Damit waren die Vorbereitungen getroffen, und die Umsetzung ihres Projekts konnte beginnen. Sie waren so kurz davor, dachte Brightling. Daß er nervös war, schien ihm in einem Moment wie diesem normal zu sein. Je weiter man von seinem Ziel entfernt war, desto weniger besiegbar fühlte man sich. Aber irgendwann war man nah dran, und die Angst vor dem Scheitern wuchs ins Unermeßliche. Doch ihr Plan war perfekt. Sie brauchten ihn nur noch auszuführen.
***
Sean Grady kam kurz nach acht Uhr abends aus dem OP, nachdem man dreieinhalb Stunden an ihm herumgeschnippelt hatte. Der zuständige Chirurg hatte ganze Arbeit geleistet, wie Bellow gleich sah. Die Schulterhälfte war mit einer fest verankerten Kobalt-Stahl-Nadel fixiert worden, die groß genug war, um einen Metalldetektor ausschlagen zu lassen, sollte Grady je wieder einen Flughafen betreten - was sehr unwahrscheinlich war. Er hatte Glück gehabt, daß sein Kugelgelenk durch die beiden eingedrungenen Kugeln nicht zerschmettert worden und der Arm nicht für immer gelähmt war. Die Sekundärschäden waren minimal. Der Militärarzt war der Meinung, er werde bald vollständig wiederhergestellt sein und die lebenslängliche Haftstrafe, die ihn erwartete, bei bester Gesundheit absitzen können.
Die Operation war natürlich unter Vollnarkose vorgenommen worden, mit Salpeteroxyd wie in US-Krankenhäusern üblich, kombiniert mit der anhaltenden Wirkung von Barbituraten, die man zu Beginn der Betäubung anwandte. Bellow saß neben dem Patienten in der Intensivstation. Er beobachtete die Monitore, mit denen die Körperfunktionen überwacht wurden, und wartete auf das Erwachen des Patienten. Das würde nicht von jetzt auf gleich geschehen, sondern womöglich ein längerer Prozeß sein.
Polizeiwachen in Zivil und Uniform hatten bereits Posten bezogen. Auch Clark und Chavez waren hier, hinter dem Krankenbett, und beäugten den Kerl, der so tollkühn gewesen war, sich an ihren Männern zu vergreifen - und an ihren Frauen, wie Bellow innerlich hinzufügte. Besonders Chavez' Augen waren hart, dunkel und kalt geworden, obwohl er äußerlich sanft wie immer wirkte. Inzwischen kannte er die Rainbow-Befehlshaber recht gut. Sie waren echte Profis, und besonders Clark und Chavez waren Menschen, die lange im Untergrund gelebt und manches auf dem Kerbholz hatten, von dem der Doktor nichts wußte und nichts wissen wollte. Doch Bellow wußte, daß beide gewissenhafte, ordnungsliebende Männer waren, die nicht anders als Polizisten für das Recht eintraten. Wenn sie gelegentlich selbst Gesetze übertraten, dann nur, um ihnen Geltung zu verschaffen. Nicht anders als die Terroristen waren auch sie Idealisten und unterschieden sich von jenen nur durch die Sache, die sie verfochten. Ihr Lebenszweck war es, die Gesellschaft zu schützen. Grady hingegen wollte Unruhe stiften. Und dieser Unterschied in der Mission machte sie zu Feinden - so einfach war das. Die beiden mochten zu Recht voller Haß auf den Schlafenden sein, aber nie würden sie ihm jetzt noch körperliche Gewalt antun. Seine Bestrafung war nun einmal Sache der bürgerlichen Gesellschaft, die Grady mit solcher Vehemenz attackierte, und deren Regeln darauf abzielten, Menschenleben zu schützen, wenn auch nicht immer wirkungsvoll.
»Er kann jeden Moment aufwachen«, erklärte Bellow. Gradys Lebensgeister regten sich wieder. Der Körper zuckte ein wenig, während das Bewußtsein des Patienten allmählich zurückkehrte. Jetzt wandte sich der Kopf langsam nach links, nach rechts, und in Kürze...
Die Augenlider begannen zu flattern. Bellow warf noch einen Blick auf die Liste der Identifizierten und hoffte, daß ihm die Polizei und die Jungs von der >Five<-Abteilung brauchbare Daten überlassen hatten.
»Sean?« rief er leise. »Sean, bist du wach?«
Die Lippen bewegten sich kaum. »W-wer... ?«
»Ich bin's. Jimmy Carr, Sean. Bist du wieder bei uns, Sean?«
»Wo... wo - bin ich?« krächzte die Stimme. ;
»Uniklinik Dublin, Sean. Dr. McCaskey hat gerade dein Schulterblatt eingerenkt. Du bist auf der Intensivstation. Alles wird wieder gut, Junge. Aber, mein Gott, dich herzuschaffen war eine Schweinearbeit, kannst du mir
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