10 - Operation Rainbow
verwertbare Informationen hatten sich nicht ergeben. »Zugegeben, MacLean hat sich kooperativ verhalten. Aber wenn er Mädchen anspricht, diejenigen übergeht, die in der Nähe aufgewachsen sind und Familie haben, und dann unser Opfer nach Hause bringt, dann sind das verdammt nochmal mehr Verdachtsmomente als gegen jeden anderen!«
»Nochmal auf den Busch klopfen?«
Sullivan nickte. »Nichts dagegen!« Es war eine ganz normale Kontrolle. Als potentieller Frauenkiller wollte Kirk MacLean keinem der beiden Agenten einleuchten - aber wie sie auf der FBI-Akademie in Quantico, Virginia, gelernt hatten, war Harmlosigkeit die beste Tarnung für Kriminalität. Außerdem wußten sie, daß durch ödeste Ermittlungsroutine weit mehr ungeklärte Fälle gelöst werden als durch die plötzlichen Wunder, die in Kriminalromanen immer wieder geschehen. Die Wirklichkeit sah anders aus. Polizeiarbeit bestand aus der langweiligen, geisttötenden Wiederholung immergleicher Prozeduren, und wer sich nicht ins Bockshorn jagen ließ, hatte gewonnen. Normalerweise.
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Es war ein seltsamer Morgen in Hereford. Einerseits steckte das, was am Tag zuvor passiert war, den Team-2-Männern noch ganz schön in den Knochen. Das war nun mal so, wenn eine Einheit den Verlust von Kameraden zu beklagen hatte. Andererseits war der Chef in der Nacht Vater geworden, und was Besseres konnte einem Mann nicht passieren. Zum Morgentraining erschien ein ziemlich angeschlagener Team-2-Anführer, der kein Auge zugetan hatte, und schüttelte jedem einzelnen seiner Leute die Hand. Alle bedankten sich mit einem knappen, wortkargen Glückwunsch oder einem wissenden Lächeln, denn viele von ihnen hatten bereits Kinder, selbst manche, die jünger waren als er. Das Morgentraining wurde in Anbetracht seiner schlappen Kondition abgekürzt, und nach dem Laufen schlug Eddie Price vor, Chavez sollte doch besser nach Hause fahren und ein bißchen Schlaf nachholen, da er im gegenwärtigen Zustand doch nichts ausrichten könne. Chavez folgte dem Rat, ratzte traumlos bis in den Nachmittag hinein und erwachte mit dröhnenden Kopfschmerzen.
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Ebenso erging es Dmitrij Popov. Es schien ihm nicht fair, da er am Tag zuvor nicht einmal viel getrunken hatte. Das war wohl die Rache seines Körpers für all den Reisestreß, den er ihm nach einem langen und aufregenden Tag westlich von London zugemutet hatte. Er wachte bei laufenden CNN-Nachrichten im Schlafzimmer auf, stapfte ins Bad, wo er sich frisch machte und ein paar Aspirin zu sich nahm, von dort in die Küche zur Kaffeemaschine. Zwei Stunden später war er geduscht und rasiert, hatte ausgepackt und die Kleider zur Reinigung gebracht, die er in Europa mithatte. Die Knitterfalten würden schon wieder ausgebügelt, dachte er. Dann war es Zeit, ein Taxi in die Stadtmitte zu nehmen.
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In Staten Island wurden die Fundsachen von einer Sekretärin bearbeitet, der man diese Pflicht zusätzlich aufgebrummt hatte und die sich ihr höchst ungern widmete. Das Zeug, was man ihr auf den Schreibtisch legte, stank oft zehn Meilen gegen den Wind, daß es ihr die Kehle zuschnürte. Auch heute keine Ausnahme. Hatten diese Leute Nerven, ihren Krimskrams in eklige Mülleimer zu stopfen, statt in - ja, wohin? Sie hatte eigentlich nie darüber nachgedacht. Statt sie in der Tasche zu behalten? Der ziegelrote Paß roch jedenfalls nach Aschenbecher und Bierresten. Joseph A. Seroff. Das Foto zeigte einen Mann um die Fünfzig, dachte sie, der so bemerkenswert originell aussah wie ein Hamburger von McDonald's. Aber es war ein Paß, in dem zwei gültige Kreditkarten steckten, und er mußte doch irgendwem gehören! Sie nahm das Adreßverzeichnis aus dem Regal und rief das britische Konsulat in Manhattan an, machte der Telefonistin umständlich klar, worum es ging, und bekam nach einer Weile den Leiter der Paß- und Visaabteilung an die Strippe. Sie ahnte wohl gar nicht, daß Visaabteilungen in aller Welt seit jeher der halboffizielle Job für Geheimdienst-Angehörige sind. Nach kurze m Gespräch brachte ein Müllfahrer, der sowieso nach Manhattan fahren mußte, den Umschlag zum Konsulat, wo die Türwache erst das zuständige Büro anrufen mußte. Eine Sekretärin kam dann herunter und holte den Umschlag ab, um ihn auf den Schreibtisch ihres Chefs Peter Williams zu legen.
Williams war tatsächlich ein begabter Spion - ein junger Mann, der seinen allerersten Außeneinsatz in einem fremden Land absolvierte. Damit er nichts falsch machte,
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