10 - Operation Rainbow
Clark-Chavez-Doppelpack hatte nie versagt, auch wenn einige ihrer Missionen hart an der Grenze zum Himmelfahrtskommando gewesen waren. - Und weißt du, was das Komischste daran ist?«
»Was denn?« fragte John und fragte sich, ob Chavez ein ähnliches Gefühl wie er hatte.
»Ich weiß jetzt, daß auch ich sterben muß. Irgendwann einmal, meine ich. Mein Sprößling wird mich überleben, und wenn nicht, hab ich was falsch gemacht. Soweit darf ich's gar nicht kommen lassen, oder? Für John Conor trage ich Verantwortung. Wenn er aus den Kinderschuhen herauswächst, werde ich alt sein, und wenn er in meinem Alter ist, bin ich bald siebzig. Verdammt noch mal, ich wollte nie alt werden, kapierst du?«
Clark schnalzte mit der Zunge. »Glaubst du, ich? Mach dich nicht verrückt, Kleiner. Heute bin ich ein verd...«, beinahe hätte er ein häßliches Wort gesagt, was Sandy hier zu Hause allerdings nicht durchgehen ließ..., »ein Großvater. Das habe ich mir auch nicht vorgenommen, Junge!«
»So schlimm ist das gar nicht, John«, bemerkte Sandy u nd schlug Eier auf, die sie in die Pfanne gleiten ließ. »Wir werden ihn verwöhnen, und denen die Drecksarbeit überlassen. Was meinst du?«
Bei ihren Kindern war es allerdings anders gelaufen, jedenfalls von Johns Elternhaus her. Seine Mutter war schon vor langer Zeit einem Krebsleiden erlegen und sein Vater einem Herzanfall, als er Kinder aus einem brennenden Haus retten wollte. Das war in den späten sechziger Jahren gewesen, in Indianapolis. John fragte sich, ob sie im Himmel saßen und wußten, daß aus ihrem Sohn ein Mann geworden war, schließlich sogar ein alter Mann und Großvater. Wie sollte man es ihnen mitteilen? An der Wiege eines Neugeborenen über Sterblichkeit und Jenseits nachzudenken, war wohl verzeihlich. Die Frage nach dem Auf und Ab des Lebens - was würde aus John Conor Chavez werden? Ein armer Mann oder ein reicher? Edelmann, Bettelmann, Anwalt, Dieb, Doktor oder Indianerhäuptling? Das war nun Patsy und Domingo vorbehalten, und er mußte ihnen zutrauen, daß sie ihre Aufgabe meistern würden, woran er nicht zweifelte. Er kannte seine Tochter, und Ding fast ebensogut. Als er den Jungen zum ersten Mal sah, damals in den Bergen Colorados, hatte er auf Anhieb gewußt, was in ihm steckte. Und der Junge war herangewachsen, aufgeblüht wie eine Blume in einer besonders stachligen Wüste. Domingo Chavez war so etwas wie eine jüngere Version seiner selbst, ein Mann von Ehre und Tapferkeit, und schon deshalb ein würdiger Vater, wie er sich als würdiger Ehemann seiner Tochter erwiesen hatte. John kam das Auf und Ab des Lebens nicht aus dem Sinn, als er seinen Kaffee schlürfte und die Zigarre paffte. Und wenn dies auch ein weiterer Meilenstein auf dem Weg in die Grube war - bitteschön, warum nicht! Er führte ein interessantes Leben, was er tat, diente den anderen, auch Domingo ließ es nicht kalt, und sie durften hoffen, dem kleinen John Conor dereinst keine Schande zu machen. Und was soll's überhaupt, dachte John - noch war sein Leben nicht vorüber, oder?
***
Dem Weiterflug nach New York stellten sich mehr Hürden entgegen als erwartet. Alle Maschinen waren ausgebucht, doch endlich schaffte es Popov, hinten in einer alten United 727 noch einen Platz in der Eco zu kriegen. Die Enge dort gefiel ihm gar nicht, aber es war ja auch nur ein kurzer Trip. In La Guardia suchte er, unterwegs zum Taxistand, nach seinen Reisedokumenten, die ihn über den Atlantik gebracht hatten. Sie hatten ihm gute Dienste geleistet. Als er wieder in der kühlen Nachtluft stand, warf er sie in einen Mülleimer, bevor er sich ein Taxi winkte. Er war total erschöpft. Den ganzen Transatlantikflug über hatte er wachgelegen und fühlte sich nun - wie sagte man noch im Westen? - ausgepumpt. Schon deshalb wollte er einen Schlußstrich unter die Agententätigkeit ziehen.
Dreißig Minuten später - Popov war bereits unterwegs in Downtown - zog die Putzkolonne einer Reinigungsfirma ihre Kreise rings um den United-Airlines-Terminal, um die Mülleimer zu leeren. Eine anstrengende, monotone Arbeit für die Puertoricaner, die von der Entsorgungsfirma hierhergeschickt wurden. Einer nach dem anderen mußten die Deckel angehoben werden, dann wurde hineingefaßt, die schwere Plastiktüte herausgehievt und in den vierrädrigen Container geworfen, dessen Inhalt später von Lastwagen auf die Kippe von Staten Island transportiert wurde. Den Männern wurden oft die Arme lahm dabei, und gegen
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