10 - Operation Rainbow
Stimme blieb fest. Nur keine Gefühle zeigen, dachte sie, und blickte in die entgegengesetzte Richtung. Mehr brauchte sie nicht zu tun, wenn sie ihn erkannt hatte. Beide kannten ihre Spielregeln. Immer schön Abstand halten - zehn Meter ungefähr -, bloß kein längerer Blickkontakt, und schon gar kein Wortwechsel.
»Vor zwei Jahren hatte ich die Chance, mein Geld in die Horizon Corporation zu stecken. Könnte mich ohrfeigen, wenn ich heute daran denke.«
»Stimmt, John hat ein kleines Vermögen damit verdient.«
Und zwar nach ihrer Scheidung, weshalb sie keinen roten Heller davon kriegte . Der Senator merkte allmählich, daß es wohl nicht gerade charmant war, sie darauf anzusprechen. Er war neu in Washington und verstand sich noch nicht auf diplomatische Finessen.
»Geld scheffeln kann jeder, der sich wissenschaftlich so verbiegen läßt wie er«, fuhr Brightling fort.
»Sie sind dagegen?«
»Strikt dagegen. Eingriffe in die Genstruktur von Pflanzen und Tieren sind überflüssig. Die Natur entwickelt sich seit Millionen von Jahren aus sich selbst heraus. Ich glaube kaum, daß sie Nachhilfe von uns braucht.«
»Glauben Sie an Bereiche, die der Mensch nicht erforschen darf?« räusperte sich der Senator. Erschließung von Grundstücken war sein Beruf gewesen, Löcher in die Erde buddeln und Bauten hochziehen, die von der Natur nicht vorgesehen waren. Sein Interesse für Umweltfragen, dachte Brightling, entsprang seiner Liebe zur Hauptstadt und dem Wunsch, in der Politik und nahe der Macht zu bleiben. Man nannte es auch das Potomac-Fieber - eine Krankheit, gegen die niemand gefeit und die nahezu unheilbar war.
»Die Natur ist kompliziert und einfach zugleich, Senator Hawking. Das ist das Hauptproblem. Wenn wir ihre Grundlagen verändern, ist die Wirkung kaum abzuschätzen. Das Gesetz zur Folgenabschätzung ist ein Thema, für das sich der Kongreß nicht gerade begeistert, oder?«
»Wollen Sie damit sagen...«
»Ich will sagen, daß unsere Bundesgesetze zum Umweltschutz eher diejenigen fördern, die Unheil stiften, als andere, die es wiedergutmachen wollen. Bei Eingriffen in die DNA-Struktur fällt es leichter, den genetischen Code zu verändern, als sich die Konsequenzen auszumalen, die das in hundert Jahren haben kann. Bei dieser Technologie kann man nicht vorsichtig genug sein. Diese schlichte W eisheit leuchtet anscheinend niemandem ein.«
Selbst der Senator kam nicht umhin, ihr in diesem Punkt recht zu geben. In einer Woche würde Brightling die Angelegenheit vor den Ausschuß bringen. Vermutlich war auch die Ehe von John und Carol Brightling daran gescheitert. Den Senator stimmte das traurig, tieftraurig; er empfahl sich, als seine Frau ihm zuwinkte.
***
»Diese Einstellung ist keineswegs neu!« Seinen Doktorhut in Molekularbiologie hatte John Brightling an der Universität Virginia geholt, wo er auch als Mediziner promovierte. »So hat schon vor ein paar hundert Jahren Ned Ludd argumentiert. Er fürchtete, die industrielle Revolution würde die englische Baumwollindustrie ruinieren. Und er hatte recht damit! Die Wirtschaftsbasis wurde vollkommen umgekrempelt. Aber was dabei herauskam, war besser für den Verbraucher, und deshalb nennen wir es heute Fortschritt*.« John Brightling war seines Zeichens Milliardär und fast der zweitreichste Mann im Land. Daß eine ganze Schar von Verehrern seinen Ausführungen lauschte, war kein Wunder.
»Aber die natürlichen Prozesse...« wollte eine Zuhörerin einwenden.
»Die vollziehen sich alle Tage - eigentlich in jeder Sekunde. Genau das wollen wir ja in den Griff bekommen. Krebs zum Beispiel. Wollen Sie uns Knüppel zwischen die Beine werfen, Madam, wenn wir ein Mittel gegen Brustkrebs erfinden? Daran erkranken weltweit fünf Prozent der Bevölkerung! Krebs ist ein genetischer Schaden. Der Schlüssel zur Heilung liegt in den menschlichen Genen. Und meine Firma wird diesen Schlüssel finden, verlassen Sie sich drauf! Dasselbe mit dem Altwerden. Salks Forschungsteam in La Jolla hat das Todesgen schon vor über fünfzehn Jahren entdeckt. Könnten wir es ausschalten, wäre ewige Jugend kein Traum mehr. Unsterblichkeit, Madam, mit dem Körper einer Fünfundzwanzigjährigen - hört sich das nicht verlockend an?«
»Und was ist mit der Überbevölkerung?« versetzte die Kongreßabgeordnete schon etwas weniger forsch als vorhin. Das Argument war gar zu monströs, kam zu überraschend, um es von vornherein abzutun.
»Der Reihe nach. Die Erfindung des DDT
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