10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
Minute, zwei. Nachdem er sich schließlich erhoben und mit der gesunden Hand den Staub vom Smoking geschlagen hatte, läutete die Haustorklingel. Beharrlich und schrill geisterte der Laut durch das sonst so stille Schloß.
Das waren seine Gäste!
Kyan sah noch einmal auf den toten Psychiater, dann hastete er die Treppenflucht empor, durcheilte ein Zimmer nach dem anderen und erreichte keuchend die Halle. Wieder schrillte die Klingel anhaltend. Einen Augenblick lang lauschte er dem wilden Pochen seines Herzens. Er umwickelte seine blutende Hand mit einem weißen Spitzentuch und schritt zur Tür.
Noch einmal zogen die Geschehnisse, die nun folgen würden, an seinem geistigen Auge vorbei. Die staunenden Klubkameraden im Keller, die Festtafel, Mecklan auf dem samtüberzogenen Sockel und dann der Höhepunkt einer einzigartigen Mörderkarriere: die Enthüllung der letzten Büste.
Seiner Büste!
Er straffte sich und riß die Tür auf.
Kühle Nachtluft strömte herein. Mit ihr kamen zwei Männer. Als Kyans Verstand erfaßte, was seine Augen sahen, taumelte er kraftlos zurück – und ein Schrei erstickte gurgelnd in seiner Kehle.
»Sie haben uns erwartet«, sagte der Alte, dem Kyan die Melodie verdankte.
Kyans Lippen bewegten sich lautlos. Seine Augen waren groß und starr und auf den anderen gerichtet. »Das ist die Spezialbehandlung«, sagte der Alte.
Kyan hielt sich den dröhnenden Kopf. »Ich werde Ihnen die Situation erklären«, fuhr der Alte fort. Er sah zu Kyan auf und wirkte wie ein kleiner, unheilbringender Kobold. Er kostete jede Nuance von Kyans seelischem Zusammenbruch aus. »Bei der Geburt wurden Sie zwei Behandlungen unterzogen, der emotionalen und der Adrenalin-Behandlung. Die Spezial- behandlung besteht ebenfalls aus einem Doppel-Faktor. Wenn Sie die Melodie auch überwinden können, gegen die zweite Phase sind Sie machtlos. Denn Sie werden nie imstande sein, Trugbild von Wirklichkeit zu unterscheiden. Sie wünschten, Dr. Mecklan umzubringen. Ihr Wunschbild realisierte sich – für Sie.« Die Stimme des Alten war ganz Ironie. »Ihr Butler verständigte uns. Er sah Dinge nicht, die Sie zu sehen schienen. Und dann empfingen Sie einen Geist …«
Kyans Blick hing noch immer gebannt an dem zweiten Mann. Es war Dr. Mecklan! »… und dann tötete ich jemand, der nicht hier war«, ergänzte Kyan tonlos.
Der Alte nickte. Seine Augen glitzerten. »Sie werden nie morden können. Denn die Wirklichkeit wird auf Lebzeiten mit Ihrer Phantasie verschmelzen. Es ist Ihnen unmöglich, diese beiden Dinge auseinanderzuhalten. Ihr Großvater brachte sich deshalb um. Vor allem konnte er die damit verbundene Schande nicht überwinden … Sagen Sie, wann kommen eigentlich Ihre Gäste?«
Einst hatte Kassian Kyan Durchschlagskraft, Vitalität und unbeugsamen Willen verkörpert, jetzt zerbröckelte er unter einem wuchtigen Hieb des Schicksals.
Die Gäste!
Wie würde er vor den Klubkollegen, ja, vor der ganzen Welt dastehen, wenn sie zu ihm kämen und anstelle einer Leiche und des stolzen Mörders nur ihn in seiner jetzigen kläglichen Verfassung vorfänden?
Diese Schmach!
Der Alte verzog zufrieden die Mundwinkel. Er genoß Kyans Panik. »Wir gehen jetzt, Kassian Kyan«, kündigte er an, kehrte diesem den Rücken und stapfte hinein in den dichter werdenden Nebel.
Nach einigen Augenblicken ging auch Dr. Mecklan; er hatte den Alten sogleich eingeholt.
Aus dem Nebel heraus schälten sich schweigende Gestalten, festlich gekleidet, und nahmen den Weg zum Schloß.
»Die Gäste«, meinte Dr. Meddan fröstelnd; er paßte sich dem Schritt des Alten an. »Wie wird sich Kyan aus der Affäre ziehen?«
»Indem er
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