10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
anderen Gangseite bedeuten? Und warum hängt er mitten im Korridor?«
Kyan straffte sich, und in seine Augen trat ein Glitzern. »Dies ist der Rahmen für mein Bild. Und er hängt so verschwenderisch mitten im Gang, weil er das letzte Bild zieren wird; nach mir gibt es keinen Kyan mehr.«
»Sie meinen …«
»Jawohl. Aber kommen Sie!« Er verließ den Korridor, den Psychiater mit sich ziehend.
Sie gelangten in eine große Halle mit schweren Vorhängen an den Wänden. Eine Anzahl Stühle waren um einen großen Holztisch gruppiert.
Der Raum besaß keine Fensteröffnungen, und er hatte einen moderigen Geruch.
»Hier fanden die Familienfeste statt, oder auch wichtige Besprechungen. Je nach den Umständen. Aber der Raum wurde schon lange nicht mehr benutzt. Ich bin nun allein, und wenn ich mit mir ins reine kommen muß, dann brauche ich keinen so großen Raum.«
»Haben Sie denn wirklich keine Verwandten mehr?«
»Nein.« Die Antwort kam schnell und hart.
»Aber eine so große Familie kann sich doch nicht einfach in nichts auflösen. Es muß doch noch entfernte Verwandte geben.«
Kyan zog die Mundwinkel herab. »Es gibt keine Ryans mehr. Die anderen gehören dann zu den Meillans.«
»Ah – deshalb!«
Kyan durchquerte den Raum. Er steuerte auf eine Vitrine zu. »Kommen Sie, Doktor?« fragte er über die Schulter hinweg.
»Bin schon hier. Sie machten so große Schritte.«
»Wir müssen uns beeilen, wenn Sie noch alles sehen wollen. Bald treffen die anderen Gäste ein.«
»Aber es würde mir nichts ausmachen, ein andermal vorbeizuschauen.« Dr. Mecklan blickte auf Kyan.
»Nein«, sagte dieser scharf. »Es muß heute sein.«
Der Psychiater zuckte unmerklich zusammen. Kyan faßte sich schnell und sagte mit gewohntem Lächeln: »Sie hörten ja – ich möchte prahlen. Und zwar jetzt.«
»Ich meinte auch nur, die Zeit reiche nicht mehr aus …«
Kyan blickte auf die Uhr. »Doch, doch«, sagte er. »Wir sind schon bei der Waffensammlung angelangt.«
In der Vitrine lagen alle möglichen Sorten von Mordwerkzeugen. Von der Pistole bis zum Giftbecher.
»Ihre Vorfahren benutzten diese Waffen?«
»Ja. Das heißt, bis auf eine. Mit diesem Revolver dort schoß ich auf Lordimer.«
Dr. Mecklan schluckte. »Sie meinen den chromverzierten?«
»Ja, den. Wollen Sie ihn sehen?«
»Nein, danke. Ansonsten gern, aber …«
»Ich weiß, die Zeit drängt. Außerdem fehlt hier noch eine Waffe, Doktor.« Kyans belustigter Blick glitt über den Psychiater.
Es war zum erstenmal, daß der Psychiater seinen Blick vor jemandem senkte. »Sie meinen – wegen Ihres Versprechens?« Seine Stimme klang unsicher. Kyan wußte, daß den Psychiater nun Ängste befielen. Rein instinktiv. Aber Dr. Mecklan wollte es sich nicht eingestehen. Lieber schalt er sich einen Narren, als daß er sich Absurdes einredete und den Rückweg erzwang. Kyan kostete die Angst seines Opfers voll aus. Nach einer Weile schließlich sagte er:
»Ja, wegen des Versprechens.«
»Aber wird es Ihnen gelingen? Ich meine, die Spezialbehandlung …«
Wie er dem Thema ausweichen wollte!
Kyan war jetzt ganz Akteur. Er sah sich auf der großen Bühne, und sein überhebliches Lächeln galt Tausenden imaginären Zuschauern. »Die Spezialbehandlung?« Ein belustigtes Kichern löste sich aus seiner Kehle. »Ich habe sie überwunden. Ich höre die Melodie nicht mehr. Mein einziges Problem ist noch, die Geburtsbehandlung zu besiegen, aber das habe ich schon bis zu vierundachtzig Prozent geschafft. Die restlichen sechzehn Prozent werden kein großes Hindernis sein. Meinen Sie nicht auch?«
Der Psychiater nickte nur und starrte Kyan an. Dieser straffte sich unmerklich.
»Und jetzt«, sagte er leise, »gehen wir in den Keller.«
*
Er legte dem Psychiater wieder den Arm
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