10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
auf die Schultern und führte ihn über teppichbelegte Stufen. Links und rechts der Treppe standen hohe, steinerne Vasen an den Wänden. Und aus ihnen ragten Blumen. Bunte, duftende Blumen.
»Jetzt haben wir keine Eile mehr«, sagte Kyan. »Hierher führt nämlich unser Weg.«
Die Stufen endeten. Es empfing sie ein breiter Raum mit Marmorboden. Vier Meter vor ihnen war eine holzgetäfelte Tür.
»Wir sind hier«, sagte Kyan und blieb stehen. Ein Druck auf einen verborgenen Knopf, und die beiden Türflügel öffneten sich. Dahinter lag ein langes, geräumiges Gewölbe. Die Wände waren roh, zusammengefügt aus riesigen Steinquadern, und von der Decke hingen massive, reichverzierte Kronleuchter. Inmitten des Raumes stand ein Tisch. Ein schwerer Tisch. Ein beladener Tisch. Ein gedeckter Tisch. Es mußten über zwanzig Gedecke sein, und vor jedem Gedeck stand ein Stuhl, aus Holz und Leder, metallumrandet. Noch weiter dahinter stand ein langer, schmaler Kredenztisch. Auf ihm türmten sich Flaschen und Gläser. Die Flaschen gefüllt und verschlossen, die Gläser umgestülpt und funkelnd. An der Wand über dem schmalen Tisch zog sich ein Vorhang dahin, der ein Regal verdeckte. Mecklan blickte auf die andere Seite des Saales. Die gegenüberliegende Wand war leer, ausgenommen einige schwarze Öffnungen. Wie Augen muteten sie an.
Entlang dieser Wand standen bis zum Ende des Saales Sockel. Und auf jedem dieser Sockel thronte eine Büste. Mecklan machte einen zögernden Schritt in den Saal hinein, blieb stehen, schien zu überlegen, schüttelte den Kopf und ging dann weiter, die Front der steinernen Büsten abschreitend. Bekannte Gesichter blickten ihn mit kalten, starren Augen an. Und doch tückisch, belustigt, hämisch. Da war der erste Kyan, Aldraz, dann Sylvi mit ihrem langen Haar, Alban, Playk – er wirkte aus Stein gemeißelt noch imposanter – dann Kassian Kyans Vater. Unter dessen Büste stand:
Ein großer Mann, der es nickt beweisen konnte.
Und dann kam ein Sockel, dessen Büste mit einem purpurnen Seidenruch verhüllt war.
Wann die Denkmalsenthüllung wohl sein würde?
Es wirkte alles so feierlich hier, wie in einer Kirche. Oder in der Grabkammer eines früheren Königs.
Kyan stand noch immer in der Tür. Sein Gesicht war plötzlich angespannt, und seine Augen verfolgten jede Bewegung des Psychiaters, wie dieser zur Nische sah, die in der Breitseite des Saales eingelassen war – wie er hypnotisiert darauf zuschritt – wie er davor stehenblieb.
In ihr befand sich ein massiver Aufbau, ähnlich einem Opferstein. Er hatte ungefähr die Länge eines Menschen. Und die Breite. Ja, ein liegender Mensch hätte darauf ohne weiteres Platz! Die Erhöhung war mit einem schwarzen Samttuch überzogen, und die Ränder wirkten rund. Links und rechts dieses Aufbaues standen langstielige Kerzen, versenkt in schwere Silberhalter. Blumen und Tannenzweige hingen in Schleifen von der einen Ecke der Nische zur anderen.
Dr. Mecklan nahm den Samt zwischen die Finger und strich darüber. »Ein wirklich feiner Samt«, sagte Kyan von der Tür her. Dann ging er zu dem Psychiater. Er sah dessen blasses Gesicht und mimte Erstaunen. »Aber Doktor«, sagte er besorgt, »was ist mit Ihnen? Sie sind ja ganz blaß! Warten Sie, ich bringe Ihnen einen Scotch.«
Dr. Mecklan nickte. Er ging zur Tafel, nahm sich einen der schweren Stühle und ließ sich darauf niedersinken. Kyan schritt zur Kredenz, auf der die Getränke standen. Und während er die Flaschen eine nach der anderen betrachtete, sprach er ganz zwanglos zu dem Psychiater.
Er fühlte, wie sich alles in ihm anspannte. Jetzt kam der große Augenblick, auf den er so lange gewartet hatte. Er hörte leise die Melodie erklingen. Und
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