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100 Clevere Tipps - Digitalfotografie

100 Clevere Tipps - Digitalfotografie

Titel: 100 Clevere Tipps - Digitalfotografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom! Striewisch
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verlieren Sie Bildqualität, weil Sie Pixel wegschneiden müssen.
    68. Stürzende Linien
    Wenn Sie sich auf Eisenbahnscheinen stellen und senkrecht nach unten blicken, laufen die Schienen (zum Glück) parallel zueinander. Heben Sie jedoch den Blick, dann laufen die Schienen aufeinander zu, bis sie sich am Horizont zu treffen scheinen.
    Diese Art der perspektivischen Wiedergabe von parallelen Linien ist völlig normal und richtig. Bei senkrechten (und ebenfalls parallelen) Linien, wie sie zum Beispiel an Gebäuden häufig auftreten, sieht es dagegen anders aus. Dort laufen diese Linien, wenn man nicht im rechten Winkel auf das Gebäude blickt, natürlich auch scheinbar zusammen. Aber bis zu einem bestimmten Neigungswinkel scheint unsere Wahrnehmung diese stürzenden Linien zu korrigieren.
    Gelegentlich lasse ich die Teilnehmer meiner Workshops an einem Experiment teilnehmen. Sie sollten dann mit einem Stift auf Papier (oder auch nur im Geiste) ein Haus zeichnen. Sieht man sich anschließend die Bilder an, stellt man fest, dass bei fast allen Teilnehmern die Linien parallel und die Winkel rechte Winkel sind – obwohl die meisten Menschen Häuser fast nur aus der Fußgängerperspektive und deshalb mit stürzenden Linien sehen. Irgendetwas auf dem Weg vom „Sehen“ zum „Wahrnehmen“ scheint die Lage der Linien zu korrigieren. Der Archetyp „Haus“ ist trotz überwiegend anderer Seherfahrung rechtwinklig und weist parallele Linien auf.
    Auf Fotos von Häusern, die mit einem leicht nach oben gerichteten Blick abgelichtet wurden, sind die Linien aber nicht mehr parallel (was physikalisch ja auch völlig richtig ist). Je nach denUmständen kann das den Betrachter (meist unbewusst) stören; oft ist es besser, das Bild so zu verändern, dass der Betrachter wieder (manchmal auch nur fast) parallele Linien vorfindet.
    Dazu muss man spezielle Kameras oder Objektive (Shiftobjektive) oder Dunkelkammertechniken einsetzen. Wie so etwas heutzutage in der digitalen Dunkelkammer geht, erkläre ich in Tipp 97).
    Stürzende Linien erscheinen u. a. dann, wenn Sie die Kamera nach oben neigen, um ein Gebäude aus der Nähe noch ganz ins Bild zu bekommen. Die eigentlich parallelen senkrechten Linien scheinen dann nach oben hin zusammenzulaufen. Das sollten Sie vermeiden: Diese stürzenden Linien lassen das Gebäude wackelig und instabil wirken und entsprechen offenbar nicht unserer Wahrnehmung eines Gebäudes.
    Natürlich kann man die Kamera parallel zur Gebäudefassade ausrichten, um stürzende Linien zu vermeiden. Damit dann die Gebäudespitze in das Bild kommt, obwohl die Kamera auf den Horizont blickt, benötigt man ein Weitwinkelobjektiv. Dessen großer Bildwinkel erfasst das Gebäude dann komplett. Und da die Kamera immer noch parallel zum Gebäude steht, sind alle parallelen Linien weiterhin parallel, Senkrechte also senkrecht.
    Mit dieser Technik haben Sie durch das Weitwinkelobjektiv aber nicht nur das vollständige Gebäude entzerrt im Bild, sondern auch sehr viel (oft unerwünschten) Vordergrund. Den können Sie nun nachträglich durch einen Beschnitt des Bildes reduzieren. Auf diese Art schaffen Sie ein Bild des Gebäudes mit parallelverlaufenden Senkrechten, also ohne stürzende Linien, und ohne störendes Drumherum. (Leider verlieren Sie durch den Beschnitt viele teuer erkaufte Megapixel.)
    Mit einem Shiftobjektiv nutzen Sie fast denselben Trick, aber Sie setzen ihn in der Kamera direkt ein. Sie nehmen ein Objektiv, das an einer größeren Kamera ein starkes Weitwinkel wäre. Da es für ein größeres Format geeignet ist, hat es einen viel größeren Bildkreis, als der Sensor Ihrer Kamera erfassen kann. Als Weitwinkel erfasst es in diesem großen Bildkreis das komplette Gebäude auch dann, wenn die Kamera waagerecht ausgerichtet ist. In der Normaleinstellung liegt der Sensor mittig hinter dem Objektiv, also auf der Aufnahmeachse. In der Bildmitte ist der Horizont, das Gebäude ist zwar ohne stürzende Linien, aber nur teilweise vom Sensor erfasst.
    Dieses Objektiv ist aber parallel zum Sensor verschiebbar. Zusammen mit dem Objektiv verschieben Sie auch den großen Bildkreis. Sie können also, ohne die Lage des Sensors zu verändern, bestimmen, welchen Ausschnitt (des Weitwinkelbildes) der Sensor sieht. Wenn Sie das Objektiv nach oben schieben, wird der Sensor seinen Ausschnitt mit weniger Vordergrund, dafür aber mit dem vollständigen Gebäude sehen. Das Gebäude ist mit dem Shiftobjektiv mit seiner Spitze und trotzdem

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