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100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder

100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder

Titel: 100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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Sie standen außerhalb des Gartens und starrten auf das Haus. Mir war nicht klar, ob sie auf etwas warteten, oder ob sie die Erscheinung der hängenden Frau zurückhielt, die sie gesehen haben mußten.
    Einige hatten Taschenlampen, die meisten jedoch Fackeln.
    Ich erschrak. Hatten sie vor, Feuer an das Haus zu legen?
    Oder galt das uns? Wüsten sie, daß wir uns im Haus befanden? Wenn sie Kurt und die Kleine entdeckt hatten …
    Ich hielt nach den beiden Ausschau, konnte sie aber in der Menge nicht erkennen. Ein Geräusch ließ mich herumfahren. Erleichtert erkannte ich, daß Klara in der Tür stand.
    „Klara“, flüsterte ich. „Ich fürchte, uns bleibt nicht mehr viel…“
    „Sie haben die Hölle auf ihrer Seite“, unterbrach sie mich.
    Erstaunt versuchte ich in der Dunkelheit ihre Züge zu erkennen. In dem spärlichen Schein, der durch den Vorhangspalt von draußen kam, sah ich eine beunruhigende Intensität in ihrem Gesicht.
    „Wo ist Schwaber?“ fragte ich unsicher. „Ist der Weg durch das Fenster frei?“
    Sie beachtete meine Frage nicht. Sie starrte wie hypnotisiert an mir vorbei durch den Spalt.
    „Klara“, wiederholte ich eindringlich.
    „So nah“, sagte sie mit der gleichen Tonlosigkeit wie vorhin. „Ein wenig Zeit noch. Ein wenig Zeit, und er wird büßen wie die anderen, hängen…“
    Hängen? Plötzlich wußte ich, was mit Klara los war. Sie war besessen. Von Anna Bergen.
    Es war nicht Klara, die sprach. Es war Anna Bergen. Der Geist, den wir zu finden gehofft hatten.
    In diesem Augenblick geschah draußen etwas, das meine Aufmerksamkeit ablenkte. Mehrere Männer kamen um das Haus herum und hielten eine sich heftig wehrende Gestalt zwischen sich.
    Schwaber!
    Die Menge nahm ihn nicht sehr freundlich auf, aber es war nicht zu erkennen, was geschah. Sie riefen etwas, das ich nicht verstand. Ich hörte Klaras Stimme neben mir sagen: „Feuer ist in ihren Hirnen.“ Dann stürmte die Meute durch das Gartentor auf das Haus zu.
    Glas klirrte. Scherben flogen mir um die Ohren. Ein faustgroßer Stein prallte gegen die Wand hinter uns. Ich fuhr hastig vom Fenster zurück.
    Schreie, Klirren von Fensterscheiben und andere Geräusche erfüllten das Haus. Etwas wurde gegen die Eingangstür gerammt. Das gerippte Glas splitterte, gefolgt von triumphierenden Rufen.
    „In den Keller, rasch!“ rief ich Klara zu, aber sie rührte sich nicht. Es war, als lähmte die Zerstörung sie – oder die andere, die in ihr war.
    Ich ergriff sie am Arm und zog sie mit mir. Wir kamen nicht mehr aus dem Zimmer. Ein halbes Dutzend Männer kamen durch die zerbrochene Haustür und trieben uns mit Fackeln zurück. Ich kannte keinen von ihnen. Eine grimmige Entschlossenheit war in ihren Gesichtern, und wenn sie auch nicht über die Furcht in ihren Augen hinwegzutäuschen vermochte, so wußte ich doch, daß sie zu allem fähig waren. Ich schob Klara hinter mich. Die Männer drängten uns an die Wand zurück. Drei blieben in drohender Haltung vor uns stehen, während die anderen mit Heugabeln oder bloßen Fäusten die Einrichtung des Zimmers zertrümmerten.
    Ich sah stumm zu. Unsere drei Bewacher ließ ich nicht aus den Augen. Wenn sie mir eine Chance boten, wollte ich sie nützen. Klara schwieg ebenfalls. Ich konnte nicht erkennen, ob sie noch besessen war. Sie schien zu erkennen, was vorging.
    Das ganze Haus hallte von der Berserkerwut der Gehrdorfer wider. In allen Zimmern spielte sich das gleiche ab wie hier. Ein Brandgeruch wehte herein, der zu stark war, um allein von den Fackeln zu kommen. Auch unsere Bewacher merkten es. Sie sahen sich nervös um. Die Männer aus den oberen Räumen kamen polternd die Stufen herab. Ein blonder Typ, den ich in guter Erinnerung hatte, erschien in der Tür.
    Gaisser! Wahrscheinlich war er der Anführer dieses Mobs.
    „Los, raus mit euch!“ rief er.
    „Nehmt sie mit und laßt sie nicht entkommen!“
    Sichtlich erleichtert ergriffen uns die Männer und schoben uns vor sich her ins Freie. Ihre Fäuste hielten meine Arme wie in einem Schraubstock. An Flucht war nicht zu denken. Es wäre ein Spießrutenlauf geworden.
    Flackernde Helligkeit war auf den triumphierenden Gesichtern. Die ersten Flammen schlugen aus dem Obergeschoß. Aber auch die unteren Fenster wurden hell. Knistern und Prasseln erfüllte die Luft.
    Einen Augenblick dachte ich an die wertvollen Geräte, die wir in den Keller geschafft hatten. Sie würden da unten verkohlen.
    Wo mochten Kurt und das Mädchen sein? Auch Schwaber

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