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100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder

100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder

Titel: 100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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Teufel“, antwortete sie ohne Zögern.
    „Der Teufel?“ wiederholte ich verständnislos.
    Sie gab keine Antwort. Ich versuchte klar zu überlegen. Sicher war diese Antwort symbolisch für irgend etwas Böses. Aber was mochte dahinterstecken?
    Ein erstickter Laut unterbrach meine Gedanken. Es klang wie Seufzen oder Schluchzen. Gleich darauf sagte Klaras Stimme, ein wenig schrill vor Panik: „Hans, bist du da?“
    „Klara!“ rief ich erleichtert und tastete in der Finsternis nach ihr. Sie war wieder frei. Sie stolperte gegen mich. „Hans, was war?“
    Dann erstarrten wir beide. Schritte näherten sich vom Korridor. Was sie auch immer mit uns vorhatten, wir würden es bald wissen.
     

     

Die Tür wurde aufgeschlossen, und während wir noch geblendet im Fackellicht standen, ergriffen uns kräftige Fäuste und schoben uns vorwärts, die Stufen hinauf, durch den Gastraum, der leer war. Die Gesichter der Männer um uns waren von einer versteckten Genugtuung erfüllt. Ich hoffte, daß sie sich nicht auf unser Schicksal bezog.
    Ich fröstelte, als wir auf die nächtliche Straße kamen. Bis auf ein ersterbendes Glühen zur Linken, aus der Gegend des Bergen-Hauses, lag der Ort im Dunkel. Die lodernden Fackeln unserer Begleiter ließen alles unwirklich erscheinen. Es war, als ob die Zeit angehalten hätte in der Finsternis des Mittelalters. Selbst die Gesichter der Männer schienen mir in diesem Augenblick unsagbar alt, nicht physisch, sondern im Ausdruck der dunklen, im Widerschein funkelnden Augen.
    Über alle Maßen von Leben gezeichnet, als trügen sie die Leiden, Freude und Ängste von Generationen.
    Stumm führten sie uns auf ein schwarz aufragendes Haus zu – das Rathaus, wenn ich es richtig in Erinnerung behalten habe.
    Unwillkürlich kam mir in den Sinn, was Anna Bergen gesagt hatte: Der Teufel sei ihr Mörder gewesen. Ich glaubte, daß ich sie verstand. Dieses Gefühl der Vergangenheit um mich, diese drohende Aura – sie mochte etwas Satanisches darin gesehen haben, Teufelswerk. Diese Gewitter, diese Morde.
    Ich riß mich von den Gedanken los, als die Männer gegen das Tor pochten. Jemand öffnete. Einige Worte wurden gewechselt, dann schritten wir einen Korridor entlang und Stufen hinab. Wir kamen in einen Raum, der von einem halben Dutzend Fackeln erhellt wurde, so daß man ihn überblicken konnte.
    Ich hielt unwillkürlich den Atem an. Der Raum mußte gewaltig sein, aber schwarz verhangene Wände und die dichtgedrängte Menschenmenge erdrückten ihn. Ich hatte das Gefühl, verschlungen zu werden, als ich hineingeschoben wurde. Der Eindruck eines hungrigen Schlundes überfiel mich.
    Mein Blick fiel auf den großen, steinernen Tisch, der sich auf einem Podest wie ein Altar emporhob, und wußte: das war ein Altar!
    Ein Raunen ging durch die Menge, als wir erschienen. Die Gesichter waren nicht zu erkennen, Tücher oder Kapuzen waren tief über die Stirn gezogen.
    Wir wurden hinter den Altar geführt. Was wir dort zu sehen bekamen, ließ unsere Hoffnungen, mit heiler Haut herauszukommen, schwinden.
    An Seilen von der Decke herab hingen zwei metallene Gitterkäfige. Sie waren zu niedrig, um darin aufrecht stehen zu können.
    „Hans!“ entfuhr es Klara hinter mir. „Oh Gott, was haben sie mit uns vor?“
    Im vordersten der Käfige befand sich zusammengekauert Julia Bergen. Sie hielt die Stäbe umklammert. Ihre Augen waren weit vor Angst. Sie sah mich stumm an. Im zweiten kauerte Kurt. Er schien nicht ganz bei Sinnen. Er starrte durch mich hindurch.
    Dahinter an der Wand saß Schwaber, an Händen und Füßen gefesselt. Er fluchte, als er uns sah. „Haben sie euch also auch erwischt. Beschwören Sie Ihre Geister. Sonst können wir nämlich einpacken!“
    Er wirkte furchtlos. Das hatte ich ihm gar nicht zugetraut.
    War das tatsächlich das Ende? Verzweifelt sah ich mich um. Ich entdeckte den blonden Schopf Gaissers in der Nähe des Altars. Wenn es mir gelang, ihn in die Finger zu bekommen…
    Schwaber hatte wohl an meiner Miene abgelesen, daß ich eine Chance sah, denn er zischte: „Vorsicht, Feller! Riskieren Sie nichts. Sie flößen Ihnen etwas ein, wenn Sie Widerstand leisten. Wie ihm.“ Er deutete auf Kurt der teilnahmslos in seinem Käfig hing.
    Aber als sie Klara zu fesseln begannen und neben Schwaber zu Boden stießen, kam ich mir plötzlich vor wie Schlachtvieh. Schon packten mich zwei Bauern und rissen mir die Arme nach hinten.
    Ich sah Klaras entsetztes Gesicht. Und ich sah rot.
    Ich drehte mich

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