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100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder

100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder

Titel: 100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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habe alles arrangiert. Ich bin dabei, ob Sie wollen oder nicht! Ich werde euch Kummer machen, wenn ihr mich abschiebt. Ich…“
    Er brach ab, als er merkte, daß wir nicht antworteten.
    Außerdem geschah etwas, das an seinen Zweifeln rüttelte. Wolken zogen von jenseits des Tales auf. Es war nicht klar zu erkennen, woher sie kamen. Wahrscheinlich bildeten sie sich über den jenseitigen Hügeln, hinter dem noch klarer Himmel war. Sie wuchsen rasch und bedeckten bald das ganze Tal mit einer schwarzen Schicht. Für uns waren sie eine kalte Nebelschicht, die uns den Blick nahm. Wir vermochten einander kaum zu erkennen.
    Schwaber schwieg. Wahrscheinlich war er zu sehr mit seiner Verblüffung beschäftigt, oder mit seiner Angst. Das Mädchen klammerte sich an Klara, die beruhigend auf sie einredete. Kurt, den ich noch nie während unserer langjährigen Bekanntschaft furchtsam gesehen hatte, starrte interessiert auf die heranwogenden Schleier und warf immer wieder besorgte Blicke auf seine Geräte.
    Ich wußte, daß wir Zeugen eines magischen Geschehens waren. Das waren keine natürlichen Wolken. Und diese Kälte war keine natürliche Kälte. Ich wappnete mich innerlich und zog Klara in meine Arme. Ich wüßte nicht, was geschehen würde, aber es war nichts Gutes, darüber hegte ich keinen Zweifel.
    Ein Blitz ließ die wogenden Schleier aufflammen. Der peitschende Knall des Donners folgte sofort. Erneut zuckte ein greller Schein auf. Blitz und Donner folgten so rasch aufeinander, daß es wie ein einziges langgezogenes Grollen und wie ein ständig flackerndes Feuer wirkte.
    Das harte Trommeln eines heftigen Regens war aus dem Tal zu vernehmen. Aus den Augenwinkeln sah ich Julias ängstliches Gesicht und Klaras bleiche Züge.
    Diese Anspannung in den Zügen sagte mir deutlich, daß sie über ihre medialen Antennen mehr empfing, als wir. Es mußte etwas Drohendes sein.
    Dann war es vorüber.
    Ein letzter Donnerschlag verklang und das Tal blieb finster, als hätte sich eine Tür in einem flackernden Raum geschlossen.
    Wir wagten aufzuatmen, als die Wolkenschleier aufrissen und die vertrauten Hügel auftauchten, eine Taschenlampe aufflammte, und Kurt zufrieden sagte: „Die Geräte sind alle wieder o.k. Wenigstens sieht es so aus.“
    „Schaltet alles Licht ab“, warnte ich.
    Wir lauschten in die Dunkelheit. Aus dem Ort kamen schwache Geräusche. Da und dort flammten Lichter auf. Halb verwehte Rufe drangen zu uns hoch. Der ganze Ort wurde lebendig. Was vorging, konnten wir nicht erkennen. Uns blieb nichts weiter übrig, als abzuwarten. Daß uns jemand entdecken könnte, schien unwahrscheinlich.
    „Jemand ist tot“, sagte Klara.
    Ich nickte. Ich zweifelte nicht daran, daß sie recht hatte.
    „Woher wissen Sie das?“ fragte Schwaber.
    Klara schüttelte den Kopf, ein wenig verwundert. „Ich weiß es“, entgegnete sie.
    Er sah mich an. „Und Sie glauben es?“
    „Sie könnte sich irren“, erwiderte ich. „Aber ich habe es noch nie erlebt. Sie würde es nicht sagen, wenn sie es nicht empfände.“
    „Empfände?“ entfuhr es ihm. „Sie empfindet, wenn jemand stirbt? Ist das Ihr Ernst? Großer Gott, dann hat sie allerhand zu…“
    Ungehalten unterbrach ich ihn. „Natürlich spürt Klara nicht jeden Tod. Sie spürt nur manchmal, wie soll ich sagen, existenzbedrohende Geschehnisse. Irgend jemand hatte da unten Todesangst, und Klara spürte sie. Warum, das vermag ich nicht zu sagen, und sie auch nicht.“ Ich wandte mich an sie. „Es war ein gewaltsamer Tod, oder?“
    Sie sagte atemlos: „Ja, es war ein gewaltsamer Tod. Ein furchtbarer Tod.“
    „Wie?“ fragte ich.
    „Ich weiß es nicht“, erklärte sie. „Aber Hans, ich habe Angst, daß es etwas wie das gibt.“
    „Was fühlst du noch?“
    „Etwas Wartendes, Lauerndes.“ Sie schüttelte den Kopf.
    „Keine Erklärung?“
    „Nein, Hans. Empfindungen sind so flüchtig. Ich entsinne mich nicht mehr. Nur an die Furcht.“
    „Denk nicht mehr an die Furcht“, versuchte ich sie zu beruhigen. „Sie allein nützt nichts.“
    Sie lächelte mir tapfer zu. Ich fragte mich, wo Willie in diesem Augenblick wohl war. Und ich fragte mich, wer den schrecklichen Tod erlitten hatte, von dem Klara sprach. Ein Gehrdorfer?
     

     
    Der Ort war nun hell genug, daß ich mich orientieren konnte. Mit Julias Hilfe gelang es mir, einen der wenigen dunklen Flecke auszumachen – das Bergen-Haus.
    Viele Lichter bewegten sich auf die Dorfmitte zu. Dort schien eine Art Versammlung

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