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100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder

100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder

Titel: 100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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langer Zeit.
    Er ließ sich ein Glas Wasser geben und mengte einige Tropfen dunkler Flüssigkeit aus einem kleinen Fläschchen bei. Dann hielt er das Glas hoch, während die ölige Flüssigkeit nach unten sank. „Es wird Sie beruhigen, Herr Feller.“
    „Sie sind Dr. Wolf, nicht wahr?“ fragte ich.
    Er sah mich erstaunt an. Dann nickte er. „Sie kennen meinen Namen?“
    „Von jemandem, die Sie liebend gern in ihren kalten Fingern hätte“, erwiderte ich.
    Es war ein Schuß ins Schwarze. Er wurde kreidebleich. Das Glas zitterte in seiner Hand.
    „Anna“, flüsterte er.
    „Ich sehe, Ihr Gewissen läßt Sie nicht ganz zur Ruhe kommen.“
    Wütend starrte er mich an. „Haltet ihn!“ Er beugte sich herab. „Trinken Sie.“ Er grinste verzerrt. „Und wenn Sie drüben sind, grüßen Sie Anna von mir!“
    Er brachte das Glas herab. Ich wollte ausweichen, aber die Männer hielten mich fest. Einer drückte mir den Mund auf, und der Doktor leerte den Inhalt des Glases hinein. Eine Hand preßte mir den Mund zu. Es gab nur zwei Möglichkeiten: Schlucken oder ersticken. Ich schluckte und erstickte trotzdem halb. Es schmeckte süßlich. Während ich hustend nach Atem rang, hoben sie mich hoch und fesselten mich, aber nicht sehr gründlich. Als ich wieder Luft bekam, kehrte mein alter Sarkasmus zurück. Ich hatte keine Angst mehr. Was immer auch dieses Gift bewirkte, es war nicht mehr zu ändern. Aber es war nicht gleichgültig, wie ein Mann starb.
    Ich sah noch immer keine Zusammenhänge, aber ich wußte, daß der Arzt einer Gemeinde, in der aus rituellen Gründen gemordet wurde, eine wichtige Figur war. Es sah aus, als sollte ich die Zusammenhänge nicht mehr erfahren.
    Als sie mich durch die Tür stießen, rief ich: „Ihr glaubt, wenn ihr das Haus niederbrennt, habt ihr auch seine Bewohner aus der Welt geschafft? Ihr Narren! Ihr werdet noch von Anna Bergen hören!“
    Bleiche Gesichter starrten mir nach. Kurts Gesicht fiel mir ein. So idiotisch würde auch ich in wenigen Minuten um mich starren. Kein ermutigender Gedanke.
    Sie stießen mich neben Schwaber und Klara zu Boden. Es war angenehm zu sitzen, trotz der gefesselten Hände.
    „Hans!“ rief jemand. Klaras Stimme, wenn ich mich recht erinnerte.
    „Alles klar“, sagte ich, aber es klang ein wenig stolpernd. „Die werden Anna Bergen nicht so schnell vergessen.“
    „Uns um so schneller“, meinte Schwaber trocken.
    „Ja“, pflichtete ich bei. „Sieht so aus.“
    „Hans, was haben sie mit dir gemacht?“ fragte Klara ängstlich.
    „Nicht viel. Aber ich mit ihnen“, meinte ich.
    „Sie haben ihm das Mittel eingeflößt, mit dem sie Vlatschek beruhigt haben“, erklärte Schwaber. Es gefiel mir nicht, wie er redete.
    Ich sah auf und bemerkte Julias angstvolle Augen auf mich gerichtet. Ich versuchte mich aufzurichten und mich an sie heranzuschieben, aber einer unserer Wachen stieß mir den Fuß in die Seite, daß ich stöhnend liegen blieb.
    „Lassen Sie das lieber“, meinte Schwaber. „Was wollen Sie ihr sagen? Daß Sie mit ihrer Mutter gesprochen haben?“
    Das klang sarkastisch.
    „Die da drinnen hat es jedenfalls beeindruckt“, erwiderte ich.
    „Sie meinen, die glaubten es?“
    „Allerdings. Sie nahmen es verdammt ernst.“
    „Hast du mit ihr gesprochen?“ fragte Klara unvermittelt.
    Ich nickte. Als ich aufblickte, sah ich Konrad Egger neben mir stehen. Er beobachtete mich nachdenklich. Auch der Doktor erschien. In seinen Augen war Furcht und etwas, das ich nicht deuten konnte.
    Sie sprachen miteinander, aber ich verstand nicht, was sie sagten. Es war mir auch gleichgültig. Es war alles nicht mehr wichtig. Die Dinge fingen an, vor meinen Augen zu verschwimmen.
    Das Gemurmel wurde lauter um mich. Mit Mühe gelang es mir, meine Umwelt wieder wahrzunehmen. Die Droge begann immer stärker zu wirken. Eine Weile noch konnte ich mich gegen sie auflehnen.
    Mir war plötzlich klar, daß wir sterben würden. Wir waren lästige Zeugen, und mit Mord war man hier nicht zimperlich. Ich fragte mich, ob wir morgen ebenfalls irgendwo an Stricken baumeln würden.
    Alles war absurd, aber es war kein Alptraum. Es war blutiger Ernst. Dennoch war da ein Gedanke an Rettung. Undeutlich sah ich Klaras blasses Gesicht. Sie weinte nicht. Sie war sehr tapfer. Schwaber hingegen schien seine Ruhe zu verlieren. Er zerrte an den Fesseln. Der Ausdruck seiner Augen war der eines gefangenen Tieres.
    Es wurde sehr schwierig, den Blick zu konzentrieren. Schwaber brachte mich

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