100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten
vermarkten.«
Inzwischen warten keine Armen mehr auf zufällige Kapernfunde im Weinberg – die »Pantelleria-Kaper« ist eine Stütze der Inselwirtschaft und ihr Anbau wird entsprechend gesetzlich reglementiert.
Angebaut werden Kapern der botanischen Gattung »Capparis spinosa«, und davon die Sorten »inermis«, Kultivar »nocellara« – senfgrün und von besonders kräftigem Aroma. Zehn Prozent andere Sorten sind zulässig. Beim Wein gibt es einen Hektarertrag, der limitiert werden kann, für Pantelleria-Kapern existiert eine Höchstproduktion: 1,5 Kilo pro Strauch und 22,5 Doppelzentner pro Hektar. Die geernteten Blütenknospen müssen gut zehn Tage in Salzwasser reifen: Am ersten Tag werden 40 Prozent Meersalz zugesetzt. Das wird am zweiten Tag abgegossen, jetzt kommen 25 Prozent Meerwasser hinzu. Dieselbe Menge wird an jedem weiteren Tag nach dem Abgießen zugeführt. Nach jedem Aufgießen von Meerwasser fermentieren die Kapern leicht. Jedes Abgießen hingegen unterbricht die Gärung. Ein kompliziertes und diffiziles Verfahren, denn bei zu starker Gärung würden die Kapern nach Fäulnis schmecken. So entstehen unter erfahrenen Händen senfgrüne, hocharomatische Kapern, die entweder pur verwendet, aber auch vor dem Kochen gewässert werden können.
Neben den notwendigen Vorschriften gibt es noch altes Brauchtum rund um die Blütenknospen: Die Bauern wählen jeden Abend die größten, am stärksten gereiften Knospen aus und pflücken sie während der Nacht oder ganz früh am Morgen – denn tagsüber würden sie sich im gleißenden Sonnenlicht öffnen und der Produktion verloren gehen. Auch die Lese zur richtigen Stunde ist also ein Erfolgsgeheimnis der Kaper.
Übrigens haben sich traditionelle Kapern-Hersteller nicht nur in Pantelleria, sondern auch auf den Liparischen Inseln in Salina gehalten.
Kartoffel (Meerkartoffel)
Ohne Kartoffeln sähen die europäischen Speisekarten – egal, ob in privaten Haushalten oder in der Gastronomie – wahrlich traurig aus. Amerika musste entdeckt werden, allein schon um der Kartoffel willen, und gleich danach kommt die Tomate. Dieser »Erdapfel« hat die Welt verändert. Es würde sich lohnen, die Biografie der Kartoffel – oder noch besser: ihre Memoiren zu schreiben. Als Kind wurde mir erzählt, dass unsere Eltern noch per Hand gegen den Kartoffelkäferbefall vorgegangen sind und die Krabbeltiere von der Pflanze absammeln mussten. Und ich habe noch das »Kartoffelklauben« mit Hand erlebt. Den Geruch der Kartoffelfeuer nach der Ernte habe ich heute noch in der Nase – riecht fast so gut wie frisches Heu. Und gehört zum Herbst wie bunte Blätter und Drachensteigen.
Um gute Sorten habe ich mich erst spät gekümmert. Von Eckart Witzigmann kam der Tipp der köstlichen französischen Sorte Rattes und mein persönlicher Favorit ist das »Bamberger Hörnchen«. Gott gebe, dass sie beide nicht im Besitz eines Gen-Konzerns landen! Aber dass es Meerwasser-Salzkartoffeln gibt, habe ich noch nie gehört …. Klingt nach Gaumenfreude.
Im Pariser Auktionshaus Drouot hat der Maler Gauguin einst sein Atelier versteigert. Zumindest einmal, im Mai 1996, kam dort ein ganz anderer, unvermuteter und besonderer Artikel unter den Hammer: Kartoffeln, kiloweise. Bis zu 450 Euro wurden für ein Kilo geboten, was sicher auch damit zu tun hatte, dass der Erlös der Kartoffelversteigerung einer Organisation zukam, die Restaurants für Bedürftige betreibt. Die Wunderkartoffeln mit dem Rekordpreis heißen Bonnottes und stammen von der französischen Atlantikinsel Noirmoutiers. Es ist eine alte Sorte, die bereits 1879 urkundlich erwähnt wird. Neben rund 500 Bauern wurde sie auch von Seeleuten auf Landgang angebaut. »Marin-Patates«, ganz frei übersetzt »Kartoffelkapitäne« wurden sie ironisch genannt. Doch um 1965 verschwand die Bonnotte vom Markt. Der Grund: Sie war zu fragil für die maschinelle Ernte und musste von Hand gelesen werden. Gut dreißig Jahre lang wuchsen auf Noirmoutiers die Sorten Sirtema, Lady Christi und Charlotte, bevor die Bonnotte ihr Comeback feierte.
»Sie war nicht an den Markt angepasst. Die Genossenschaft von Noirmoutiers hat sie sogar verboten«, sagt Gérard Sémelin. Sémelin ist heute Direktor besagter Genossenschaft und lässt nichts unversucht, die Bonnotte wieder ins Gespräch zu bringen. Da gab es die erwähnte Versteigerung, den Überschallflug der Concorde, auf dem Bonnottes mit Kaviar gereicht wurden, oder die Bonnotte-Kochkurse in New York.
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