100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten
aus den Kaminen von Tirol, Südtirol, Oberösterreich oder der Steiermark sowieso nur mehr von privaten Erzeugern – also mit Beziehungen – direkt zu bekommen ist. Angeblich erzeugt Ruß – und ohne den geht es bei echtem Geräuchertem nun mal nicht – Krebs, und alles, was in den Supermärkten als Ersatz angeboten wird, ist nichts als eine müde Kopie.
Wer also der Speck-Bretteljause – hochdeutsch: Brotzeit – von früher nachtrauert, wird im Lardo eine neue, kalorienreiche Leidenschaft entdecken. Wer ihn einmal probiert hat, wird diesem Vollspeck – es gibt keine mageren Fleischstreifen im Lardo, weil er vom festen Rückenspeck guter Hausschweine stammt – unweigerlich verfallen. Auch die Entstehung ist spannend: Lardo reift in Salzlake und Gewürzen in Marmortrögen in Marmorbrüchen, beschwert mit speziellen Marmorblöcken. Er braucht Monate, um der zu werden, den man nie mehr vergisst. Echter Lardo schimmert perlmuttfarben rosa und muss hauchdünn geschnitten sein, um vollkommen zur Geltung zu kommen. Aber sicher gibt es noch mehr Lardo-Geheimnisse? Mir ist er leider erst vor ein paar Jahren »begegnet«, darum bin ich ein Lardo-Neuling …
Also, für diesen auf der Zunge schmelzenden Speck lasse ich etliche Schinken stehen. Und das, obwohl ich als Kind Fett immer ausgespuckt habe.
Dieser Speck wird spätestens 72 Stunden nach der Schweineschlachtung abgetrennt, mit Salz eingerieben und in die »Conche«, die erwähnten Marmorgefäße, gelegt. Diese wurden zuvor gründlich mit Knoblauch abgerieben. Solche trogartigen Marmorgefäße scheinen eine uralte Tradition zu haben. »Specklager« aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert blieben jedenfalls erhalten.
Speck und Gewürze wie frischer, im Mörser zerstoßener Pfeffer, geschälter, grob gehackter Knoblauch und frischer Rosmarin werden Schicht um Schicht darin abgelegt, bis die Conche randvoll ist. Dann heißt es: Deckel drauf! Sechs Monate reift der Speck in seinem Marmorknast in Räumen mit geringer Frischluftzufuhr. Klimaanlagen sind tabu.
Diese Herstellung folgt ursprünglich den Bedürfnissen der Vorratshaltung. Schweine wurden hier nur im Januar und Februar, den kältesten Monaten des Jahres, geschlachtet und verarbeitet. Im Sommer hatte man dann Lardo. Heute schlachtet man von September bis Mai, aber ebenfalls nie in den heißen Sommermonaten. Lardo stammt nicht nur aus der Toskana, sondern auch aus der Emilia-Romagna, Venetien, Friaul-Julisch Venetien, Lombardei, Piemont, Umbrien, Marken, Latium und Molise.
Nach alter Überlieferung steht der Name »Colonnata« für eine Sklavenkolonie, deren Bewohner zu römischer Zeit in Marmorbrüchen arbeiteten. Speck wurde damals schon verzehrt: Der Codex Iustinianus jedenfalls berichtet, dass Legionäre jeden dritten Tag eine Ration Speck bekamen. Ob das wohl Lardo war? In der besonders ausführlichen Verordnung Nr. 1856/2004 der Europäischen Kommission vom 26. Oktober 2004 zur Eintragung des Lardo di Colonnata in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben kommt auch der Ingenieur Aldo Mannolini zu Wort. Er leitete Ende der 1940er Jahre im Auftrag der Firma Montecatini mehrere Marmorbrüche in Carrara und sagt, dass sich damals »aufgrund der Ernährungsgewohnheiten der Arbeiter unfehlbar deren Wohnort ermitteln ließ«. Denn nur die Arbeiter aus Colonnata verzehrten ihr Brot mit Speck – und waren vollkommen zu Recht stolz darauf.
Linsen
Die meisten Menschen kennen Erbsen- und Bohnengerichte, sind aber mit Linsen weniger gut vertraut. Abgesehen von den Schwaben natürlich, deren »Linsen mit Saitenwürstle« eines ihrer Nationalgerichte ist. Und natürlich kennen wir alle die Geschichte aus dem Alten Testament, in dem Jakob seinem Zwillingsbruder Esau das Recht des Erstgeborenen für ein Linsengericht abkaufte.
Diese kleinen, flachen Minitalerchen fassen sich gut an, schmecken wunderbar nach Garten (erdig, wie nach einem Sommerregen) und sind außerdem viel schneller essfertig als Erbsen oder Bohnen. Von Vegetariern weiß ich, dass sie unverzichtbar für deren Speiseplan sind, weil sie einen hohen Eiweißanteil haben, einen höheren als manche Fleischsorten.
Meine Lieblingslinsen sind die schwarzen Belugas, die ganz hervorragend zu Fisch passen, aber auch zur Entenbrust. Diese Kombination ist geradezu unschlagbar. Eine andere Sorte, die Puy-Linse aus Frankreich, ist berühmt, aber ich habe sie noch nie gegessen. Was hat es mit ihr auf
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