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100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

Titel: 100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Schoenberger , Joerg Zipprick
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Sandmöhre (»carotte de Créances«) gedeiht westlich des normannischen Dorfes Cotentin und, wie ihr Name schon sagt, wächst sie in Sandböden. Nun ist das nicht irgendein Sand, sondern eine Sandebene, die fast ans Meer angrenzt. »Mielles« heißt dieser Boden im Jargon der Einheimischen. Auf 50 Kilometer Länge und nur einen Kilometer Breite befinden sich solche Möhrenfelder mit Blick auf den Ärmelkanal. Sie werden bewässert und teilweise mit Seetang und Algen gedüngt. Schon im 19. Jahrhundert wurden die Karotten hier auf diese Weise angebaut. Der Legende nach begann ein »junger Normanne«, in dem sandigen Terrain Karotten zu pflanzen, weil er kein Ackerland geerbt hatte.
    Das Gemüse wird der Nachfrage folgend täglich geerntet – oft von Hand. Verkauft wird die Möhre umgeben von einer leichten Sandschicht, die man nur unmittelbar vor der Zubereitung abwaschen sollte. Ab November schützen 20 cm Stroh die Karottenfelder vor dem Frost. Schon seit 1960 schützt eine »appellation d’origine contrôlée« diese Möhre. Seit 1990 findet jedes Jahr im August im Dorf Créances ein »Karottenfest« mit Musik, Feuerwerk und geriebenen Möhren statt. Erhältlich ist diese Möhre, die nach Möhre schmeckt, von August bis April.
    Die carotte de Créances ist eine Sandmöhre, aber nicht alle Sandmöhren kommen aus Créances: In Spanien herrschen ähnliche Bodenbedingungen bei Sanlúcar de Barrameda. Auch dort gibt es gute Möhren, etwa die »Zanahorias de Monte Alguido«. Wiederum aus Frankreich kommt die Carotte de sable de Santec aus Santec bei Roscoff in der Bretagne. In dieser Region wurde stets die gerade »moderne« Sorte gepflanzt. Mal war es die »Halblange Nantaise«, mal die »Touchon«, mal die »Tip-top« und jetzt Hybriden, von denen einige außen purpur und innen orange schimmern. Anders als in Créances wird mit Vogelmist und Guano gedüngt. Auch im französischen Südwesten nahe Bordeaux gibt es inzwischen die Sandkarotte »carotte des Sables des Landes«, die von ihren Produzenten zuweilen auch mit dem Kosenamen »Sabline« belegt wird. Ich persönlich glaube, dass sich die beiden letztgenannten Regionen an den Erfolg der Créances »anlehnen« wollen. Vielleicht ist das für den Möhrenmarkt ja gar nicht so übel?

Morcheln
    Eigentlich sieht dieser Pilz mit seinem gehirnwindungsähnlichen Spitzköpfchen so exotisch aus, dass man fast nicht glauben mag, er sei ein Europäer. Ich habe noch nie eine frische Morchel angetroffen, außer ganz selten im Feinkostgeschäft. Und selbst in exklusiven Luxustempeln ist sie eher in getrockneter Form im Angebot. Dass dieser Superpilz inzwischen – gleich nach den Trüffeln – zu den teuersten Schwammerln überhaupt gehört, liegt wohl daran, dass er in unseren Breitengraden angeblich unter Naturschutz steht? Wobei sich sofort die Frage stellt, woher denn die Morcheln kommen, wenn sie bei uns gar nicht geerntet werden dürfen?
    Stimmt es, dass die Morchel ihre Fruchtkörper im Frühjahr ausbildet? Wenn ja, wundert es mich nicht, dass wir – eine eingefleischte Schwammerlsucherfamilie – noch nie welche gefunden haben: Pilze sucht man gemeinhin im Herbst. Niemand vermutet Morcheln neben Buschwindröschen und Leberblümchen in der Frühlingssonne. Was ist uns da jahrzehntelang nur entgangen!
    Sicher ist, dass die Morchel einen unbeschreiblichen, unvergleichlich feinen Eigengeschmack hat, wunderbar mit Kalb- und Hühnchenfleisch harmoniert und eine Rahmsauce ergibt, vor der man nur niederknien kann. Der Morchel verzeiht man sogar das bisschen Sandgeknirsche im Mundgetriebe, weil sie aufgrund ihrer reliefartigen Beschaffenheit so schwer abzupinseln ist. Lang lebe die Morchel – mit und ohne Sand!
    Fast hätte ich mich um die Frage nach der Herkunft der Morcheln drücken wollen: Küchenchefs tun gerne so, als hätten sie ihre Morcheln gerade eben im Wald hinter dem Restaurant ge sucht. Händler meinen anscheinend, ich würde ihnen die Quelle abwerben, wenn ich frage. Ein Großhändler hat sich schließlich dazu bekannt, seine Morcheln der Sorten Morchella Esculenta/Vulgaris/Conica/Rotunda aus der Türkei, Spanien, Frankreich, Marokko, Kanada, den USA, Mazedonien und Mexiko zu beziehen. Die Mexiko-Morcheln kommen im November und Dezember auf den Markt, während man sie in Europa je nach Region von März bis Juni, mit klarem Schwerpunkt auf April und Mai findet.
    Unter Naturschutz stehen sie wegen ihres seltenen Auftretens nur in Deutschland, in anderen Ländern

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