Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

Titel: 100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Schoenberger , Joerg Zipprick
Vom Netzwerk:
zu sein.
    Tatsächlich waren Maronen, Esskastanien oder Edelkastanien früher eine typische Armenkost. So wurden rund um den italie nischen Ort Pistoia früher »necci« genannte Crêpes auf Basis von Kastanienmehl serviert. Aber was früher als »Armengericht« galt, empfindet man heute nicht selten als besonders authentisch. Mir selbst schmecken necci oft besser als die meist übersüßten, glacierten Maronen, die man – auf goldenes Papier drapiert – in den Auslagen von Feinkostgeschäften bewundern kann. Ab und zu habe ich Kastanien als Geflügelfüllung genommen und mehr als einmal habe ich Blutwürste gegessen, die mit ihnen verfeinert wurden.
    Die Korsen lieben ihren »castagnu«, den Kastanienbaum, und verehren ihn oft geradezu als Quelle eines ihrer Grundnahrungsmittel. Populär ist eine Kastanienpolenta, ein Brotersatz aus einem Kilo Kastanienmehl, zwei Liter Wasser und Salz. An besonderen Tagen wird sie mit Brocciu-Käse, Eiern, gebratenem Zicklein oder Bratwürsten serviert. Besagten Käse gibt es auch als Dessert, mit Eiern, Zucker und geriebener Zitrone im Kastanienblatt gegart oder mit Kastanienmehl zu Krapfen ausgebacken. Und natürlich kennen die Korsen noch Kastanienlikör.
    Als »edle Esskastanien« gelten die Maronen aus Castel del Rio und Mugello, Italien. Zumindest haben sie rein historisch einen guten Ruf: schon im Jahre 1618 berichtet ein Reisender über Castel del Rio, dass dort an jedem Mittwoch ein Markt abgehalten wird, »zu dem viele Menschen aus der Umgebung kommen … und wo es Esskastanien in Hülle und Fülle gibt, die, zumeist getrocknet und geschält, begehrter sind als Getreide«. Im Mugello nahe Florenz soll es noch jahrhundertealte Kastanienbäume geben. Von ihren Maronen der Sorte Fiorentino dürfen höchstens 15 kg je Baum und 1500 kg je Hektar geerntet werden. Düngung der Bäume ist ebenso verboten wie das Zufügen von Zusatzstoffen zwecks Verbesserung der Haltbarkeit. Wer im Mugello seine Esskastanien haltbar machen möchte, darf sie in warmem Wasser sterilisieren, mehr aber auch nicht.
    Keine Angst, es gibt noch Maronenbrater, auch wenn die meisten Vertreter dieses Berufsstandes wohl kaum aus Neigung Stunden an ihrer Metalltrommel aushalten. Den günstigen Snack bekam ich vor ein paar Monaten sogar in einem Edellokal aufgetischt. »Maronen wie auf der Straße« stand auf der Karte, ein schwarz gekleideter Herr mit einem feierlichen Gesichtsausdruck brachte eine kleine hölzerne Schatulle und öffnete sie umständlich. Zum Vorschein kamen Maronen, angeritzt und gegart wie vom Straßenbräter. Sie schmeckten auch genauso und, nein, es gab keine geheime Zutat, kein edles Gewürz, keine Mandelsplitter oder sonstige Verfeinerung. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass dieser Herdkünstler von Restaurantkritikern zur »jungen Avantgarde« gezählt wird. Ich fühlte mich angesichts des Preises für dumm verkauft. Das sage ich jetzt nur, um nicht ein Wort nutzen zu müssen, das mit »ver« beginnt und mit »rscht« aufhört.

Möhren (Sandmöhren)
    Davon habe ich noch nie gehört, aber vielleicht ist das ähnlich wie mit den Pastinaken, von deren Existenz ich immerhin inzwischen weiß, aber: nie gegessen. Pastinaken sollen ein »Zwischending« zwischen Möhren und Petersilienwurzeln sein. Jetzt aber Sandmöhren: Nie gehört und nie gegessen! Schön, dass auf der Welt dank Kleingärtnern und leidenschaftlichen Gemüsebauern am Ende doch nichts wirklich in Vergessenheit gerät und verschwindet. Auf diese Weise ist ja auch der schon verschollen geglaubte Rucolasalat vor ein, zwei Jahrzehnten wieder aufgetaucht.
    Aber Sandmöhren? Im Süden Deutschlands und in Österreich würde man sie wohl Sandkarotten nennen. Oder ist es gar keine Gemüsesorte, sondern das Ergebnis einer Konservierungsart? Zu Zeiten meiner Urgroßeltern hat man bestimmte, feste Gemüsesorten wie Karotten oder Sellerie in leicht feuchten Sandschütten im Keller oder in Gartenerdlöchern verbuddelt, um sie so haltbar zu machen und im Winter (fast) frisches, nur leicht geschrumpeltes Gemüse zur Verfügung zu haben. Ist das etwa das Geheimnis der Sandmöhre?
    Die Sandmöhre ist ganz einfach eine Möhre, die noch nach Möhre schmeckt. Auf unseren Märkten hat sich seit Langem auch bei den Möhren das Tomaten-Syndrom durchgesetzt. Die Sandmöhre hingegen leuchtet orange, hat eine feine Süße, ihr Inneres wird nicht hart und faserig. Zuweilen schmeckt man eine Spur Jod – und das aus gutem Grund: Besagte

Weitere Kostenlose Bücher