100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten
schmeckt wie aus 1001 Nacht.
Das Geheimnis der Pflaume aus Agen lässt sich leicht entschlüsseln: Sie ist eine Trockenpflaume. Sie entstammt der Variante »Prune d’Ente«. Sie wird 18 bis 24 Stunden im Ofen oder speziellen Geräten getrocknet – aus drei Kilo Pflaumen wird so ein Kilo Trockenpflaumen. Ihre Qualität wird recht streng überwacht, z. B. sind Scharten und Verletzungen bei »Pruneaux d’Agen« tabu. Fest, vollfleischig und fast schwarz müssen die Trockenfrüchte sein, wenn sie in den Verkauf gelangen.
Angeblich sollen die Kreuzritter im 12. Jahrhundert hier die ersten Pflaumenbäume gepflanzt haben. Doch bei Ausgrabungen hat man in Agen Pflaumenkerne in Ruinen aus dem 2. Jahrhundert vor Christus gefunden. Das klingt doch nun wirklich nach purer, reiner Tradition und jahrhundertealtem Wissen um die optimale Pflaumenqualität.
Inzwischen wurde neben der Prune d’Ente freilich auch der ertragreiche »Mutant« Ferco (Spurdente), dessen Früchte 8–10 Tage vor denen der Originalpflanze reifen, von den Behörden zur Pruneaux-Produktion zugelassen.
Pruneaux d’Agen gibt es in vielen Varianten: Eingelegt in Armagnac, mit vielerlei Füllungen von süß bis salzig. In den Küchen der Region werden die Trockenfrüchte mit Lamm, Kaninchen, Wild oder Geflügel serviert, sie wandern in Saucen und Kuchen.
Ich besuche die Region rund um Agen auch gern auf der Suche nach »Nebenerzeugnissen« wie Pflaumenkernöl und nasche hier und da auch an ungetrockneten Früchten: Für deren Frische spricht eine intakte, feine, weißliche Schicht über der Außenhaut. Die ist schon beim Pflücken vorhanden, je mehr davon fehlt, je glänzender die Früchte sind, desto mehr wurden die Pflaumen herumgereicht, angefasst, transportiert oder sonst wie behandelt. Besser werden sie davon nicht.
Riesenpflaumen sehe ich skeptisch: Das Aroma einer »normalen« Frucht verteilt sich oft auf ihre großen Geschwister; die sind dann mehlig und fad. Ansonsten greife ich bei den frischen Pflaumensorten gern zu Mirabellen (prunus domestica syriaca), Renekloden oder Ringlotten. Angeblich kommt das Wort wieder mal aus dem Französischen, von »Reine Claude«. Königin Claude, das war Claude de France (1499–1524), die Gattin von Franz I. Pierre Belon (1517–1564), ein Botaniker, soll die Frucht eingeführt und nach der Königin benannt haben, die eine große Liebhaberin von Früchten war. Hier und da liest man in durchaus seriösen Geschichtsbüchern auch, er hätte sie zur Hochzeit von Claude und Franz kredenzt. Eine schwierige Aufgabe – und schwer zu glauben –, da der Hochzeitstag des erlauchten Paares, der 8. Mai 1514, gut drei Jahre vor Belons Geburt lag.
Trotzdem steckt in der erfundenen Geschichte ein Kern Wahrheit: Über Jahrhunderte kamen die besten Pflaumen Frankreichs nicht aus der Gegend von Agen, sondern aus der Umgebung von Tours, wo sie in den Schlossgärten der Loire wuchsen. Aber was heißt schon »die Besten«? Das Schöne an all den Pflaumensorten ist doch, dass jede anders schmeckt.
Piment
Von diesem Gewürz dachte ich, dass man es eigentlich nur zu Weihnachten braucht. Zum Beispiel, um Lebkuchen zu machen. Ist Piment eigentlich dasselbe wie »Nelkenpfeffer«? So könnte man sich zumindest erklären, dass der Lebkuchen in dem Grimm’schen Märchen »Hänsel und Gretel« Pfefferkuchen heißt.
Und für welche Leckereien wäre Piment noch das richtige Gewürz? Bei Wild könnte ich mir Piment vorstellen. Und wo kommt Piment eigentlich her?
Das Piment ist Opfer eines sprachlichen Missverständnisses zwischen Deutschland und Frankreich. Hier bei uns steht das Wort für Pimenta dioicia oder Pimenta officinals, auch Nelkenpfeffer genannt. Der stammt aus Jamaica und ist nichts anderes als die getrocknete Frucht der genannten Pflanze. Der Nelkenpfeffer schmeckt wie Gewürznelken mit ein wenig Pfeffer, Muskat und Zimt. Eine gute Mischung für die Weihnachtsbäckerei.
Im Französischen hingegen steht Piment für allerlei Gattungen aus der Familie der Nachtschattengewächse. Also Chilis, Peperonis oder Paprika, all das, was im Lateinischen Capsicum heißt – sowohl frisch als auch getrocknet. Über fehlerhafte Übersetzungen von Kochbüchern und Rezepten gelangt dieses französische Pimentverständnis manchmal auch zu uns. Piment ist da also der Scharfmacher im Essen. Und die Schärfe solcher Schoten wird übrigens seit 1912 systematisch vermessen. Scoville heißt die Maßeinheit, frei nach dem Pharmakologen Wilbur L.
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