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100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

Titel: 100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Schoenberger , Joerg Zipprick
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die Medien, dass man in England Schokolade mit einem hohen Tierblut-Anteil herstellt – worauf mir eine Weile jeder Appetit auf Schokolade verging. Gründlich. Aber Schokolade ist nun mal ein Gute-Laune-Stoff, auf den man nicht auf Dauer verzichten mag: Ich fasste irgendwann wieder Vertrauen, davon überzeugt, dass den Schweizern und den Belgiern so etwas fernliegt. Immerhin habe ich aber inzwischen entdeckt, dass ein hoher Kakao-Anteil den Genuss von Schokolade steigert – und sogar die Gier danach in Grenzen hält.
    Bei mir war es ähnlich: Mein Abstieg zum Schokoholiker begann auf dem Boulevard Saint Germain in Paris. Vorher, da war meine Welt zwar auch süß. Aber schokoriegelsüß, milchsüß, aus heutiger Sicht extrem überzuckert und noch dazu mit allerlei Erdnuss- oder Nussnougatcremefüllungen überzogen. Erst als eine Studienfreundin den Sohn eines bundesweit bekannten Schokoherstellers kennenlernte, erhielt die Schoko-Unschuld einen Knacks. Ein erschreckendes Gerücht bestätigte sich: Weihnachtsmänner werden tatsächlich zu Osterhasen umgeschult, soll heißen umgeschmolzen. Schlimmer noch, da gibt es tatsächlich endlos haltbare »Weihnachtshasis« deren Ohren-Dreieck gleich als Tiara verwertet werden kann. Letzteres verdarb mir ein klein wenig den Appetit und besagter Freundin irgendwie die Beziehung. Zur Verlobung kam es jedenfalls nicht mehr. Wer möchte schon jemanden heiraten, der an seinem Arbeitsplatz die Order gibt, alte Männer zu jungen Hasen mutieren zu lassen?
    Das waren noch Zeiten, als ich jedes Süßzeug für Schokolade hielt. Kalorienreiche Zeiten, denn die stark gezuckerten Mischungen lassen – zumindest meiner Erfahrung nach – die Hüftringe weit schneller wachsen, als naturreine Tafeln. Billige Zeiten, denn die Sachen aus dem Supermarkt kann sich jedes Schulkind leisten.
    Politisch korrekte Zeiten, denn europäisches Regelwerk erlaubt inzwischen, dass fünf Prozent des Fettanteils in Schokoladen, der bislang in den weitaus meisten Ländern aus Kakaobutter bestand, auch aus anderen pflanzlichen Fetten bestehen dürfen. Laut »Richtlinie 2000/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juni 2000 über Kakao- und Schokoladeerzeugnisse für die menschliche Ernährung können jetzt günstige Ersatzstoffe wie Illipe (Borneo-Talg), Palmöl (Elaeis guineensis, Elaeis oleifera), Sal-Butter (Shorea robusta), Shea (Vitellaria paradoxa), Kokum gurgi (Garcinia indica) und Mangokern (Mangifera indica) in limitierter Menge die Kakaobutter ersetzen. Für die Hersteller ist dies ein glänzendes Geschäft, weil Kakaobutter bis zu zehnmal teurer ist als herkömmliches Pflanzenfett. Für mich ist die Nachricht ungefähr so appetitlich, als würde mein Metzger mir verkünden, dass demnächst fünf Prozent Hammelaugen feinsten spanischen Schinken füllen. Rinderblut ist übrigens nicht drin, zumindest diese Praxis ist in Europa verboten.
    Aber zurück zum Boulevard Saint-Germain in Paris, wo jede Praline sorgfältig in Designerboxen präsentiert und ausgeleuchtet wird, als wäre sie ein Zehnkaräter beim Juwelier an der Place Vendôme. Da prangten Wellen auf der Schokolade, winzige Dreiecke schmückten die tiefschwarze Oberfläche, und ein paar Pralinés sahen so aus, als hätte Mirò sie mit Künstlerhand verziert.
    Ich verschmähte die süßen Füllungen und erstand ein Degustations-Set mit etlichen Plättchen auf der Basis von Kakaobohnen aus Venezuela, Ecuador, Brasilien, Madagaskar, Java, Neu Guinea und einem Kakaogehalt von 70 Prozent bis 100 Prozent. Ein paar Tage später war jedes der vier Gramm schweren Täfelchen in meinem Magen verschwunden – und eine ganz neue Welt des Geschmacks entdeckt. Denn natürlich schmeckt Java-Kakao nicht wie der aus Brasilien. Die edlen feinen und ertragsarmen Criollo-Bohnen aus Venezuela und Ecuador weisen nicht dasselbe Aroma auf, wie das der einfachen Forastero- Bohnen, deren Schokoladen herber und bitterer sind. Recht begehrt ist Trinitario, eine Kreuzung des edlen Criollo mit der Forastero. Als Nonplusultra gelten den Schoko-Experten renommierter Unternehmen wie Domori und Amadei jedoch der Porcelana, eine Unterart des Criollo. Das galt es zu erschmecken. Den 70prozentigen Kakao trennten vom 90prozentigen auf der Zunge mehr als 20 billige Prozentpunkte. Und dann erst die Desserts, die man daraus machen konnte. Ich war konvertiert, vom abendlichen Nascher zum Schokoschmecker.
    Von da an wurde bei jeder Reise nicht nur gut gegessen, sondern auch

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