100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten
Speisekarten, etwa mit Hühnerbrühe, Huhn, Pilzen, Wachteleiern und Ingwerwurzel. Doch es gibt sogar ein süßes Rezept mit gezuckerten Vogelnestern.
Schwein (iberisches Schwein)
Das arme Schwein an sich wurde schon immer verleumdet und schlecht behandelt. Allein der Stress, der den Tieren bei den brutalen Massentransporten angetan wird, hätte für mich schon gereicht, um zur »Verweigerin« zu werden. Als dem Schwein dann aus Raffgier auch noch eine zusätzliche Rippe angezüchtet wurde, war für mich Schluss: Ich habe mindestens 20 Jahre lang kein Schweinefleisch mehr gegessen – ohne etwas zu entbehren. Zumal inzwischen durch Blitzmästungen aus dem ehemals durchaus genossenen Schweineschnitzel oder Kotelett ohnedies eine wässrige, beim Braten um die Hälfte schrumpfende Sache geworden war.
Und dann stand auf Alfons Schuhbecks »Orlando«-Speisekarte plötzlich das »Ibero-Schwein« mit einer Kräuterfüllung. Das machte uns ganz unerwartet den Mund wässrig. Die Neugierde siegte über das Prinzip »niemals Schwein« – und wir wurden belohnt. So schmackhaftes Fleisch hatte ich schon lange nicht mehr auf dem Teller. Natürlich war es exzellent zubereitet, aber es war zu schmecken, dass das Fleisch an sich mit seinem wunderbaren Eigengeschmack der Hauptverursacher unseres Entzückens war. Später erfuhr ich, dass es sich um kleine, schwarze, halbwilde Schweine handelt, die frei herumlaufen können und viel länger leben dürfen als die unseren, in »Gefängnissen« gehaltenen.
Natürlich haben wir uns bemüht, an Ibero-Schweinefleisch zu kommen. Das geht jedoch nur auf Vorbestellung im Feinkostladen. Kann man sicher sein, dass das Schwein dann wirklich aus Spanien oder Portugal kommt?
Ebenso ungern wie selten erinnere ich mich an einen Besuch in der Schweinemast. Damals begrüßte der »Landwirt« (muss ich ihn so nennen?) mich mit den Worten: »Schlagen Sie bloß nicht die Tür zu, sonst kippen drei Schweine wieder vor Schreck mit Herzinfarkt um.« Die Schweine standen dicht gedrängt und fraßen eine Art Brei, den ich als Laie auch für Gülle hätte halten können. »Fett wie ein Schwein« waren sie auch nicht mehr, heute muss ja alles mager sein.
Ihre Koteletts waren billig, das Fleisch jedoch wäre im englischen Sprachraum als PSE (pale, soft, exudativ, also blass, weich, wässrig) klassifiziert worden. Und weil der Verbraucher die Schrumpfschnitzel nicht mag, existieren Patente, wie sich PSE-Fleisch durch Zugabe des Gewebeklebers Transglutaminase verbessern lässt (z. B. Milkowski und Sosnicki/Kraft Foods, Patent Application No. 659696, Foreign Patent References 0333528 EP. 09/27/1989). Mit diesem Enzym, das Fleischreste zu festen Schinken, aber ebenso Muschelfetzen zu vollfleischigen Jakobsmuscheln formt, hantieren auch sogenannte »Avantgarde-Köche«. Braucht man das, wo es doch auf der Iberischen Halbinsel so fantastische Produkte wie dieses kleine, schwarze Schweinchen mit den nach vorn hängenden Ohren gibt. Letz teres darf tatsächlich sein Leben in Eichenhainen verbringen und den Tag über Eicheln naschen. Es ist kleiner, flinker und leichter als unsere sogenannten Hausschweine: Eine Sau bringt etwa 100 bis 160 Kilo auf die Waage, ein Eber leicht 50 Kilo mehr.
Das Leben im Freien und die kohlehydrathaltige Naturkost wirken sich nicht nur positiv auf den Geschmack aus, sie sorgen auch für die feine, typische Marmorierung des Fleisches.
Eigentlich kann man es nicht oft genug sagen und schreiben: Ein Feinschmecker sollte auch ein wenig Tierschützer sein. Schon deshalb, weil natürlich ernährte und gehaltene Tiere besser schmecken. Das gilt übrigens auch für Tiertransporte: Etliche Züchter haben mir bestätigt, dass Stress nicht nur für das Tier, sondern auch für den Geschmack seines Fleisches Gift ist.
Am iberischen Schwein schmeckt einfach alles: Schinken, Wurst, Schulter, Filets … es ist insgesamt eine Ansammlung von Leckerbissen. Und den Geschmack mindert es nicht, dass Ursprung und Rasse des iberisches Schweines umstritten sind: Einige Gelehrte sehen es als eigene Art mit Namen »Sus mediterraneus«, andere als Unterart »Sus Scrofa mediterraneus«. Laut dem spanischen Ministerium für Agrikultur, Fischfang und Ernährung handelt es sich beim iberischen Schwein um eine Kreuzung aus »Sus scrofa ferus« und »Sus mediterraneus«.
Mir scheint es relativ sicher, dass in Deutschland als iberisches Schwein ausgezeichnetes Fleisch wirklich von diesen Schweinen kommt. Allerdings
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