100 - Leichengeflüster
es
natürlich, daß er kreuz und quer durch die Region reiste und ihm in den
Gesprächen mit seinen Klienten und Ratsuchenden manche seltsam klingende
Geschichte zu Ohren kam.
Vieles davon
war erfunden und erlogen, manches beruhte auf Halbwahrheiten - und in einigen
Fällen ließ sich eindeutig eine Gefahr ablesen, für die außergewöhnliche Kräfte
und Wesen in Betracht kamen.
Wenn ein
Ratsuchender zum Beispiel behauptete, daß er jemand kenne, der möglicherweise
ein Vampir war oder in Vollmondnächten zum Werwolf wurde, dann ließ er das
nicht auf sich beruhen.
Er machte der
PSA davon Mitteilung oder setzte alles daran, weitere Informationen zu
erlangen, um sich ein klares Bild zu verschaffen.
Fred Harrison
war dreiundvierzig Jahre alt. Seine Tochter war mit Nancy zur Schule gegangen. Harrison
hatte einen gradlinigen Charakter und war bei seinen Freunden und Bekannten
beliebt. Er hatte durch seine beratende Tätigkeit schon vielen jungen Menschen
helfen können und sich auch unter ihnen Freunde geschaffen.
Beim
Frühstück am Morgen sprach Mary-Ann offen über das, was sie von Nancy vor
wenigen Stunden erfahren hatte.
Fred Harrison
wurde hellhörig.
»Was hältst
du denn von der Sache, Dad ?« wollte die strohblonde,
burschikose Mary-Ann wissen und warf mit einer kurzen Kopfbewegung ihr weiches,
langes Haar zurück. »Ist doch eine komische Geschichte, nicht wahr ?«
»Wenn sie
echt ist - ja .«
»Nany hat
nicht gelogen. Sie war völlig fertig. Und getrunken hatte sie auch nichts.
Vielleicht ’nen Drink am ganzen Abend ..., aber so etwas reicht nicht aus, um
jemand den Verstand zu verwirren .«
»Das kommt
ganz darauf an, Mary. Wenn schon einige andere Sachen vorausgingen ...«
»Nancy ist
sauber, die nimmt keinen Stoff. So gut müßtest du sie eigentlich kennen .«
»Ich habe sie
lange nicht mehr gesehen. Vielleicht könntest du sie um die Mittagszeit mal
einladen. Ich möchte mir Nancy mal ansehen. Die Geschichte ist wirklich sehr
merkwürdig .«
»Glaubst du
an Geister und an Menschen, deren Seelen verflucht sind, Dad ?«
»Zumindest
kann ich es nicht abstreiten, Mary. Unsere Welt ist voller Geheimnisse. Und
wenn sich Gerüchte über UFO-Sichtungen oder Gespenster-Erscheinungen und
Berichte über andere merkwürdige Ereignisse über Jahre und Jahrzehnte hinweg
hartnäckig halten, dann muß wohl schon an der einen oder anderen Geschichte
etwas dran sein .«
Fred Harrison
sagte nur soviel, wie er verantworten konnte.
Die Sache
interessierte ihn. Allein ein einziger Name, den Nancy Tyler seiner Tochter
gegenüber genannt und den sie letzte Nacht angeblich während des gespenstischen
Rituals gehört hatte, elektrisierte den PSA-Agenten.
Der Name
»Rha-Ta-N’my« war gefallen ... Den konnte Nancy auf keinen Fall erfunden haben.
Rha-Ta-N’my war - wie Dr. Satanas und
der »Geflügelte Tod« - ein besonders gefährlicher und unberechenbarer Hauptgegner
der » Psychoanalytischen Spezial-Abteilung«. X-RAY-1, der geheimnisvolle Leiter
der kleinen, aber schlagkräftigen und auf der Welt einmaligen Organisation,
suchte nach Mitteln und Wegen, diesen furchtbaren Feinden das Handwerk zu
legen. Bisher war es leider nicht gelungen.
In immer neuen
Variationen und Formen verbreiteten sie Angst, Schrecken und den Tod.
Fred Harrison
begab sich nach dem Frühstück umgehend in sein Büro und telefonierte nach New
York. Er gab einen ersten detaillierten Informationsbericht. Das Telefonat
wurde von der Funkzentrale aufgenommen und von den Hauptcomputern sofort ausgewertet.
»Big Wilma«
und »The clever Sofie«, wie die beiden größten und leistungsstärksten
Elektronengehirne der Organisation scherzhaft im Jargon genannt wurden,
reagierten sofort. Sie waren so programmiert, daß beim Vorliegen bestimmter
Fakten X-RAY-1 umgehend informiert wurde, unabhängig von der Tageszeit.
In New York
war es zwei Uhr nachts, als in einem Haus in der Lexington Ave das Telefon
anschlug. Der Apparat stand neben dem Bett eines Mannes, der nach dem ersten Klingeln
hellwach war. Beim zweiten hob der Mann schon ab.
Das Tonband
mit der Aufnahme von Fred Harrisons Bericht wurde dem blinden Leiter der PSA
vorgespielt. David Gallun, der X-RAY-1 war, reagierte sofort, ohne sich um die
Zeit zu scheren, die man in der Tat als ungewöhnlich bezeichnen konnte.
Der
Nachrichtenmann Fred Harrison erhielt den Auftrag, die Berichterstatterin Nancy
Tyler, einen jungen Mann namens Brian Shanon und den Friedhof außerhalb von
Tiverton
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