100 Prozent Anders
diese „Ich rede nur noch mit dir auf der Bühne“-Shows von nun an häufiger stattfinden würden.
Später wurde mir klar, dass dieses beleidigte Verhalten wohl Dieters Reaktion auf die Fotosession in der Gala war. Er wollte vermutlich bestimmen, wo und in welcher Zeitung ich stattfinden durfte. Alles andere betrachtete er aus seiner Warte als illoyal. Ich definiere es einfach als eine Form von Eifersucht.
Dieter fühlte sich, als wäre er auf dem Olymp angekommen. Die Maschine Modern Talking lief wie von selbst. Im November fanden die Aufnahmen für das nächste Album statt. Im Januar die Fotosession und der Videodreh für die erste Single. Ab März die Promotion im In- und Ausland und im Mai/Juni die Tournee. Danach diverse Shows, um dann im November wieder neu zu starten. Immer, wenn Dieter vermeintlich fest „im Sattel“ saß, wurde es für ihn langweilig. Es musste immer ein neuer Kick her. In dieser Zeit war es das „Produkt“ Naddel. Nach all den Verwicklungen, nach dem Hin und Her mit Verona, hatte Naddel tatsächlich die Nachfolge von Feldbusch in der Sendung „Peep“ angetreten.
Dieter „managte“ jetzt Naddel und brachte sie in den Playboy. Wenn wir unterwegs waren, ging es früher bei seinen Telefonaten immer darum, wie man Modern Talking noch erfolgreicher machen konnte. Seit einiger Zeit ging es hingegen nur noch darum, wie man Naddel größer als Verona machen könnte. Ich war ganz entspannt. Frei nach dem Motto „Neue Besen kehren gut“ wusste ich, dass alles nur eine Frage der Zeit war – und der Kater eben das Mausen nicht lässt.
Naddel musste an ihren Lebensgefährten Dieter 20 Prozent ihrer Gage abgeben, und – so erzählte man –, sich sogar anteilig an den Übernachtungskosten in den Hotels beteiligen. Ob es stimmte? Es gibt nicht wenige, die sich das bei Dieter vorstellen können. Wenn ja, warum verhielt sich ein reicher Mann so gegenüber seiner Partnerin? Warum konnte Dieter seiner Naddel nicht einfach mal ein bisschen Kohle lassen, damit sie sich endlich etwas leisten konnte. Ohne ihn stets fragen zu müssen! Dieters Geiz und Raffgier jedenfalls waren legendär.
Durch den Bekanntheitsgrad von Naddel wurde es für Dieter immer schwieriger, sich so eingehend wie früher um seine „Fans“ zu kümmern. Die Presse lauerte überall.
Ein Coup aber gelang ihm dann doch noch. Dieter hatte irgendwo in einem Hamburger Teppichhaus eine „Nummer“ mit Janina, die als „Teppichluder“ in die Boulevardpresse eingehen sollte. Als ich die Titelzeile las, rief ich Dieter gleich an und fragte ironisch: „Hallo, Dieter, was ist das denn heute für eine Nummer?“ „Geil, was?“, sagte er, „geile Zeile in der Presse, das war so und so.“ Und er erzählte irgendwas von Mittagspause und umgefallener Yuccapflanze. „Eigentlich finde ich das schon ziemlich peinlich“, gab ich zur Antwort. „Wie, peinlich, ich dachte, du findest das auch geil? Die Leute reden jetzt wieder über mich und Modern Talking“, war seine Antwort.
Die Auftritte von Dieter wurden immer peinlicher und unangenehmer. Einmal saßen wir nach einer TV-Show in einem Restaurant zum Abendessen. Meistens bestellte Dieter sich frisch gepressten Orangensaft und ein Steak mit irgendwas. Nach dem Essen fragte er bei der Bedienung nach dem Koch.
Dieser kam auch nach ein paar Minuten ziemlich devot aus der Küche. „Hallo, Herr Bohlen, Sie wollten mich sprechen?“, fragte er erwartungsvoll. „Ja“, sagte Dieter, „ich wollte dir nur sagen, dass ich noch nie so beschissen gegessen habe.“ Oh, wie peinlich. Ich dachte nur: Boden geh auf!
In einem anderen Lokal gefiel ihm die Speisekarte nicht, und er ließ sich von der Bedienung eine Karte vom China-Restaurant nebenan bringen.
Ich habe mich immer wieder gefragt, warum sich die Menschen so etwas gefallen ließen? Würde man mit mir so umgehen, könnte der amerikanische Präsident vor mir sitzen, und ich würde ihn bitten zu gehen.
Immer wieder höre ich, dass die Menschen es so geil fänden, wenn Dieter Bohlen die Wahrheit sage. Was ist daran geil, Menschen, die einem erfahrenen Promi gegenüber sowieso verbal unterlegen sind, niederzumachen? Dieter würde wohl kaum mit jemandem, der mit ihm auf Augenhöhe ist, so verletzend und gemein umgehen.
Einmal hatten wir eine Show in Nürnberg, und ich saß danach mit meinem Tourmanager und meinem Tontechniker in der Bar. Plötzlich kam ein junger Typ auf mich zu und sagt: „Boah, ey, sind Sie Thomas Anders?“ –
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