100 Prozent Anders
Talking veränderte sich das Leben von Nora und mir quasi über Nacht.
Oft waren wir tagelang unterwegs, um dann für eine Nacht nach Hause zu kommen, die Koffer neu zu packen, und am nächsten Morgen ging es schon wieder los.
Nora merkte, dass ich durch meinen Erfolg beliebt und begehrt war. Es machte sich Eifersucht bemerkbar. Mir liegt Eifersucht fern, schon gar deren tragische Form, wie Nora sie liebte. Ich vertraue meinem Partner, und mein Partner sollte mir vertrauen. Ich sehe nicht in jeder tollen Frau eine Beute und nicht hinter jedem charmanten, gutaussehenden Mann gleich einen potenziellen Rivalen. Aber Nora sah eben hinter jedem attraktiven weiblichen Wesen eine Frau, die mich ihr ausspannen wollte. Sie hatte plötzlich eine totale Phobie davor, dass ich sie verlassen könnte. Ihre Eifersucht war total unbegründet, doch irgendwann hatte sich dieser Wahn in ihr fast schon krankhaft festgesetzt. Ich konnte nichts dagegen tun.
Beim Videodreh zur Single „You Can Win, If You Want“ kam es zu den ersten Konflikten und Verwerfungen im Erfolgsgefüge Thomas, Dieter, Plattenfirma. Nora wollte nicht, dass ich mit der weiblichen Hauptdarstellerin des Videos alleine im Ferrari fahre. Natürlich frage ich mich heute: „Was sollte das?“ Aber damals wollte ich einfach nur meine Ruhe. Es gab endlose Diskussionen zwischen Nora und der Plattenfirma wegen der Szene, in der die Hauptdarstellerin und ich allein in einem Ferrari durchs Bild fahren sollten. Nachdem Nora stundenlang herumgequengelt und einen Flunsch gezogen hatte, lag sie irgendwann, für die Kamera unsichtbar, in der „Notbank“ des Ferraris eingekauert zwischen mir und der Schauspielerin, um während des Videodrehs auf mich aufzupassen.
Bis heute frage ich mich, ob es klug war, dass die Plattenfirma jedes Mal, wenn Nora einen Tobsuchtsanfall bekam, einknickte und klein beigab. Denn Nora hatte schnell erkannt: „Mein Mann ist wichtig, und er bringt verdammt viel Geld für die Firma. Also kann ich mir alles erlauben.“
Unser Leben lief im Schnelldurchlauf an uns vorbei. Jeden Tag gab es neue Erfolgsnachrichten. Von „You’re My Heart, You’re My Soul“ wurden innerhalb weniger Wochen weltweit mehr als zwei Millionen Singles verkauft, das Album stand in zehn Ländern auf Platz eins. Auch die zweite Single stand schon auf Platz fünf der Charts in ganz Europa. Asien stieg ein, Südafrika auch. Wir waren manchmal an einem Tag in drei verschiedenen Ländern gleichzeitig. Morgens Oslo, mittags Amsterdam, abends Paris. Und immer dabei … Fryderyk Gabowicz, Fotograf der Zeitschrift Bravo. Alles wurde mit der Kamera festgehalten. Das Einchecken im Hotel, die Fahrt zum Fernsehsender, zur Radiostation, zu den Redaktionen der Magazine, die Auftritte in Clubs und Diskotheken, das Kaufen von Souvenirs, die Homestory im Hotelzimmer. Ich fiel nachts um drei Uhr todmüde ins Bett, und morgens um sieben Uhr ging schon wieder der Wecker, damit man den Flug nach Madrid nicht verpasste. Die Arbeit an unserem neuen Album stand an. Die Plattenfirma und auch Dieter wollten im Herbst ein neues Album auf den Markt bringen. Nach dem Motto, man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist. Wir nahmen also unser zweites Album auf: „In the Garden of Venus“.
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Als Demo-Song hatte ich zu Hause einen Titel, der mir nicht mehr aus dem Kopf ging: „Cheri Cheri Lady“. Leicht und simpel, aber der Song gab mir einfach ein gutes Gefühl. Dieter schickte mir für ein neues Album immer 40 bis 50 Songs zu, und ich traf meine Auswahl, so dass etwa 20 Titel übrig blieben. Davon suchte Dieter dann noch mal 12, 13 Titel aus, die ich dann im Studio einsang. „Hey Dieter“, rief ich ihn an, „warum hast du ‚Cheri Cheri Lady‘ rausgeworfen?“ „Findest du den Song denn gut?“, fragte er. „Echt? Ja, dann nehmen wir ihn wieder rein.“ „Cheri Cheri Lady“ sollte einer unserer größten Hits werden.
Der Song und das Album wurden wieder unangefochten Nummer eins.
Es fehlen mir etwas die Worte, um zu beschreiben, als wie außergewöhnlich und einzigartig wir alle diesen unfassbaren Erfolg empfanden. Vielleicht kann man die Situation mit der eines Lottospielers vergleichen, der in jedem Quartal erneut einen Sechser mit Zusatzzahl hat. Absolut irreal!
Die deutsche Presse überschlug sich in der Berichterstattung: „Unsere Goldjungs“ titelte die Bild. Wir waren der „Deutsche Exportschlager“ und „Modern Talking, das Phänomen“. Keine TV-Sendung war groß
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