Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
100 Stunden Todesangst

100 Stunden Todesangst

Titel: 100 Stunden Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
ihre Einkaufsnetze.
    Sie wählte
das größte.
    Vier
Fußbälle hätten hinein gepaßt. Aber es war so engmaschig geknüpft, daß nicht
mal ein Radieschen durchrutschen konnte.
    Oma legte
den Koffer auf den Tisch und klappte den Deckel hoch.
    Soviel
Geld! Unglaublich! Eine Riesenmenge!
    Sie begann,
alles in das Einkaufsnetz zu stopfen.
    Als sie den
letzten Schein hineingepreßt hatte, war es prall und rund.
    Sie ergriff
die Henkel und öffnete die Hintertür.
    Kalte Luft
drang herein.
    Durch den
Schnee führte Hartwigs Spur zum Zaun.
    An einer
Stelle fehlten vier Latten. Auch die Querbalken waren abgebrochen.
    Manchmal
wählten Jürgen und Fabian, die Nachbarskinder, diese Abkürzung, wenn sie zu ihr
kamen.
    Oma lief
los. Ihr Knie schmerzte. Sie war auch ziemlich aufgeregt, und kurz vor der
Zaunlücke wäre sie beinahe ausgerutscht. Aber sie bewahrte das Gleichgewicht
und setzte ihren Weg fort.
    Hartwigs
Spur verlief unter den Obstbäumen.
    Zu sehen
war er nicht. Also befand er sich bereits im Haus.
    Noch fünf
Schritte trennten Oma von dem Holzlattengerüst hinter der Garage. Auch die
legte sie zurück: durch wadentiefen Schnee.
    Unter den
Latten duckte sie sich durch, legte das geldgefüllte Einkaufsnetz in den
Schnee.
    Gebückt
faßte sie eine der Bohlen. Sie war vereist und nicht leicht. Aber es gelang
Oma, sie anzuheben und beiseite zu schieben.
    Dasselbe
geschah mit der zweiten Bohle.
    Damit hatte
sie eine Öffnung von ausreichender Größe freigelegt.
    Ein
schwarzer Schlund tat sich auf. Er führte steil in die Tiefe.
    Über den
Geruch, der ihm entstieg, verliert man besser kein Wort.
    Zitternd
vor Aufregung und Kälte ergriff Oma das Einkaufsnetz.
    Das geschah
keine Sekunde zu früh. Denn hinter der Schülthoffschen Hausecke knirschten
Schritte im Schnee.
    Hartwig
tauchte auf.
    Wie
angewurzelt blieb er stehen.
    „Keinen
Schritt weiter!“ rief Oma. „Sonst... Hier! Sehen Sie, was ich mache.“

    Nur mit
beiden Armen konnte sie das Einkaufsnetz ausgestreckt halten.
    Es hing
über der Öffnung.
    In Hartwigs
Grobgesicht zog die Käseblässe ein.
    Er glotzte.
Sein Kinn sackte herab. Er sah, was das Netz enthielt. Er sah’s genau. Ein
Schmerz — wie nach einem Tritt vor den Magen — breitete sich in ihm aus.
    „Was...
soll das, Rehm?“
    „Ich habe
hier das Geld“, sagte Oma tapfer. „Die ganze Beute. Und wissen Sie, was das
hier im Boden ist? Vielleicht riechen Sie’s. Unsere Straße ist leider noch
nicht an die Kanalisation angeschlossen. Deshalb befindet sich auf jedem
Grundstück eine Senkgrube. Alle Gruben sind zwar mit schweren Zementplatten
abgedeckt, damit niemand hineinstürzt. Aber hier, bei Schülthoff, ist am Montag
die Platte zerbrochen. Bis die neue geliefert wird, liegen nur Bohlen über der
Öffnung. Verstehen Sie mich? Wenn ich jetzt loslasse, ist Ihre Beute für immer
verloren. Es wäre fast so, als würde ich die Scheine ins Feuer werfen.“
    „Zum
Teufel, was soll das?“
    „Haben Sie
telefoniert?“
    „Klar.“
    „Und was
ist?“
    „Was soll
sein, Rehm?“
    „Haben Sie
Ihre Komplicen erreicht?“
    „Habe ich.
Nachher irgendwann werden sie hier antanzen. Dann, Rehm, sind wir weg, wie
versprochen. Also kein Grund zur Panik.“
    „Für Sie
bin ich Frau Rehm. Und hören Sie auf, mich zu duzen. Das ist ungehörig. Ich
habe es Ihnen nicht erlaubt, einem Menschen wie Ihnen würde ich es sowieso nie
erlauben. Halt! Bleiben Sie, wo Sie stehen!“
    Hartwig
hatte sich — unauffällig, wie er glaubte — einen Schritt in ihre Richtung
bewegt. Aber Oma paßte auf.
    „Also, Frau
Rehm, was soll das Theater?“
    „Ich kann
nicht verhindern, daß Sie entkommen. Aber ich will wenigstens das Geld retten.
Ich bleibe hier stehen, bis Sie und Ihre Kumpane weg sind. Wenn sich jemand mir
nähert, lasse ich das Geld in die Senkgrube fallen. Dann ist es zwar verloren.
Aber es wäre auch verloren, wenn Sie damit flüchten. Daß sich Verbrechen nicht
lohnt, das sollen Sie jetzt begreifen.“
    Hartwig
starrte sie an.
    Das Blut
war in sein Gesicht zurückgekehrt.
    Um die
Augen schienen sich Falten zu bilden.
    Preßte er
die Lippen aufeinander?
    Oma stellte
fest, daß sie nur noch strichdünn waren. Wie böse das aussah!
    „Rehm“,
sagte er rauh, „hör genau zu, du alte Glucke. Was ich dir sage, ist mein
tödlicher Ernst. Für dieses Geld habe ich mein Leben riskiert. Es sind 1,2
Millionen. Im Moment ist mir das wichtiger als alles andere. Ich komme jetzt zu
dir. Und ich werde das Netz nehmen. Wenn

Weitere Kostenlose Bücher