100 Tage Sex
Problem: Wie quetsche ich auch noch Sex dazwischen?«
Ich wandte mich wieder kurz meiner Zeitschrift zu. Da drehte sich Annie plötzlich grinsend zu mir.
»Ich habe eine Idee«, verkündete sie. »Warum gründen wir nicht unseren eigenen Club, nur dass wir das Ganze umdrehen? Bei uns soll es nicht um hundert Tage Enthaltsamkeit gehen. Im Gegenteil, lass uns an hundert Tagen hintereinander Sex haben!«
Ich musterte Annie lange. Sie meinte es ernst, das sah ich genau.
Was für ein toller Tag!, dachte ich.
Und dann: Das ist total verrückt!
1
Was hilft uns, das Ziel zu erreichen?
ICH LIEBE MEINE FRAU, das versteht sich von selbst. - Als wir uns begegneten, waren wir beide Mitte zwanzig und arbeiteten in Philadelphia bei einem Verlag für wissenschaftliche und medizinische Schriften. Ein paar Monate nachdem ich dort angefangen hatte betrat ich den Pausenraum - und da stand Annie. Es war ihr erster Tag in der Firma. Sie raubte mir buchstäblich den Atem. Ich rang nach Luft, als wäre ich gerade zwölf Kilometer durch das Stadtzentrum gejoggt. Das üppige Haar, die fröhlichen Augen, das verblüffend lausbübische Lächeln verzauberten mich und ließen mir die Knie weich werden. Sofort überkam mich Nervosität. Ich befand mich gerade mitten in einer komplizierten Beziehung, und als ich Annie sah, wusste ich, dass ich für sie sofort alles stehen und liegen lassen würde. Wenn sie mich denn wollte.
Doch erst zwei Jahre später waren wir beide gleichzeitig ungebunden. Endlich war die Bahn frei. Unser erstes Rendezvous. Wir plauderten auf der Terrasse ihres kleinen Reihenhauses, gingen in ein Tapas-Restaurant und besuchten danach ein Konzert in einem angesagten Club. Wegen der Lautstärke blieben wir aber nicht lange dort,
schließlich wollten wir uns unterhalten und nicht stumm auf eine Bühne starren. Annie lud mich zu sich ein, wo sie eine ganze Palette verschiedenster Käsesorten auftischte, mit Kräckern und Trauben und einer Flasche Wein. Wir stürzten uns darauf und redeten und redeten und redeten. Und lachten viel. Am nächsten Morgen ging ich wie auf Wolken, trunken vor Glück und fröhlich verwirrt.
Vierzehn Jahre später war ich das immer noch, aber die Magie der Romanze war in eine gefestigte Liebe übergegangen, in ein anerkennendes Verstehen ihrer Welt. Endlos unterhielten wir uns darüber, wo wir gerne leben würden. Wieder und wieder besprachen wir, wie wir unsere Töchter erziehen wollten. Regelmäßig unterhielten wir uns ausführlich über unsere Arbeit und unsere Träume. Aber über Sex redeten wir nie ernsthaft, obwohl er doch unsere Beziehung über das Stadium der reinen Freundschaft hinauskatapultiert hatte. Das lag vermutlich schlicht daran, dass wir das Thema peinlich fanden. Über Kochen und Essen konnten wir uns ewig unterhalten, gern tauschten wir auch einen Tratsch über die Eltern von Klassenkameraden unserer Töchter aus, aber offen über unser Sexleben reden? Lieber nicht.
Doch jetzt, nach Annies überraschender Initiative - lassen Sie mich das noch einmal betonen: Meine Frau hat vorgeschlagen, hundert Tage hintereinander mit mir zu schlafen -, fing das Thema an, mich zu packen. Klar glaubte ich, dass auch bei uns im Bett mehr Abwechslung durchaus guttäte, über die üblichen Berührungen und Bewegungen hinaus, die unseren Alltag im Bett bestimmten. Natürlich konnte Sex mehr sein als gelegentliche Triebbefriedigung und Beziehungskitt. Könnte Sex eine größere
Rolle in unserem Leben übernehmen? Und wenn ja, würde sich das auf unsere Beziehung auswirken? Ändert sich irgendetwas, wenn man es hundert Tage hintereinander tut?
Eines Samstagabends, bald nach meiner Rückkehr aus Florida, verloren wir uns in einer besonders erotischen Begegnung, in einem energiegeladenen Ballwechsel von Orgasmen. »Wow, DJ«, sagte Annie, die mich schon seit den frühen Tagen unserer Beziehung DJ (für Douglas Jeffrey) nennt, »lass es uns weiter so machen!«
Ich lag noch schwer keuchend auf dem Bett, Arme und Beine von mir gestreckt. Ich fühlte mich, als prickelte Kohlensäure in meinem Blut, als hätte ich gerade eine Champagnerinfusion bekommen.
Lass es uns weiter so machen! Aber konnte es wirklich gelingen, eine solche Intensität über hundert Tage aufrechtzuerhalten? Etwas eingeschüchtert dachte ich: Leichter gesagt als getan.
Sicher, bei einigen Gelegenheiten würde während unserer hunderttägigen Odyssee richtig die Post abgehen, aber vermutlich doch nicht jedes Mal? Tag 46, an einem
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