Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

100 Tage Sex

Titel: 100 Tage Sex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Brown
Vom Netzwerk:
Ich blieb den ganzen Tag im Bett, den Laptop auf den Knien, und schwelgte in Immobilien-Pornografie. Ich suchte nicht in Burlington, Baltimore oder Boston. Sondern in Colorado.
    »Tolle Küche, aber kein Garten.«
    »Hübscher Garten, aber an einer stark befahrenen Straße.«
    »Tolles Haus, aber zu abgelegen in den Bergen.«
    Meine Mutter rief an; sie machte sich Sorgen um meine Gesundheit.
    »Lass dich mal komplett durchchecken«, mahnte sie mich. »Wer weiß, was dir fehlt. Vielleicht steckt hinter dem Schwindelgefühl doch mehr. Geh noch mal zum Arzt!«
    »Tu ich, Mama.«
    »Vielleicht liegt es ja auch an dem vielen Sex«, sagte sie, »und du überanstrengst deinen Körper. Macht ihr es noch?«
    Schon wieder.
    »Ja, Mama. Wir sind noch dabei. Ich glaube nicht, dass das etwas mit meiner Krankheit zu tun hat.«
    »Gib Acht auf dich, Schatz. Dad und ich machen uns wirklich Sorgen.«
    Dad schaltete sich ein.
    »Dir geht’s wieder gut?«

    »Ja, Dad. Null problemo.«
    »Wie läuft der Marathon?«
     
    Um 21.40 Uhr an diesem Abend dachte ich bewusst darüber nach, wie wenig Interesse ich gerade an Sex hatte. Genauer gesagt, hatte ich gar keins.
    Ich wollte unter der Decke liegen und lesen, dann das Licht ausmachen und einschlafen, sonst nichts. Am frühen Abend hatte ich einen weiteren Schwindelanfall gehabt, glücklicherweise nur eine kurze Phase leichter Benommenheit, die aber dennoch meine Nerven strapazierte und meine Libido dämpfte.
    »Weißt du, worüber ich heute beim Yoga nachdenken musste?«, fragte Annie später, nachdem wir uns zusammen im Internet ein paar Häuser angesehen hatten. »Ich las diesen Satz in einem Buch von Baron Baptiste. Er schreibt, man solle sich nicht auf nowhere , nirgends, konzentrieren, sondern sich einfach ins now here , jetzt hier, ergeben. Kapiert? Jetzt hier.«
    »Schon verstanden«, antwortete ich geistesabwesend, noch immer ganz versunken im »vielleicht dort« der Immobiliensuche.
    Sie neigte ihren Kopf. »Fällt dir irgendeine Veränderung auf?«, fragte sie.
    »Neue Frisur?«
    »Meine Augenbrauen!«, rief sie. »Ich fragte heute Michelle, meine Wachs-Frau, und sie überschlug sich schier vor Begeisterung. Als ob es sie schon lange in den Fingern gejuckt hätte, sich meine Augenbrauen vorzunehmen. Ich fand das fast schon peinlich. Waren sie so schlimm?«
    »Ich hatte nie was an ihnen auszusetzen.«

    »Na ja, ich finde meine neuen Augenbrauen jedenfalls super!«, sagte sie. »Ich wirke mit ihnen zwar fälschlicherweise hellwach, aber das ist schon in Ordnung. Ein guter Ausgleich für all den Schlaf, der mir fehlt.«
    Und dann enthüllte Annie ihre frisch enthaarte Intimzone. Das Radio spielte, und Annie präsentierte die silberne Patrone, wie auf einem Tablett. Mit neuen Batterien; die alten hatten in einer früheren Runde ihr Leben ausgehaucht.
    »Die Patrone ist zurück«, sagte ich. »Hallo, alter Freund.«
    »Weißt du, dass die Batterien dafür 11,57 Dollar kosten?«, fragte Annie hinterher. »Aber dann dachte ich mir, was ist ein leicht erreichter Orgasmus wert?«
     
    Auch am nächsten Tag blieb ich noch daheim. Annie und ich schafften einen Quickie, während die Kinder in der Schule beziehungsweise im Kindergarten waren. Am Tag 68 unseres Sex-Festivals ging ich wieder in die Redaktion, mein erster Arbeitstag seit dem teuflischen Schwindelanfall. Meine Kollegen schienen besorgt. Nachdem ich den Horror der vergangenen Tage beschrieben hatte, drängte einer meiner Chefs mich, gleich wieder nach Hause zu fahren. Ich blieb, bekam aber nicht viel geregelt. Ich fühlte mich ziemlich belämmert.
    Auf der Fahrt nach Hause telefonierte ich mit meinem Bruder, und wie üblich richtete es mich auf, seine Stimme zu hören. Sie ist wie eine Rutsche, die mich - genau wie die Stimmen meiner Eltern - sofort in die glücklichen Tage meiner Kindheit zurückgleiten lässt. Zweifellos idealisiere ich diese Zeit, und genau in dieser selektiven Erinnerung könnte die Wurzel meiner Unzufriedenheit
mit Colorado liegen. Vielleicht hatte ich viel zu fixe Vorstellungen davon, was Heimat, was ein Zuhause ausmachte? Schließlich hatte ich Annie und zwei wunderbare Töchter, einen Job, genug Geld, um ein Haus zu kaufen. Warum fing ich nicht einfach an, mir ein eigenes Zuhause aufzubauen? Heimat - das waren doch einfach wir, oder?
    Das wurde mir allmählich immer klarer. Und ich halte es nicht für unangemessen, diese Erkenntnis dem Marathon gutzuschreiben, zumindest zum Teil. Durch die körperliche

Weitere Kostenlose Bücher