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100 Tage Sex

Titel: 100 Tage Sex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Brown
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Ich hing nur noch über der Schüssel oder krümmte mich am Badboden. Ich zitterte, meine Zähne schlugen aufeinander, gleichzeitig lief mir der Schweiß herunter. Die Übelkeit war so intensiv, so gnadenlos, dass ich heulte. Später erzählte mir Annie, ich hätte mehrmals geschrien: »Mach, dass das aufhört!« Derweil rief Annie einen engen Freund in Florida an, der als Arzt in der Notaufnahme arbeitete und uns schon oft geholfen hatte. Er schickte mich ins Krankenhaus und diktierte Annie eine Liste mit Medikamenten, die man mir dort verschreiben sollte. Auch unsere Hausärztin drängte uns, sofort ins Krankenhaus zu fahren. Stattdessen kroch ich zurück ins Bett und schlief ein. Die Vorstellung, mich in ein Auto zu setzen, zum Krankenhaus zu fahren und dort herumzuhocken und zu warten, schien mir absurd, geradezu obszön.
    Währenddessen versuchte Annie, die Kinder vor meinem schauerlichen Gestöhne zu bewahren. Sie rief in Gingers Kindergarten an und fragte, ob Ginger ausnahmsweise an diesem Montag kommen durfte. Dann telefonierte sie mit der Mutter einer Klassenkameradin von Joni und brachte Joni dorthin. Um halb neun mussten beide Kinder das Jammern ihres erbärmlichen Vaters nicht mehr mit anhören.
    Einige Stunden später saß ich in der Notaufnahme. Reden kostete zu viel Kraft. In meinem leeren Gehirn kreiste nur das immer gleiche Mantra. Hätte Annie doch wenigstens
auf der Fahrt zum Krankenhaus mal auf die Yoga-CD verzichtet! Der Singsang war in mein Hirn gekrochen, wo er sich über Stunden festsetzte:
    Hare Krishna, Hare Krishna, Krishna, Krishna, Hare, Hare, Hare Rama, Hare Rama, Rama Rama, Hare Hare.
    Namaste, Annie. Nachdem ich stundenlang vornübergebeugt dagesessen und dem Hare-Krishna-Gesang in meinem Kopf zugehört hatte, empfing mich endlich eine Ärztin. Ich erwähnte, dass ich bereits in der Vorwoche krank gewesen war und mich mit übrig gebliebenen Antibiotika selbst therapiert hatte.
    »Sagen Sie mal, welchen Beruf üben Sie aus?«, fragte sie.
    »Ich bin Journalist«, antwortete ich und erwartete, sie würde so etwas sagen wie: »Toll, was für ein interessanter Beruf! Haben Sie ein festes Themengebiet? Haben Sie je einen Mafioso interviewt? Den Präsidenten?«
    Stattdessen sagte sie: »Also, Sie sind kein Arzt. Trotzdem stellen Sie die Diagnose und verordnen sich eine Therapie. Was soll das?«
    Verblüfft antwortete ich: »Nun, da gibt es dieses Internet, und dieses andere Ding namens Google. Ich kombinierte die beiden und machte einen Schlachtplan …«
    »Na prima«, sagte sie. »Dem haben wir wahrscheinlich Ihre Schwindelgefühle und Ihre Übelkeit zu verdanken.«
    Sie verschrieb mir drei Medikamente und schickte mich heim. Die Mädchen, die am Morgen mitbekommen hatten,
wie schlecht es mir ging, schienen erleichtert, dass ich mich nicht mehr wie ein abwechselnd wütender und trauriger Werwolf anhörte. Wir brachten die Kinder ins Bett, ich duschte rasch und glitt zwischen die Laken. Sex? Grauenhafter Gedanke! Allein die Vorstellung, mich rhythmisch zu bewegen, war mir zuwider. Was, wenn mir wieder schlecht würde? Und dann hatte ich mir ja noch die Seele aus dem Leib gekotzt. Ich war ganz heiser davon, und meine Kehle fühlte sich wund an. Ich war benommen. Sex? Keine Chance. Aber dann dachte ich an die angepeilte olympische Goldmedaille.
    Wenn ich tatsächlich heute Sex habe, dann bin ich der König, dachte ich. Kein Mann war je so krank und hat es trotzdem getrieben. Kettenkarussell-Sex? Eine Weltpremiere.
    Als Annie ins Bett kam, fragte ich sie: »Und, bereit?«
    Sie nickte. »Tag 65.«
    Unser Sex an diesem Abend muss einer der schnellsten Quickies seit Menschengedenken gewesen sein. Weder Annie noch ich hatten den geringsten Spaß daran. Bemerkenswert war dieser Abend lediglich als weiterer Schritt auf unser Ziel zu. Will ich so etwas jemals wiederholen? Nein. Nur noch vergessen.
     
    »Das gestern hat mir echt Angst gemacht«, sagte Annie am nächsten Morgen. »Mir wurde erst richtig klar, wie schlecht es dir ging, als ich sah, wie du dich an die Toilettenschüssel geklammert hast. Da sah man, dass du dachtest, du würdest dich bewegen.«
    »Ich fühlte mich wirklich wie auf einem Horror-Karussell.«

    »Trotzdem hast du es noch geschafft, mit mir zu schlafen.«
    Ich strahlte. Mein treuer Begleiter hatte dem ganzen Schwindel getrotzt und sich erhoben. Das Büro allerdings würde warten müssen. Ich war immer noch sehr benommen und fühlte mich nicht imstande, zur Arbeit zu fahren.

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