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1.000 Euro für jeden

Titel: 1.000 Euro für jeden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz W. Adrienne; Werner Goehler
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verschlungen hätten. Und die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) hätte ihren selbstgesteckten Zielen näher kommen können, wenn sie dem Dorf einen Kleinbus und eine Solaranlage zur Verfügung gestellt hätte. Überhaupt hätte wirksame Entwicklungspolitik verhindern müssen, dass die Regierung die Bahnstation schließt und die Menschen statt 32 Namibia-Dollar jetzt fast das Doppelte für den Transport auf der Straße ausgeben müssen.
    Nicht, dass der namibischen Regierung die Entscheidung überdie Einführung des BIG mit deutscher Entwicklungshilfe abgenommen werden sollte. Nein, die SWAPO, die in ihrem Parteinamen das »Volk« trägt, sollte ihren eigenen Auftrag ernst nehmen und der Kommissionsempfehlung folgen, für deren Sinnhaftigkeit das Pilotprojekt in Otjivero ein so eindrucksvoller Nachweis ist.
    Dennoch kann man sich nicht der Vorstellung entziehen, auf welch fruchtbaren Boden die größte Pro-Kopf-Entwicklungshilfe fallen könnte, mit der Deutschland weltweit ein Land bedenkt, wenn sie bei den Menschen direkt ankäme. Das Haus des Herrn Niebel gibt jährlich 30 Millionen Euro an Namibia, das privilegierte »Partnerland der deutschen Entwicklungszusammenarbeit«. Fünfzehn Euro pro Person wären eineinhalb Monate Grundeinkommen, in der Art des Zehnten, den man dazugeben könnte.
    Überhaupt bringt die Erfahrung in Otjivero die entscheidende Frage auf die Tagesordnung: Weshalb wird die klassische Entwicklungshilfe, die weltweit Korruption stark und Machthaber, Despoten, Diktatoren, Clans und Warlords reich gemacht, aber Armut nicht wirklich bekämpft hat, nicht radikal auf das bedingungslose Grundeinkommen umgestellt?
    Wie könnte man besser dem Wohle und der Würde der Menschen gerecht werden? Wie besser die Richtlinien des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) umsetzen: »Die Entwicklungszusammenarbeit versucht generell, Menschen dabei zu helfen, ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Ziel (…) ist vor allem, Armut zu bekämpfen und weltweit die Kluft zwischen Arm und Reich zu verringern. Entwicklungszusammenarbeit wird heute als globale Struktur- und Friedenspolitik verstanden. Sie soll helfen, Krisen und Konflikte friedlich zu bewältigen, Ressourcen gerechter zu verteilen und die Umwelt zu bewahren.«
    Die BIG-Koalition hat ihre Vision benannt, wie diesen Zielen näherzukommen ist: Grundeinkommen erst in Namibia, dann in Afrika, dann in der gesamten Welt. Dann erst könnten wir beginnen, von Gerechtigkeit in der Welt zu sprechen, sagen die Mitglieder der Koalition ernsthaft und feierlich.

12. Kapitel:
    Finanzierung des
Grundeinkommens
    Was kostet das Grundeinkommen?
    Sosehr das Grundeinkommen vielen einleuchtet, so treibt sie doch die zweifelnde Frage um: Können wir uns ein Grundeinkommen für alle überhaupt leisten?
    Tausend Euro für jeden – das sind bei einer Bevölkerung von 83 Millionen immerhin Gesamtkosten von 83 Milliarden Euro. Im Monat! Wäre ein solches Grundeinkommen Realität, müsste, wie bereits erwähnt, eine Summe von rund einer Billion Euro im Jahr aufgebracht werden. Das gesamtdeutsche Bruttoinlandsprodukt lag 2009 bei 2,4 Billionen Euro, die natürlich nicht voll zur Verteilung anstehen, denn erst müssen von ihnen die anfallenden Abschreibungen und die Produktions- und Importabgaben abgezogen werden. Nur das, was dann bleibt, ist disponibel, und das waren in 2009 rund 1,8 Billionen Euro. Hätten wir davon mehr als die Hälfte, eine Billion Euro, an die Bevölkerung ausschütten sollen?
    Das wäre zu kurz gedacht: Das Grundeinkommen soll ja nicht jedem in die Hand gedrückt werden wie eine Schachtel Pralinen. Diejenigen, die ein Einkommen haben – sei es durch Arbeit, sei es durch Finanzgeschäfte –, bekommen das Geld nur theoretisch. Faktisch wird das Grundeinkommen mit denzu zahlenden Steuern verrechnet. Es wirkt also zunächst nur wie ein Steuerfreibetrag, den der Staat ja auch heute schon vielen Menschen gewährt, wenngleich je nach Lebensumstand in unterschiedlicher Höhe.
    Der Staat gewährt aber nicht nur Steuerfreibeträge. Seine Sozialausgaben betrugen in 2009 rund 750 Milliarden Euro, das wären bei gleichmäßiger Verteilung rund 9000 Euro je Einwohner. Neun Jahre vorher, im Jahr 2000, waren es noch 650 Milliarden Euro, also 7800 Euro je Einwohner. Offenbar sind die monatlichen »Tausend Euro für jeden« keine Utopie. Wir bewegen uns mit der Höhe der Sozialausgaben zügig in diese Richtung.
    André

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