1.000 Euro für jeden
Presse vom Institut für Entrepreneurship der Universität Karlsruhe (TH) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hat deswegen in seiner Dissertation über das Thema »Grundeinkommen – Ideen und Vorschläge zu seiner Realisierung« nicht nur theoretische Kosten ermittelt, sondern genau ausgerechnet, welchen Mehraufwand ein bedingungsloses Grundeinkommen bedeuten würde. Denn genau wie bei einem Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn ist nicht relevant, was die Tickets insgesamt kosten, sondern was für die Fahrten im Öffentlichen Personennahverkehr im Verhältnis zu den bisherigen Autofahrten aufzuwenden ist. Und in diesen Relationen ist das Grundeinkommen ausgesprochen günstig zu haben. Nach André Presse gibt es – bei einem Grundeinkommen in Höhe von tausend Euro – nur einen Differenzbetrag, also einen Mehraufwand, von etwa dreißig Milliarden Euro.
Dieses »Mehr« macht weniger als drei Prozent unserer Staatsausgaben in 2009 aus. Damit wäre die Armut aus Deutschland verbannt und wäre die erhöhte Kaufkraft der Nun-nicht-mehr-Armenals Treibstoff für den Konjunkturapparat bereitgestellt: zum Nutzen aller.
Für die Einkommensteuer haben wir heute wie selbstverständlich einen Einkommensteuerfreibetrag, weil wir sagen: Es ist doch klar, dass wir das Existenzminimum steuerfrei halten müssen. Wir wollen als Gesellschaft nicht, dass Menschen verhungern, weil sie von einem Einkommen in Höhe des Existenzminimums auch noch Steuern bezahlen müssen. Für die Konsumsteuer beziehungsweise die Mehrwertsteuer haben wir den noch nicht.
Statt Hartz-IV-Angst einfach
Geld aufs Konto
Was die Finanzierung des Grundeinkommens angeht, könnten wir im Prinzip sofort den Systemwechsel vollziehen. Wir könnten uns ein bedingungsloses Grundeinkommen schon heute leisten! Jetzt. Sofort. Schalter umlegen und los. Statt bürokratischer Odysseen gibt es einfach Bares aufs Konto. Alles andere bleibt, wie es war.
Die Kosten wären dieselben, egal ob wir unser heutiges System beibehalten oder auf Grundeinkommen umstellen. Der Unterschied: Unser heutiges Sozialsystem ist kompliziert, teuer und ungerecht. 155 verschiedene Sozialleistungen existieren für Bedarfsberechtigte, 38 verschiedene Behörden übernehmen die Verteilung. Das reicht von Erziehungsgeld und der Bezuschussung der Riester-Rente bis zur Kriegsopferfürsorge. Trotzdem bleiben viele Bedürftige auf der Strecke. Beim Grundeinkommen von tausend Euro für jeden wäre damit Schluss, es wäre nicht nur existenzsichernd, sondern sicherte auch die kulturelle Teilhabe.
Solange man nicht mehr Geld ausgeben will, als man hat, ist klar, dass die Höhe des bedingungslosen Grundeinkommens von der Höhe des Steueraufkommens abhängig ist, egal durch welche Steuerart das Geld eingenommen wird. Die Höhe des Grundeinkommens ist demnach der erste Knackpunkt, die Art und Höhe der Steuern der zweite, die gesamtgesellschaftliche Wertschöpfung der dritte. Die würde, wie weiter unten beschrieben wird, durch Grundeinkommen und Konsumbesteuerung steigen. Beides ist und bleibt eine politische Entscheidung. In den Diskussionen über das Grundeinkommen müssen – wenn denn mal die Stufe des »ob überhaupt« überwunden ist und man sich dem »wie« zuwendet – diese Fragen immer miteinander verquickt werden.
Grundeinkommen aus der Steckdose?
Bei den Steuern ist es wie mit dem Strom. Letztlich weiß man nicht, wie er in die Steckdose kommt. Wir haben mehr als dreißig Steuerarten in Deutschland. Das reicht von der vieldiskutierten Einkommensteuer über die Umsatzsteuer, die Gewerbesteuer und die Zinsabschlagssteuer bis zur Energie-, Tabak- und Branntweinsteuer und der Kraftfahrzeug-, Grunderwerb- und Erbschaftssteuer.
Das alles ist nichts als eine hochkomplizierte und wenig effiziente Umverteilungsmaschinerie, die sich vereinfachen undverbessern ließe, wenn es denn politisch wirklich gewollt wäre. Alle bisherigen Versuche, die Steuer so einfach zu regeln, dass sie auf einem Bierdeckel auszurechnen ist, sind bislang an mangelnder politischer Durchschlagskraft gescheitert. Denn jede noch so kleine Änderung hat eben konkrete Auswirkungen auf einzelne Personengruppen, die sich mit aller Vehemenz gegen die Reform wehren.
Vermutlich werden die meisten Menschen spontan sagen, dass sie zu viel Steuern und Abgaben zahlen. Nach einigem Nachdenken werden sich viele korrigieren und sagen, dass sie weniger das Zahlen von Steuern und Abgaben im Allgemeinen stört als die Höhe und die
Weitere Kostenlose Bücher