1.000 Euro für jeden
konkrete Verwendung der Gelder. Augenblicklich wird das am deutlichsten beim Unmut der Bevölkerung, für die Bankenrettung geradestehen zu müssen, während bei den Sozialeinrichtungen mit ihrem Geld empfindlich gespart wird.
Es ist völlig unstrittig, dass das heutige Prinzip unterschiedlicher und getrennt ermittelter Steuer-, Abgaben- und Transferzahlungen oftmals bloß zu einer uneffektiven Umverteilung der Gelder aus der einen Tasche in die andere führt. Das bedingungslose Grundeinkommen ist die Chance, das undurchschaubare Geflecht von personenbezogenen Steuern, Abgaben und Transfers zu einem einzigen universalen Steuer-Transfer-Instrument zusammenzuziehen – mit dem Vorteil, dass alle davon profitieren, weil eben alle das Grundeinkommen bekommen.
Bei der Besteuerung geht es im Kern nur um eine einzige Frage: Wie viel von unserem insgesamt erwirtschafteten Wohlstand wollen wir privat konsumieren? Und wie viel zweigen wir für die Erfüllung jener Gemeinschaftsaufgaben ab, die wir in demokratischen Verfahren als notwendig oder wünschenswertbestimmt haben? So gesehen sind Steuern zunächst nichts anderes als der Ausdruck eines gesellschaftlichen Teilungsverhältnisses.
Für die Ausführungen zur Finanzierung des Grundeinkommens trennen sich kurzzeitig die Wege der beiden Autoren. Während Götz Werner das Konsumsteuermodell für die Möglichkeit hält, nicht nur das Grundeinkommen zu finanzieren, sondern mehr Gerechtigkeit zu schaffen, und dies auch begründet, kann und will sich Adrienne Goehler auf diese Finanzierungsart nicht festlegen. Einmal, weil sie weder Ökonomin noch Steuerexpertin ist, vor allem aber, weil der Paradigmenwechsel, der sich mit dem Gedanken verbindet, Einkommen von Arbeit zu trennen, ein so gewaltiger ist, dass sie ein vorgelagertes Modellprojekt fordert, das durch interdisziplinäre Forschung wissenschaftlich begleitet wird. Dabei müssen auch Finanzierungsmöglichkeiten durchgespielt werden, vor allem aber kommt es Goehler darauf an, die sozialen, ökonomischen und psychischen Herausforderungen, die ein Grundeinkommen bedeutet, in einem offenen Prozess zu verstehen und nachvollziehbar zu machen. Dabei müsste auf die Einhaltung der genannten vier Kriterien des bedingungslosen Grundeinkommens geachtet werden:
Es müsste existenzsichernd sein, an jeden und jede Einzelne ausgezahlt werden (statt an nur eine Person im Familienverbund), es dürfte mit ihm keine Bedürftigkeitsprüfung einhergehen und auch kein Zwang zur Arbeit.
Vier Wege zum Grundeinkommen
Ziel und Nutzen eines bedingungslosen Grundeinkommens sind, dass Menschen endlich in Ruhe arbeiten können, frei von Existenzangst. Um diesen Zustand konkrete Gestalt annehmen zu lassen, gibt es über die radikale Änderung des Steuersystems hin zur Konsumsteuer hinaus, über die noch zu sprechen sein wird, inklusive der Modellprojekte vier Wege. Grundsätzlich gilt dabei der alte Leitsatz: Die Besteigung des höchsten Gipfels beginnt mit dem ersten Schritt. Durch Modellprojekte, die Methode der kleinen Schritte, die »Wellenmethode« und durch eine konsequente »Negative Einkommensteuer«.
1. Das Modellprojekt
Bei dieser Methode, deren Verfechterin Adrienne Goehler ist, würde man das Grundeinkommen zunächst beschränkt auf einen Zeitraum von fünf Jahren beziehen, als Modellversuch begleitet von Forschungsteams – das würde selbstverständlich ein paar Milliarden kosten. Und man müsste versuchen zu gewährleisten, dass diejenigen, die sich zu dem gemeinsamen Experiment verpflichten, während der gesamten Zeit der Studie Teil des Projekts blieben. Man könnte etwa in Mecklenburg-Vorpommern anfangen oder in Berlin, oder in Oberhausen, einer klassisch schrumpfenden und überalterten Stadt, oder Duisburg, das vor noch nicht langer Zeit für Aufsehen sorgte. Dort wurde, um zu sparen, die Wassertemperatur in städtischen Schwimmbädern gesenkt. Alldiesen Orten ist gemeinsam, dass die öffentliche Hand immer klammer wird und die sozialen Verwerfungen mit Händen zu greifen sind, wenn Bücherhallen die Öffnungszeiten verkürzen müssen oder gar schließen, wenn die Jugend- und Alteneinrichtungen kein Personal mehr einstellen können und die Kaufkraft der BewohnerInnen so gering ist, dass immer mehr Geschäfte schließen müssen.
Egal, wo ein solches Pilotprojekt stattfinden würde, es könnte bzw. müsste vom Forschungsministerium, gemeinsam mit weiteren öffentlichen Bundes- und Landesgeldern, Unternehmen und Stiftungen
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