1000 Wünsche hast du frei: Wo Träume wahr werden (German Edition)
strafte sie ihn mit Gleichgültigkeit, und dagegen war er machtlos.
“Könntest du bitte gehen?” Sie schlang die Arme um sich, als wollte sie sich dadurch vor ihm schützen.
Auch wenn er der letzte Mensch war, der ihr wehtun würde – sie würde ihm niemals glauben. Zumindest vorläufig nicht.
“Zuerst möchte ich, dass du etwas verstehst. Ich bin für eine Story über deinen Ex hierher gekommen. Es war nie meine Absicht, dir wehzutun oder dich zu benutzen …” Er verstummte, da er selbst merkte, wie schwach seine Verteidigung klang. Und wenn er auch nur ein bisschen nachgedacht hätte, wäre ihm klar geworden, dass er sie unausweichlich verletzen würde. Jetzt blieb ihm nichts weiter zu tun, als wenigstens ihren Wunsch zu respektieren. “Ich werde gehen”, sagte er daher und ließ sie allein.
Juliette warf das letzte Kleidungsstück in ihren Koffer und zog den Reißverschluss zu. Entspann dich, und sei ganz du selbst, dachte sie voller Selbstironie. Offenbar spielte es überhaupt keine Rolle, ob sie die pflichtbewusste Tochter spielte, die Verlobte eines jungen, aufstrebenden Politikers oder nur Juliette Stanton, die Frau, war – sie war stets dazu prädestiniert, benutzt zu werden.
Als es an der Tür klopfte, atmete sie erleichtert auf. Sie hatte einen Abendflug für heute nach Chicago gebucht und nach jemandem geklingelt, der ihr Gepäck zum Hauptgebäude der Anlage brachte. Doch statt des Pagen stand Merrilee vor ihrer Tür.
“Ich hörte, Sie reisen vorzeitig ab”, sagte die ältere Frau.
“Meine Pläne haben sich geändert.” Juliette trat zur Seite und ließ die Besucherin herein.
“Das Leben verläuft selten nach Plan.”
Juliette runzelte die Stirn. “Das können Sie laut sagen.” Sie hatte nicht damit gerechnet, sich zu verlieben, schon gar nicht erneut in einen Mann, der sie von Anfang an belog.
“Würden Sie mir glauben, wenn ich Ihnen sage, dass das Unerwartete oft besser ist als alles, was man geplant hat?”
“In diesem Moment? Sicher nicht.” Juliette versuchte zu lachen und brach stattdessen in Tränen aus. Die Emotionen, die sie in den letzten Stunden unterdrückt hatte, brachen mit aller Macht hervor.
Merrilee legte ihr die Hand auf den Rücken, und Juliette versuchte ihre Besorgnis wegzuwischen wie ihre Tränen. Doch beides ließ sich nicht so leicht abtun, und schließlich erzählte sie Merrilee in groben Zügen, was in den letzten beiden Tagen passiert war.
“Ich komme mir lächerlich vor”, sagte Juliette, nachdem sie sich ausgeweint hatte. Schniefend nahm sie ein Taschentuch.
“Ich wüsste nicht, wieso. Wir machen alle mal schlechte Zeiten durch. Aber wieso sind Sie so fest davon überzeugt, dass Doug nicht meinte, was er sagte? ‘Ich liebe dich’ kommt einem Mann gewöhnlich nicht so leicht über die Lippen.”
“Mein Misstrauen hat etwas mit meinen schlechten Erfahrungen zu tun”, erwiderte Juliette.
“Sie meinten mit Ihrem Exverlobten?”
“Ja. Stuarts Liebeserklärung war für ihn bloß ein Weg, sich in meine Familie einzuschleichen und die Gunst meines Vaters zu erlangen.”
“Und Doug? Ich hatte den Eindruck, dass Sie ihm wirklich etwas bedeuten.”
“Auch Doug wollte etwas von mir.”
“Er hat es bekommen. Aber er hat sein Wissen noch nicht benutzt”, erinnerte Merrilee sie. Juliette hatte ihr nur erzählt, dass er bestimmte Informationen von ihr haben wollte, nicht, worum genau es sich handelte.
“Das kann sich schnell ändern.”
Merrilee tätschelte ihre Hand. “Es gibt viele Möglichkeiten, eine Geschichte zu erzählen. Darf ich Ihnen einen Rat geben?”
Juliette nickte. Da ihre Schwester und ihre Eltern zu weit weg waren, um ihr beizustehen, würde sie jeden Rat annehmen, den diese gütige Frau anzubieten hatte.
“Bleiben Sie unvoreingenommen, und, was noch wichtiger ist, verschließen Sie Ihr Herz nicht.” Merrilee sah Juliette eindringlich an. In ihren Augen lag eine Weisheit, wie sie nur Menschen entwickeln, die schon alle Höhen und Tiefen erlebt haben. “Sind Sie sicher, dass ich Sie nicht davon überzeugen kann, doch noch länger zu bleiben?”
Juliette seufzte. “Ja. So schön dieser Ort auch ist, ich muss wirklich nach Hause. Ich schiebe einige Dinge schon zu lange vor mich her und muss endlich handeln.” Einen Moment lang zog sie in Erwägung, Merrilee von Stuart zu erzählen, entschied sich letzten Endes aber dagegen. Das Schicksal hatte nicht grundlos einen bestimmten Weg eingeschlagen. Zumindest war
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