1001 Kuss - und dann Schluss
einmal gekannt hatte? „Aber ich kenne ihn.“ Lucy ließ nicht locker. „Ich bin sicher, er würde mich auch gern sprechen.“
Der Mann lachte verächtlich. „Sie haben ja keine Vorstellung, wie viele Menschen das schon gesagt haben.“
Mit Menschen meint er vermutlich Frauen, dachte Lucy und kam sich plötzlich sehr dumm vor. Wie musste das denn klingen, wenn plötzlich ein junges Mädchen anrief, von dem noch nie jemand etwas gehört hatte, und den Geschäftsführer eines multinationalen Konzerns zu sprechen verlangte.
„Außerdem steht uns ein Feiertag ins Haus. Dann wird sowieso niemand hier sein, der Sie empfangen könnte“, erklärte der Mann abweisend. „Falls Sie trotzdem hier auftauchen sollten, werden Sie niemanden vorfinden. Hier ist alles geschlossen von …“
„Ab wann?“, fragte Lucy schnell.
„Ab Donnerstag.“ Der Mann klang erstaunt, weil sie noch immer nicht aufgab.
Das war in drei Tagen. „Perfekt. Können wir unser Treffen dann für Mittwoch einplanen?“
„Unser Treffen?“ Dieser Taschenspielertrick verblüffte den Mann. „Haben Sie mich nicht verstanden? Es wird kein Treffen geben, Miss …“
„Tennant.“
„Auf Wiederhören, Miss Tennant.“
Der Mann hatte einfach den Hörer aufgelegt! Lucy war fassungslos. So eine Unverschämtheit! Erneut war sie in einer Sackgasse gelandet. Doch damit konnte sie sich nicht abfinden. Die rüde Abfuhr hatte sie zwar erschüttert, aber aufhalten ließ sie sich dadurch nicht. Sie musste an ihr Baby denken. Niemand würde sie davon abbringen, Mac zu sehen. Entschlossen griff sie erneut zum Hörer und buchte einen Flug.
5. KAPITEL
Gerade hatte der Flugbegleiter die Passagiere des Linienflugs über die unmittelbar bevorstehende Landung auf der Isla de Sinnebar informiert. Neugierig beobachtete Lucy den Landeanflug über dem tiefblauen Meer. Die kleinen weißen Punkte entpuppten sich als Segelboote. Die Insel leuchtete wie ein Patchworkquilt in den Farben Cremeweiß, Grün, Gold und Braun. Im Hintergrund schimmerten lilafarbene Berge. Das Flugzeug setzte zur letzten Kurve an und überflog eine Stadt. Weiße Türme schimmerten im Dunst. Kein Wunder, dass Mac hier ein Büro besaß. Wenn die Isla de Sinnebar nur halb so bezaubernd war, wie sie von der Luft aus wirkte, war er ein glücklicher Mann.
Aber er hatte in mehrfacher Hinsicht Glück. Er wurde Vater. Würde Mac nur einen Bruchteil der Liebe empfinden, die sie selbst für ihr ungeborenes Baby verspürte, wäre er der glücklichste Mann auf Erden. Das jedenfalls wünschte sie sich. Hoffentlich hatte er überhaupt Zeit, sich trotz seiner Arbeit auch seinem Kind zu widmen. Sonst würde ihm unendlich viel entgehen, und das täte ihr sehr leid für ihn und das Kind.
Energisch schob Lucy diese Gedanken fort. Es war früher Morgen, und sie wollte direkt vom Flughafen zu Macs Büro fahren. Dort würde sie so lange warten, bis er Zeit für sie hatte. Es kam nicht infrage, dass man sie abwies. Schließlich ging es hier nicht um einen Höflichkeitsbesuch, sondern um das Glück ihres Babys.
Langsam wurde die Zeit knapp, da Lucy auch noch einen neuen Job finden musste. Darum hatte sie auch nur einen Kurzaufenthalt auf der Isla de Sinnebar geplant. In 36 Stunden hob ihr Flieger schon wieder ab – vor dem Feiertag, der hier offensichtlich alles zum Stillstand brachte.
Lucy wandte den Blick ab und versuchte, ruhig zu bleiben. Doch natürlich war sie aufgeregt, weil sie nicht wusste, was sie in dem fremden Land erwartete. Andererseits vertraute sie blind darauf, dass Mac ihr Kind sofort lieben würde. Sie musste einfach daran glauben, dass er begeistert auf die Neuigkeit reagieren würde, insbesondere, wenn sie ihm versicherte, dass sie die Verantwortung für ihr Baby allein tragen würde. Trotzdem nagte der Zweifel an ihr, ob Mac sich tatsächlich so verhalten würde, wie sie es von ihm erwartete.
Denk positiv, sagte sie sich. Selbst während eines so kurzen Aufenthalts könnte sie die Schönheiten dieses Landes genießen, wo stets die Sonne schien. Während des zwölfstündigen Flugs hatte sie einen bequemen Jogginganzug getragen, den sie jedoch rechtzeitig vorm Landeanflug gegen ein leichtes Leinenkostüm getauscht hatte. Beim Wiedersehen mit Mac wollte sie möglichst professionell wirken. In Gedanken hatte sie verschiedene Szenarien der Begegnung durchgespielt, um auf jede seiner etwaigen Reaktionen vorbereitet zu sein. Eins war ihr dabei sehr wichtig: Sie durfte auf keinen Fall die Fassung
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