1001 Kuss - und dann Schluss
Heft aus der Hand.
Sein untrüglicher Instinkt schockierte sie so sehr, dass sie im ersten Moment sprachlos war. „Ja, ich bin schwanger“, gab sie schließlich zu.
„Du bist schwanger?“ Razis Tonfall machte ihr Angst.
Einen verträumten Moment lang stellte sie sich Razi al Maktabi als Beschützer und liebevollen Vater vor, doch dann kehrte sie in die Wirklichkeit zurück. Er würde niemals eine Fremde, die dazu noch zu seinem Küchenpersonal gehörte, als Mutter seines Kindes anerkennen. Gleichzeitig käme es für ihn nicht infrage, dass sein Kind das Land verließe. Sie hatte ihm die Wahrheit gesagt und war verloren. Doch das wäre sie auch gewesen, wenn sie es nicht getan hätte. Dann hätte sie ihrem Kind nämlich nicht in die Augen sehen können.
„Jetzt wird mir auch klar, warum du vorhin in Ohnmacht gefallen bist und warum du so blass warst, als wir hier in der Wüste eingetroffen sind.“ Wütend funkelte er sie an. „Hast du eigentlich überhaupt kein Verantwortungsgefühl? Denkst du immer nur an dich selbst? Ist dir dein Kind egal? Oder …“
„Oder?“ Lucy fiel ihm ins Wort. Seine Anschuldigungen hatten sie getroffen. Diese Vorwürfe konnte sie nicht auf sich sitzen lassen. „Oder du bedeutest mir mehr, als du wissen kannst.“
Ungläubig schrie er auf und ein tiefer Schmerz huschte über sein Gesicht. Ein Schmerz aus der Vergangenheit, der ihm noch immer zusetzte.
„Ich bin schwanger, Razi“, sagte Lucy ruhig. „Das ist eine Tatsache und Grund zur Freude. Du wirst dich schon daran gewöhnen. Ich habe es ja auch getan.“
Er sollte sich daran gewöhnen? Schon jetzt veränderte die Nachricht ihn. Ein Baby? Er war hin und her gerissen und wagte kaum zu hoffen. „Ein Baby oder unser Baby?“, fragte er misstrauisch.
„Mein Baby.“
„Du weichst mir aus, Lucy.“ Während er sie kühl musterte, erkannte er, dass sie dieses Baby liebte, seit sie von der Schwangerschaft wusste. Razi zweifelte nicht an Lucys mütterlichen Instinkten. Bis zum letzten Atemzug würde sie ihr Kind verteidigen. Er beneidete sie um dieses tiefe Gefühl. Doch Lucys Gedanken drehten sich nur um das Baby und ihre Mutterpflichten. Diese leidenschaftliche neue Liebe machte sie realitätsblind. Sie lebte in ihrer kleinen Welt und konnte ja nicht ahnen, welche Auswirkungen es auf ein Land wie Isla de Sinnebar haben würde, wenn die Neuigkeit durchsickerte. „Woher weißt du, dass es unser Kind ist?“, wollte er wissen. Inzwischen hatte er sich wieder beruhigt und wartete gespannt auf die alles entscheidende Antwort.
„Weil es keinen anderen Mann gegeben hat“, erklärte sie und wirkte verletzlicher denn je, als sie das in aller Unschuld zugab.
Trotzdem versuchte Razi, hart zu bleiben. „Woher soll ich das wissen? Wie soll ich wissen, ob ich dir vertrauen kann?“
Ihr ruhiger Blick beschämte ihn. Aber er ließ nicht locker. „Woher soll ich wissen, dass ich nicht einer von vielen Gästen war, die du … unterhalten hast?“
In letzter Sekunde hielt er ihre Hand fest, sonst hätte er eine schallende Ohrfeige verpasst bekommen.
„Lass mich sofort los!“ Verzweifelt versuchte Lucy, sich aus dem harten Griff zu befreien.
„Ich lasse dich los, wenn du dich beruhigt hast und mir die Wahrheit sagst. Die ganze Wahrheit, wenn ich bitten darf.“
Das war nicht der zivilisierte Mann, den sie in Val d’Isère kennengelernt hatte, sondern ein kriegerischer König, der vor innerem Schmerz und Zorn außer sich war. „Lass mich los! Selbstverständlich ist es unser Baby. Ich war nie mit einem anderen Mann zusammen. Wenn du es ganz genau wissen willst, kannst du ja nach der Geburt einen Vaterschaftstest machen lassen.“
Immer noch hielt Razi ihre Hand fest.
„Glaubst du wirklich, ich wäre um die halbe Welt geflogen, wenn ich nicht hundertprozentig wüsste, dass du der Vater meines Kindes bist?“ Wütend funkelte sie ihn an. „Ich sage die Wahrheit.“
Endlich ließ Razi sie los.
„Ich habe auch einen Kontoauszug, aus dem du ersehen kannst, dass ich dein Geld nicht angerührt habe.“
„Dann ist dir dein Restaurant also am wichtigsten, dein Kind steht an zweiter Stelle, und erst an dritter Stelle erzählst du mir von unserem Baby?“ Er machte eine ungläubige Geste.
„Das ist doch Unsinn, Razi.“ Sie hatte nie beabsichtigt, ihn zu belügen.
„Wann wolltest du es mir erzählen, Lucy? Wann?“
„Nach meiner Rückkehr nach England“, gab sie kleinlaut zu. „Ich dachte ja, ich würde hier auf den
Weitere Kostenlose Bücher