1001 Kuss - und dann Schluss
undenkbar. Er dachte gar nicht daran, sich mit einer Nebenrolle zufriedenzugeben!
„Ist meine Existenz peinlich für deine Frau?“
„Meine Frau?“ Er war noch immer unglaublich wütend und versuchte, sich zu konzentrieren.
„Du wirst doch sicher bald heiraten. Ich muss das wissen. Schließlich muss ich mein Kind beschützen. Du willst mich sicher nicht hier auf deinem Inselstaat haben, wenn du heiratest. Ich könnte ja deine weiße Weste beschmutzen.“
„Es gibt keine Ehefrau, und es wird wahrscheinlich auch nie eine geben“, brüllte er. Kurz blitzte das Gesicht seiner Cousine Leila vor seinem geistigen Auge auf. Er hatte sie zurück zur Uni geschickt, weil es ihr sehnlichster Wunsch war, ihr Studium zu beenden. Ihren geldgierigen Vater hatte er mit einer stolzen Summe dazu bewegt, Leila in Ruhe zu lassen.
„Dann bist du also mit deinem Job als Herrscher verheiratet?“, fragte Lucy.
„Und wenn es so wäre?“
„Für mein Baby wünsche ich mir etwas anderes, Razi. Wenn es in deinem Leben keine Liebe gibt, kannst du auch deinem Land nicht gerecht werden.“
„Das lass bitte meine Sorge sein“, antwortete er barsch. „Mich interessieren die Fakten. Was verlangst du für dein Kind, Lucy?“ Er war schon dabei, einen Betrag zu kalkulieren.
Ihr verletzter Blick sagte ihm unmissverständlich, dass ihr Kind nicht zum Verkauf stand. „Ich möchte, dass mein Baby geliebt wird“, erwiderte sie schlicht.
„Aber du hast gerade gesagt, ich wäre unfähig zu lieben.“
Darauf antwortete sie nicht. Das war auch gar nicht nötig, denn ihm waren selbst Zweifel gekommen. Seinen Ärger darüber ließ er ausgerechnet an dem Menschen aus, der es am wenigsten verdient hatte. „Du hättest mir sofort mitteilen müssen, dass du schwanger bist. Dann hätten wir etwas arrangieren können.“
„Was denn?“, fragte sie furchtsam und hob abwehrend den Arm, als wollte sie sich vor Schmerzen schützen. „Nein, ich will es nicht hören, Razi. Du könntest Dinge sagen, die dir hinterher leidtun.“
Er wandte sich ab, bis er sich etwas beruhigt hatte. „Ich spreche davon, dass ich dich und das Baby unterstützt hätte.“
„Vorausgesetzt ich bin diskret?“
„Hast du wirklich geglaubt, du könntest mir etwas verheimlichen?“
„Das wollte ich doch gar nicht. Warum wäre ich sonst hier?“
„Und du meinst, ich würde mich damit abfinden, im Leben meines Kindes keine Rolle zu spielen? Da kennst du mich aber schlecht, Lucy.“
In dem Punkt hatte er recht, das musste sie zugeben. Zwar hatten sie intimste Stunden miteinander verbracht und waren doch Fremde geblieben, die jetzt gemeinsam an einem Wendepunkt des Lebens standen. Sie mussten einander besser kennenlernen, um herauszufinden, wie es weitergehen sollte. Versöhnlich erklärte sie: „Ich wollte dir nichts verheimlichen, Razi. Ich habe die ersten drei Monate abgewartet, um sicherzugehen, dass ich das Baby nicht verliere.“
Seine Reaktion schockierte sie. Razi wandte sich ab und schlug die Hände vors Gesicht. Offensichtlich war es das erste Mal, dass er vor einem unlösbaren Problem stand. Lucy ließ ihm Zeit, sich zu beruhigen. Sie spürte, wie sehr ihn etwas belastete und hätte ihm gern geholfen. Gleichzeitig war sie aber auch froh über diese leidenschaftliche Reaktion des Mannes, der in den vergangenen Stunden so kühl und abweisend gewesen war.
Irgendwie musste es doch gelingen, ihre Differenzen hinter sich zu lassen. Das waren sie ihrem Kind schuldig. Doch heute erschien Razi ihr unerreichbar. Instinktiv spürte sie, was ihn so mitnahm: Einerseits musste er sein Land mit eiserner Faust regieren, um es zu modernisieren, andererseits war da auch der warmherzige, leidenschaftliche Razi. Warum konnte er sein Land nicht mit Liebe und Menschlichkeit regieren? Vielleicht konnte sie ihm helfen, einen Kompromiss zu finden. Behutsam zupfte sie an seinem Ärmel.
Razi wandte sich langsam um und schaute sie an.
Er las eine Fülle von Fragen in Lucys Blick, die er lieber nicht beantworten wollte, weil es ihr das Herz brechen würde. „Ich habe entschieden, wie es weitergeht“, erklärte er.
Es gab keinen Grund, Lucy zu misstrauen. Schließlich wusste er ja, dass sie vor seiner Ankunft im Chalet noch Jungfrau gewesen war. Nun überlegte er, wann er der Öffentlichkeit die frohe Kunde von seiner Vaterschaft mitteilen sollte. Den Stammesältesten würde er die Tatsache, dass er als unverheirateter Herrscher bereits ein Kind gezeugt hatte, als Beweis
Weitere Kostenlose Bücher