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1001 Lüge Bezness-das Geschäft mit den Gefühlen europäischer Frauen und Männer

1001 Lüge Bezness-das Geschäft mit den Gefühlen europäischer Frauen und Männer

Titel: 1001 Lüge Bezness-das Geschäft mit den Gefühlen europäischer Frauen und Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Kern
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und drehte vollkommen durch. Er schloss sich ein, betrank sich mit Hochprozentigem und kam irgendwann sturzbetrunken aus dem Zimmer. Bis dato wusste ich überhaupt nichts von der Existenz einer SMS auf meinem Handy, war mir auch keiner Schuld bewusst. Er beschimpfte mich, dichtete mir einen Liebhaber an. Ich beteuerte, nur ihn zu lieben, da er der Mann meines Lebens sei. Ich drang nicht zu ihm durch. Im Gegenteil: Meine Beteuerungen machten ihn nur noch wütender und er bezichtigte mich der Lüge. Dann rastete er aus und schlug mir zweimal mit der Faust ins Gesicht. Der Nachbar, von dem die besagte SMS stammte, hatte wohl unseren Streit gehört. Er klingelte und wollte wissen, was denn los sei. Ich bat ihn inständig, R. zu erklären, dass zwischen uns nichts sei. Leider goss mein Nachbar noch Öl ins Feuer: Er lachte R. aus und erklärte ihm, dass er ein Spinner sei. Das brachte R. nun endgültig auf die Palme. Er stürmte in die Küche und nahm zwei Messer an sich. Dann kam er wieder zurück, entschuldigte sich bei mir und rammte sich theatralisch die Messer in den Bauch. Obwohl die Verletzungen nicht schwer waren, rief ich einen Krankenwagen. Dieser brachte ihn zunächst ins Krankenhaus, wegen Selbstmordgefahr danach in die Psychiatrie. Dort blieb er zehn Tage, ich besuchte ihn täglich.
    Als er wieder zuhause war, regelte sich unser Alltag wieder. Ich genoss mein Glück mit meiner kleinen Familie. 2008 wurde unsere Tochter geboren, drei Monate später heirateten wir.
    Während all dieser Zeit brodelte es in meinem Mann. Er fühlte sich von meiner Familie nicht akzeptiert, warf meiner Mutter vor, sich in unser Leben einzumischen, war mit seiner Arbeit als Bauhelfer kreuzunglücklich. Darunter litt unser Familienleben zunehmend. Er, der lange Zeit den toleranten Weltbürger gespielt hatte, kehrte nun den fundamentalistischen Moslem heraus. Er regte sich auf, dass unser Sohn als Besucher eines katholischen Kindergartens beim Essen manchmal das Kreuzzeichen machte, wollte nicht, dass er am Martinsumzug teilnimmt: Kurzum, er kam mit der christlichen Umgebung immer weniger zurecht. Trotz aller Schwierigkeiten hielt ich aber weiter zu ihm und versuchte immer das Beste daraus zu machen.
    2009, während unseres Sommerurlaubs in Tunesien, dämmerte mir, dass wir uns fremd geworden waren. Mein Mann warf mir vor, mich verändert zu haben. Wir entfernten uns tatsächlich voneinander. R. reagierte, indem er mittels seines Glaubens Gräben aufwarf, wo vorher keine waren. Nun sollte unser Sohn streng muslimisch aufwachsen, möglichst keine Kirche mehr von innen sehen, was angesichts des Besuchs eines konfessionellen Kindergartens eher schwierig ist. Wir redeten nur noch das Nötigste, das anschließende Weihnachten, sonst das Familienfest schlechthin, wurde zu einem Albtraum.
    Rückblickend weiß ich, dass er seinerzeit die Rückkehr nach Tunesien vorbereitete. Während eines Kurzurlaubs in seiner Heimat, wobei ihn unser Sohn begleitete, machte er Nägel mit Köpfen. Er bewarb sich um Arbeit, besichtigte Wohnungen und richtete sich auf dauernde Rückkehr ein. Als er wieder bei uns war, verkündete er seine Zukunftspläne. Wir sollten in seine Heimat gehen, da es uns dort besser erginge als hierzulande, schließlich sei die Fünfjahresfrist um. „Bist du dabei?“, wollte er unmissverständlich wissen. „Erst einmal muss unsere Ehe wieder so sein wie sie war“, entgegnete ich. „Hopp oder topp“, er bestand auf meine sofortige Entscheidung. „Unter diesen Voraussetzungen gehe ich nicht mit“, beschloss ich.
    Übles ahnend, versteckte ich meinen Reisepass und die der Kinder. Wohl nicht gut genug, denn R. fand sie und versteckte sie seinerseits. Ich hatte zu jener Zeit eine Nachtarbeit als Tankstellenkassiererin angenommen, um das Familieneinkommen zu verbessern. Deswegen schlief ich häufig tagsüber.
    Dann kam jener Schicksalstag, den ich wohl nie vergessen werde. Meine Mutter stand in der Türe, mit ihrem Handy wedelnd. „Du bist schuld“, konnte ich in seiner SMS an sie lesen, während sie mich fragte, wo die Kinder seien. Bald wurde es zur schrecklichen Gewissheit: Mein Mann hatte meine Nachtschicht ausgenutzt und unsere Kinder in seine Heimat entführt. Für mich brach eine Welt zusammen.
    Die folgenden sieben Monate verbrachte ich in einem Delirium aus Psychopharmaka, zwischen Hoffnung und Verzweiflung, Wut und Enttäuschung. Meine Kinder fehlten mir unendlich, ich wollte sie nur wieder zurück haben, koste es, was

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