1001 Nacht mit dem Wüstenprinzen
hatten, diesmal vor einer riesigen versammelten Menge. Der Trauring an ihrem Finger fühlte sich schwer an, er kam ihr wie ein Brandzeichen vor.
Jetzt war sie mit Sadiq verheiratet. Er war ihr Ehemann.
Wenige Schritte von ihr entfernt, unterhielt er sich mit ihrem Bruder und kehrte ihr den breiten Rücken zu. Samia musste daran denken, wie sie sich im Liebestaumel an ihn geklammert hatte …
Sie seufzte. Wie ein ferner Traum kam ihr das jetzt vor. Seitdem hatte Sadiq nicht mehr mit ihr geschlafen, und das machte ihr zu schaffen, weil sie ständig an die leidenschaftlichen Szenen der vorweggenommenen Hochzeitsnacht denken musste.
Anfangs war sie sich verwegen vorgekommen, weil sie der Tradition ein Schnippchen geschlagen hatten, doch das war schnell in Enttäuschung umgeschlagen, nachdem Sadiq nun entschlossen zu sein schien, sie auf Abstand zu halten. Manchmal war er sogar zusammengezuckt, wenn sie ihn in den seltenen Augenblicken, die ihnen allein blieben, auch nur berührt hatte. So war sie jetzt besonders empfindlich, auch, nachdem sie gesehen hatte, wie die Schönen unter den Gästen Sadiq umschwirrten. Ab und zu fragte sie sich sogar, ob die eine oder andere mit ihm geschlafen hatte.
Zu ihrer Unsicherheit trug weiter bei, dass ihr Bruder ausgerechnet in Begleitung der Frau erschienen war, mit der sie ihn nie wiederzusehen erwartet hätte … der Engländerin, die ihm vor Jahren das Herz gebrochen hatte. Während er Sadiq mit Julia bekannt machte, hatte Samia ihrem Bruder einen irritierten Blick zugeworfen, auf den er nicht reagiert hatte. Und seitdem hatte sich keine Gelegenheit mehr ergeben, Kaden darauf anzusprechen.
Die erste Zeremonie war nur schlicht gewesen – mit einer Handvoll Regierungsvertreter als Zeugen hatten sie und Sadiq die Gelübde in einem Amtszimmer abgelegt. Dennoch hatten die nüchternen Worte Samia tiefer berührt, als sie erwartet hatte. Das war die offizielle Trauung gewesen. Doch der kurze Akt war nur der Auftakt der aufregendsten und farbenfrohsten zweiundsiebzig Stunden ihres Lebens gewesen.
Jetzt kam Samia all das seltsam unwirklich vor. Sie hatte einfach getan, was von ihr erwartet wurde: Das Ehegelübde mit Sadiq in einer westlichen, aufwendigeren Zeremonie ein zweites Mal wiederholt und erleichtert auch diese Hürde hinter sich gebracht, ohne vor großem Publikum in Gefühlsregungen auszubrechen.
An den ersten beiden Tagen war sie zurückhaltend aufgetreten, tagsüber in traditionellen Al-Omar-Kaftanen und in Paris gefertigten Schleiern, abends in kostbaren Coutureschöpfungen. Es hatte sie berührt und sehr glücklich gemacht, dass Sadiq auch Simone zur Hochzeit eingeladen hatte. Die weltgewandte Französin hatte ihr das ganze Wochenende über geholfen, sich endlose Male umzuziehen. Gerade war Simone ihr behilflich gewesen, das reich verzierte Brautkleid gegen ein dunkelblaues Abendkleid zu wechseln.
Jetzt wandte ihr frisch angetrauter Ehemann sich zu Samia um und sah sie eindringlich an, als wüsste er, was in ihr vorging. Tatsächlich war Samia in einer gefährlichen Stimmung, weil sie sich erschöpft und unsicher fühlte. Drei Tage unter enormem Druck hatten sie bis an ihre Grenzen gefordert. Als Sadiq zu ihr herüberkam, wurde es still im Saal. Er trug eine schmucke Militäruniform, an der Seite einen juwelenbesetzten Degen. Wortlos reichte er Samia die Hand. Es wurde Zeit für ihren ersten öffentlichen Tanz. Näher waren sie sich seit Tagen nicht gekommen.
Bebend und völlig überfordert ließ sie sich von Sadiq zur Tanzfläche geleiten. Gereizt flüsterte er ihr zu: „Falls es dir nicht zu viel abverlangt, könntest wenigstens zu lächeln versuchen. Immerhin beobachten über fünfhundert Zuschauer jede unserer Bewegungen. Ich weiß, es ist anstrengend für dich, aber das Ganze ist fast vorbei.“
Vom ständigen Auf und Ab ihrer Gefühle zermürbt, stichelte Samia: „Und von den fünfhundert dürften mindestens dreihundert bedauern, einen Liebhaber verloren zu haben.“
Sadiq zog sie fester an sich und lächelte gefährlich. „Eifersüchtig, Samia? Hier dürften höchstens zweihundert Damen versammelt sein, und Herren wirst du mir doch wohl nicht Liebhaber andichten …?“
Seine ironische Anspielung machte sie wütend, am liebsten hätte sie ihn einfach auf der Tanzfläche stehen lassen. Zwischen ihnen knisterte es bedrohlich, dann sagte Sadiq leise etwas – und küsste sie. Wie aus weiter Ferne vernahm Samia den tosenden Beifall der Anwesenden, auf
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