1001 Nacht - und die Liebe erwacht
Briefbündel, das sie entdeckt hatte. âNicht ein einziger Brief ist je nach Rom geschickt worden.â
âDas liegt vermutlich daran, dass deine Mutter auf Englisch geschrieben hat.â
âUnd die Zofe verstand nur Sinnebalesisch. Aber das hier hat sie sicher auch ohne Sprachkenntnisse verstanden.â Sie betrachtete einige Fotos, auf denen sie als Baby in den Armen ihrer Mutter abgebildet war.
âDas wird wohl so sein.â
Aufgebracht sprang Antonia auf. âUnd wieso habe ich die nie erhalten? Warum hat die niemand nach dem Tod meiner Mutter zurück nach Rom geschickt?â
âWahrscheinlich weil man sie übersehen hatâ, behauptete er ausweichend. Gleichzeitig erregte ihn die leidenschaftliche Konfrontation. âBist du hier fertig?â Er hielt ihr die Tür auf.
Langsam schüttelte sie den Kopf und musterte Raâid zornig. âDu hast wirklich kein Herz.â
Als er sie nur schweigend anschaute, rief sie: âIch gebâs auf. Aber bilde dir nur nicht ein, wir wären hier schon fertig.â
â Du bist hier fertig. Ich werde ein Zimmer im Palast für dich herrichten lassen. Wenn wir morgen zusammen zum Fort wollen, ist es besser, wenn du hier übernachtestâ, entgegnete er kühl und bat sie mit einer unmissverständlichen Geste, das Zimmer zu verlassen.
Bekleidet mit einem züchtigen Baumwollschlafanzug stand Antonia am Fenster ihres Zimmers und beobachtete, wie Raâid zielstrebig den Hof überquerte. Noch immer machte sein Anblick sie atemlos. In seiner Amtstracht wirkte er beinahe noch anziehender und bedrohlicher.
Nachdenklich blickte Antonia ihm nach. Wie kalt und abweisend er sie vorhin behandelt hatte.
Dabei war er doch der Vater ihres Kindes â¦
Als die Nacht hereinbrach, überlegte Antonia hin und her, wie sie ihm die frohe Botschaft mitteilen sollte. Wohin war er jetzt überhaupt unterwegs? Ging er zu einer Geliebten? Vielleicht hielt er sich einen ganzen Harem williger, frivoler Damen. Der Vater ihres Kindes. Ihr wurde übel. Gleichzeitig machte die Vorstellung sie wütend. Sie atmete tief durch, schloss das Fenster und stellte die Klimaanlage an. Schlaf werde ich heute Nacht wohl nicht finden, dachte Antonia. Wie sollte sie schlafen, wenn Raâid die ganze Zeit in ihrem Kopf herumspukte? Das war frustrierend, denn sie hatte ja keinerlei Rechte an ihm. Sie waren praktisch Fremde, die einander nichts schuldig waren und die weniger denn je voneinander wussten.
Warum fehlte er ihr dann so sehr? Ãrgerlich drängte sie die aufsteigenden Tränen zurück. Ihre Liebe führte zu nichts, sondern würde sie nur noch unglücklicher machen. Antonia Ruggiero verliebt in das Schwert der Vergeltung? Das klang einfach nur lächerlich.
BarfüÃig ging sie zu ihrem einsamen Bett. Auf den ersten Blick war es sehr groÃzügig von Raâid, sie in dieser luxuriösen Umgebung unterzubringen, doch vermutlich tat er das nur, um sie im Blick zu behalten. Wahrscheinlich wurde er über jeden ihrer Schritte sofort informiert. Offensichtlich wollte er die Fäden in der Hand behalten und bestimmen, was sie als Nächstes tat. Doch dass er Vater wurde, wusste er nicht.
Ein Baby schweiÃt die Eltern normalerweise zusammen. Doch sie und Raâid hätten nicht weiter voneinander entfernt sein können. Geistesabwesend strich sie mit der Hand über das frisch duftende, gestärkte blütenweiÃe Betttuch.
Während sie Stunde um Stunde wach lag, analysierte Antonia, was sie durch die Besichtigung von Helenas Zimmer über ihre Mutter erfahren hatte. Ihre Mutter war sehr jung und unreif gewesen, als sie nach Rom zog, um Antonias Vater zu heiraten, obwohl sie zu dem Zeitpunkt bereits einen Sohn vom Herrscher über Sinnebar zur Welt gebracht hatte. Helena hatte ihren Sohn nach der Geburt nie wiedersehen dürfen. Die arme Helena! Sie interessierte sich für Popmusik und Mode und achtete sehr auf ihr ÃuÃeres, weil sie sich einbildete, ihre Schönheit wäre der Schlüssel zum Glück. Am Ende musste sie einsehen, dass ihre Schönheit ihr nur geschadet hatte, denn insbesondere der Scheich von Sinnebar fand oberflächliche Schönheit bald langweilig und wandte sich einer neuen Eroberung zu.
Woher soll ich wissen, dass Raâid nicht genauso ist wie sein Vater? SchlieÃlich war er sein Sohn. Und er war kalt und herzlos. Er konnte sie nicht einmal ohne
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