1001 Nacht - und die Liebe erwacht
Selbstverachtung anschauen, denn sie verkörperte den einzigen Fehler, den er sich je geleistet hatte.
Bei ihr hatte er sein Pflichtbewusstsein vergessen. Dafür wollte er sie jetzt bestrafen und sie so schnell wie möglich wieder loswerden! Was auch immer sie in dem alten Fort erwartete, Raâid war offensichtlich sicher, dass sie nach dem Besuch dort alle ihre Pläne, hier eine Einrichtung für bedürftige Kinder aufzubauen, schlagartig fallenlassen und fluchtartig abreisen würde. Seine Grausamkeit gipfelte darin, dass er entschlossen war, ihre Reaktion persönlich mit anzusehen.
Er forderte seinen Hengst stärker als sonst. Das Pferd machte seinem Namen Tonnerre â französisch für Donner â alle Ehre. Als es im Galopp über den nur vom Mondschein beleuchteten Trampelpfad zu den Bergen ging, flogen die Funken nur so beim Kontakt der Hufeisen mit dem harten Untergrund.
Dann witterte das Pferd Wasser, und nur dank seiner ausgezeichneten Reitkunst schaffte Raâid es, das Tempo des Tieres zu drosseln. Wiehernd und protestierend gehorchte Tonnerre seinem Herrn, und sie ritten im Schritt weiter. Raâid lieà die Zügel locker und sorgte dafür, dass sein Pferd sich auf dem letzten Kilometer abkühlen konnte.
Als sie schlieÃlich die eisige Quelle am Fuà eines Kliffs erreichten, saà Raâid ab, flüsterte dem Hengst lobende Worte ins samtige Ohr und nahm Tonnerre das Zaumzeug ab, damit das Tier sich frei bewegen konnte.
Frei â¦
Fast beneidete er das stolze Pferd, denn er selbst würde niemals frei sein. Er lehnte sich an den kühlen schwarzen Granitfels und sah dem Tier beim Trinken zu. Traurig dachte er an Antonia, die jetzt wahrscheinlich längst im Bett lag und schlief. Seltsam, dass dieses junge Mädchen ihm so unter die Haut ging. Sie hatten keine Zukunft, und sie machte ihm nur Schwierigkeiten. Aber der Anblick der mitten in der Wüste gelegenen Zitadelle würde sie sicher dazu bewegen, sofort abzureisen. In Rom konnte sie sich ja einem anderen Projekt widmen.
Er legte Kopftuch und Robe ab und tauchte ins eisige Wasser. Dabei stellte er sich nicht das junge Mädchen vor, das in seinen Armen vor Lust stöhnte, sondern ein Flugzeug, das sich in den Himmel erhob und Antonia und ihre verrückten Ideen zurück nach Rom brachte.
Als der Morgen dämmerte, hatte Antonia einen Plan ausgearbeitet. Sie wollte ihr eigenes Geld, das sie geerbt hatte, für den Umbau der Zitadelle einsetzen. Dann wurde das Geld der Stiftung nicht angetastet. Mit Raâids Fachwissen und dem anderer Experten lieÃe sich das Projekt verwirklichen. Hoffentlich hilft er mir, dachte sie. Und hoffentlich erklärte er sich bereit, ihr Zugang zum Wasserlauf zu verschaffen. Sonst könnte sie das Projekt gleich ad acta legen.
Irgendwie werde ich ihn schon überreden, sagte sie sich optimistisch nach einer erfrischenden Dusche. Bei dem plötzlichen Geräusch donnernder Hufe merkte sie auf und ging neugierig zum Fenster. Wer war denn um diese Zeit schon unterwegs? Ihre Suite lag in einem der obersten Stockwerke des Palasts mit Blick über Hof und Stallungen. Sie wusste sofort, dass es Raâid war, der von dem imposanten Hengst sprang und das Pferd zurück zum Stall führte. Auf dem Weg sah er auf und fing ihren Blick auf.
Erschrocken wich Antonia zurück. Hatte er gespürt, dass sie ihn beobachtete? Ja, ganz sicher hatte er das.
Das unsichtbare Band zwischen ihnen existierte also noch immer. Es schien sogar noch stärker geworden zu sein.
12. KAPITEL
Offensichtlich hatte auch sie eine schlaflose Nacht verbracht. Mit einem Blick bemerkte er ihr ungewöhnlich blasses Gesicht und die Schatten unter den Augen. Dieses Bild verfolgte Raâid auf dem Weg zu seiner Privatsuite. Hatte Antonia endlich akzeptiert, dass es zwecklos war, in Sinnebar zu bleiben? Würde sie widerspruchslos nach Rom zurückkehren? Und wenn ja, wie würde er sich dabei fühlen?
Er duschte schnell, zog sich an und machte sich auf den Weg in den Frühstückssalon, wo er mit Antonia verabredet war.
Sie trug einen Safarianzug und stand am Buffet, offensichtlich unschlüssig, was sie frühstücken wollte. Beflissen schlug einer der Diener ihr verschiedene Köstlichkeiten vor.
Alle stehen auf und verneigen sich vor ihm, dachte Antonia befremdet, als sie sich ihm zuwandte.
âGuten Morgen, Raâidâ, begrüÃte sie
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