1001 Nachtschichten
so ganz stimmt. Mensch, Osman, du hast doch großkotzig damit angegeben, dass
du
diesen Mordfall lösen wirst!«
»Ach, das meinen Sie. Das war mehr so ein Spruch, weil ich die Mordfälle im Fernsehen auch jedes Mal schneller als Colambo, Derrick oder Wallander lösen kann.«
»Klar, Selbstlob war für dich ja noch nie ein echtes Problem, du Penner!«
»Wieso Penner? Bin ich etwa rausgeschmissen?«, frage ich geschockt.
»Ein Penner bist du auch so«, lacht er vergnügt.
»Ach so, das stimmt, wie recht Sie doch haben«, lache ich erleichtert mit und kriege gerade noch die Kurve. »In Schwerte waren die Leute auf der Straße nämlich auch Ihrer Meinung.«
»Womit denn?«
»Mit Penner! Nachdem sich Kommissar Lück verabschiedet hatte, schlenderten wir weiter zum überfüllten Marktplatz, wo gerade ein großes Spektakel mit Tausenden von Menschen stattfand.
›Was ist denn hier los?‹, fragte ich einen jungen Mann etwas verwirrt.
›Penner!‹, schimpfte er sofort.
›Selber Penner‹, rief ich.
›Pennerkacke!‹, brüllte er.
›Selber Pennerkacke‹, rief ich zurück.
›Nicht Penner, nicht Kacke, sondern Panne und Kauken‹, erklärte seine Frau uns dann geduldig.
Nach langer Zeit kapierten wir endlich, dass die Leute ständig auf Schwerterisch ›Pannekaukenfest‹ gesagt hatten, was auf Deutsch ›Pfannkuchenfest‹ heißt, und damit wiederum das berühmte Schwerter Kartoffelreibekuchen-Fest gemeint hatten, wo wir hineingeraten waren.
Diese Pannekauken schmecken übrigens sehr, sehr gut! Wir schlugen uns damit die Bäuche voll und gingen danach ins Hotel, um nicht länger als Penner und Obdachlose beschimpft zu werden.
Es dauerte insgesamt fünf Tage, bis Eminanims Gebeteganz oben ankamen und wir Schwerte endlich verlassen durften. Wahrscheinlich lag die Verspätung daran, dass der Himmel im Ruhrgebiet ständig mit dicken Wolken verhangen war. Womöglich hätten wir dort noch länger bleiben müssen, wenn ich mich weiterhin geweigert hätte, unsere bei der Bremer Polizei hart erkämpften Pässe bei der Schwerter Polizei abzugeben. Kommissar Lück hat natürlich nicht die leiseste Ahnung, wie lange ich geschuftet habe, um einen deutschen Pass zu bekommen.
Danach fuhren wir sofort wieder in die Ruhrstraße, um uns von Klaus zu verabschieden. Kommissar Lück hatte, genauso wie meine Frau Eminanim, dem armen Mann seinen Urlaub nicht gegönnt und ihn auf der Stelle nach Deutschland zurückbeordert.
Während ich aus seinem Wohnzimmerfenster diese lustige Aussicht mit dem umkippenden Baumkirchturm ein letztes Mal genoss, sagte er:
›Ein Glück aber auch, dass wenigstens diese nervigen Bauarbeiter wieder weg sind. Nur wegen denen bin ich überhaupt in Urlaub gefahren.‹
›Was für Bauarbeiter denn?‹, fragte ich neugierig.
›An der ganzen Vorderfront unseres Wohnblocks haben sie Wärmedämmplatten angebracht, weil unsere Heizkosten so hoch sind.‹
›Soll das etwa heißen, dass hier tagelang ein Baugerüst vor dem Haus stand? Sozusagen eine Einladung für jeden engagierten Einbrecher.‹ Mit Sicherheit war das der Lärm, der mich damals so früh am Morgen aufgeweckt hat. Da haben sie vermutlich das Gerüst wieder abgebaut und auf den Lkw geladen.
Beim Verlassen des Hauses wurden wir eine Etage tiefer von der Nachbarin abgefangen:
›Der verdammte Dieb ist endlich geschnappt worden! Ich habe meinen Ring wiederbekommen, ist das nicht toll?‹, strahlte sie über das ganze Gesicht.
›Der Dieb kam garantiert über das Baugerüst‹, sagte ich.
›Gut möglich, an meiner Wohnungstür waren überhaupt keine Einbruchsspuren‹, meinte sie.
›Gut möglich auch, dass der Dieb am nächsten Tag über das Baugerüst wiedergekommen und eine Etage höher, bei Ihrer Nachbarin, eingebrochen ist. Gelegenheit macht nicht nur Diebe, sondern auch Mörder!‹, strahlte auch ich wie ein Honigkuchenpferd und rief sofort Kommissar Lück an.
›Herr Kommissar, Sie sollten nicht nur mit den Scheidungsanwälten und Hoteliers zusammenarbeiten, sondern zur Abwechslung auch mit Ihren eigenen Kollegen vom Raubdezernat. Einen Tag vor dem Mord wurde hier im Haus nämlich eingebrochen und Schmuck gestohlen. Ihr Kollege hat diesen Einbrecher bereits eingelocht. Ich bin sicher, dass der Dieb auch der Mörder von Inge Peters ist!‹
Mit stolzgeschwellter Brust und sehr erleichtert schaute ich meine Frau an.
›Na, Eminanim, hatte ich dir nicht gesagt, dass
ich
diesen Fall lösen werde? Ich, der türkische Scherlock
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