1003 - Die Templer-Säule
Gewicht der Person erzitterte.
Alischa war wütend. Sie fauchte wie eine Katze. Da aber war Suko schon über ihr.
Er umklammerte ihr rechtes Handgelenk und bog den Arm so hart in die Höhe, daß es schon weh tun mußte. Aber Alischa war hart im nehmen. Sie schrie nicht, sie biß die Zähne zusammen, wollte den Revolver nicht loslassen, und Suko mußte dabei schon ihr Gelenk zur Seite biegen. Wenn sie ernsthafte Verletzungen scheute, dann war es für sie besser, die Faust zu öffnen.
Sie tat es auch.
Der Revolver rutschte heraus, polterte zuerst auf die Tischplatte und rutschte anschließend über den Rand hinweg zu Boden, wo Suko den Smith & Wesson mit einem Tritt außer Reichweite beförderte.
Die Killerin ließ er nicht los. Er wuchtete sie herum, damit sie auf dem Bauch lag. Mit dem Kinn schlug sie auf das Holz. Sie knurrte voller Wut und blieb erst still liegen, als Suko ihr den rechten Arm über den Rücken bis zur Schmerzgrenze verrenkt hatte.
»Es wäre besser für Sie, aufzugeben!«
»Zur Hölle mit dir!«
»Sie werden vor mir dort sein.« Er brauchte nur eine Hand, um sie zu halten, mit der anderen tastete er sie nach weiteren Waffen ab, fand aber keine mehr.
Suko ließ die Frau los und trat schnell vom Tisch weg. Alischa blieb schwer atmend auf der Platte liegen. Suko sah den Speichel aus ihrem Mund sickern. Sie war ziemlich angeschlagen. Der Inspektor nutzte die Gelegenheit, steckte Alischas Waffe ein und holte seine Beretta hervor, denn die war ihm vertrauter.
In günstiger Schußdistanz blieb er vom Tisch entfernt stehen und wartete darauf, was Alischa unternehmen würde. Zunächst nichts.
Sie lag platt wie ein Fisch auf der Platte, stöhnte leise vor sich hin, fluchte aber auch, wie Suko sehr deutlich hören konnte. Den malträtierten Arm bewegte sie nicht. Er lag so steif da, als würde er nicht zu ihr gehören.
Schließlich drehte sie den Kopf. Blieb aber liegen. Sie wollte Suko aus dieser Position anschauen und sah auch die Pistole in seiner Hand. Der Anblick schien sie nicht zu erschrecken. Sie amüsierte sich darüber und fragte: »Was willst du jetzt damit tun? Mich erschießen?«
»Da hätte die Welt nicht viel verloren.«
»Dann tu es.«
Suko verzog die Lippen. »Liegt dir wirklich so wenig am Leben?«
»Ich habe versagt.«
»Viele Menschen versagen.«
»Aber nicht wir.«
Suko nickte. »Ach ja, ich vergaß. Ihr seid ja eine besondere Gruppe. Rebellen, Terroristen, wie auch immer.«
»Nein. Wir sind die Frauen und Männer einer neuen Zeit. Wir sind Freiheitskämpfer, denn wir verfolgen die Ziele des Königs und Prinzen Lalibela.«
»Den es längst nicht mehr gibt, nicht wahr?«
Plötzlich glänzten ihre Augen. »Sein Geist lebt weiter. Den kann niemand zerstören, und wir haben in seinem Geist den Kampf wieder aufgenommen.«
»Man kann alte Zeiten nicht mehr zurückholen. Sie sind Vergangenheit. Das Leben ist weitergegangen und hat sich verändert.«
»Ideale bleiben!« rief sie.
»Welche denn? Was ist so wertvoll oder ideal, daß es einen Mord entschuldigt?«
»Für eine große Sache ist schon immer gestorben worden. Das solltest du wissen.«
»Stimmt. Es hat Opfer gegeben, aber sie hätten nicht zu sein brauchen. Im Laufe der Zeit wären die Veränderungen von allein gekommen, und was kann an einem ehemaligen äthiopischen Fürsten schon so wichtig sein, daß im Namen seiner Herrschaft oder Ideologie Menschen ihr Leben verlieren?«
»Er hat den Weg gekannt. Er hat ihn gewußt. Verstehst du das denn nicht?«
»Nein.«
»Wäre in seinem Namen regiert worden, sähe es in meinem Land anders aus. Da gäbe es keine Unterdrückung mehr, keine Armut, kein Sterben, denn Lalibela hat gewußt, was für sein Volk gut war.«
»War er auch gut?«
»Ja, denn er ist den Weg Gottes gegangen.«
Suko konnte sich das Lachen nicht verkneifen. »Das Wort Gott aus dem Mund einer Killerin zu hören, stößt mir schon sauer auf. Das paßt nicht.«
»Der Weg ist steinig. Er war schon zu den Zeiten vor der großen Wende aufgezeichnet.«
»Wo denn?«
»Im Alten Testament. In der Geschichte Israels, der Juden und der Stämme.«
»Ja, da hat es Kriege gegeben, das weiß ich. Auseinandersetzungen um Land, um die Macht, auch Familienfehden und mehr.«
»Das war nicht alles.«
»Gibt es denn etwas Besonderes?«
»Ja!« zischte sie, und Suko hatte auch nichts dagegen, daß sie sich wieder aufrichtete. »Es gibt etwas, das alle Menschen damals kannten, das zu einem Hort des Friedens werden
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