1005 - Im Bann des alten Königs
entschieden. Ich kann nicht mit Mördern zusammenarbeiten. Du weißt selbst, wer ich bin. Der Sohn des Lichts. Der Besitzer des Kreuzes. Das müßte euch schon reichen, um zu erkennen, daß ich mich nicht auf eure Seite stellen kann. Ich bin gekommen, habe Strapazen auf mich genommen und werde die Kapelle auch betreten, aber allein.«
»Das sollst du auch.« Hagir schüttelte den Kopf. »Niemand wird dich daran hindern. So hatten wir es vorgesehen, denn nur du kannst den Schutzbann brechen.«
»Er soll bleiben.«
»Es ist zu spät, John Sinclair!«
Neben mir schrie Mikail leise auf, als wollte er durch diesen Laut meine Bemerkung unterstreichen. Aber das war nicht der Grund seines Schreis. Versteckt, aus dem Hintergrund schleichend, war jemand dicht vor Mikail herangetreten und hatte ihm die Mündung einer kurzläufigen Maschinenpistole gegen den Hals gedrückt.
Wenn dieser Mensch abdrückte, würde der Kopf meines neuen Freundes in zahlreichen Stücken gegen den roten Himmel fliegen.
Ich sah es, und ich sah auch Mikail, der sich nicht bewegte. Und ich sah das finster entschlossene Gesicht des MPi-Trägers.
»Ist das ein für dich überzeugendes Argument?« fragte mich Hagir.
Das war es. Es gab auch noch andere, denn die Männer vor mir hielten jetzt ebenfalls Schußwaffen in den Händen. Keine Maschinenpistolen, aber Revolver oder Pistolen.
»Ja, es ist überzeugend.«
»Dann steht unserem kleinen Ausflug ja nichts mehr im Wege.«
Hagir lächelte, seine Augen blitzten. »Keine Angst, in der Kapelle ist es nicht zu dunkel. Dort brennen immer geweihte Kerzen.«
»Ja, ich habe verstanden.«
»Nein, John, bleib!«
***
Mikail hatte gesprochen. Mein rechter Fuß, den ich schon nach vorn gestreckt hatte, zuckte wieder zurück, was Hagir überhaupt nicht gefallen konnte.
Für einen Moment verlor er die Fassung. Haß und Zorn entstellten sein Gesicht. Seine rechte Hand verschwand unter dem Umhang. Sie kehrte mit einem Messer zurück, dessen breite Klinge leicht geschwungen war, so daß sie aussah wie eine erstarrte Flamme aus Metall.
»Willst du sterben wie der andere Hagir? Soll ich dir die Kehle durchschneiden oder dir das Messer in den Leib rammen, wie wir es schon getan haben?« Er kam drohend noch näher. »Willst du das?«
Blitzschnell sauste die Klinge nach vorn. Die Spitze verschwand in Mikails Bartgestrüpp. Ich rechnete nicht mit dem Schlimmsten. Hagirs Worte hatten mehr nach einer Drohung geklungen. Es dauerte nicht lange, da zog er das Messer wieder hervor, aber Mikail war schon zusammengezuckt, als ihn die Klinge bedroht und sogar berührt hatte.
Blut schimmerte nicht nur auf dem Metall. Dunkle Flecken waren auch in dem Bart entstanden.
»Es war die letzte Warnung!« erklärte Hagir. Er schaute mich wieder an. »Es liegt an dir, Sinclair.«
»Das weiß ich.«
»Dann geh endlich!«
»Nur mit der Ruhe«, sagte ich und schaute Mikail an. Er bewegte sich nicht, aber er deutete ein Kopfschütteln an. Ich sah darüber hinweg. Es hatte genug Tote gegeben, und ich wollte nicht, daß so sinnlos jemand in meinem Beisein starb. Außerdem war die Schlacht noch nicht geschlagen. Diese Templer fürchteten sich vor der Lade und auch vor ihrem Bann.
Ich mußte daran denken, daß die Bundeslade bei den Israeliten auch als Kriegswaffe eingesetzt worden war. Da hatte sie Tod und Vernichtung verbreitet. Auf sie führte man die Ausbreitung schwerer Krankheiten und Seuchen zurück. Deshalb war es möglich, daß sich ein Teil dieser Kraft noch erhalten hatte.
Darauf wollte ich nicht unbedingt bauen, aber ich bezog es in meine Rechnung mit ein und nickte Hagir deshalb zu. »Du kannst dich entspannen, ich werde nicht auf Mikail hören. Ihr sollt euren Willen haben. Ich gehe in die Kapelle hinein.« Damit tat ich den ersten Schritt und auch den zweiten. Hagir ging zur Seite. Er lächelte. Sein Nicken galt den anderen Männern, die mir eine Gasse schufen.
»John, du versündigst dich!«
»Nein, Mikail. Ich weiß genau, was ich tue.«
»Die Lade wird zum Mörder!«
»Hoffentlich nicht.«
»Sie wird vernichten. Sie wird uns alle vernichten. Sie darf nicht durch andere entehrt werden. Du kannst es. Aber nicht diese Verbrecher hier.« Er stöhnte plötzlich auf, so daß ich stehenblieb und noch einmal den Kopf drehte.
Mikail hing im Griff des Mannes mit der Maschinenpistole. Er hatte seinen Arm nach hinten gedreht. In der anderen Hand hielt er seine Waffe fest, deren Mündung jetzt auf den Rücken des Mannes
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