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1006 - Das Palladium

1006 - Das Palladium

Titel: 1006 - Das Palladium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hier ablief, deshalb betrat ich die Grabkammer. Die Decke des Stollens war zum Glück hoch genug.
    So konnte ich normal laufen und brauchte nicht den Kopf einzuziehen.
    Der Boden war nicht geglättet worden. Über die Unebenheiten ging ich hinweg, erreichte die ersten Wandgräber und blieb stehen.
    Ich leuchtete in sie hinein. An einigen hingen noch letzte Fleisch-und Hautreste. Der Strahl traf auch einen Schädel, um dessen Augen herum noch eine gelbliche, eingetrocknete Masse zu erkennen war. Auch lagen die Reste des Totenhemdes dicht am Knochen. Ich berührte den Stoff. Er zerfiel sofort zu Staub.
    Ich ging weiter.
    Nach rechts und nach links leuchtete ich in die Gräber. Dabei fiel mir auf, daß die Knochen immer älter und grauer aussahen. Ein Beweis, daß die Toten in diesem Bereich schon wesentlich länger in ihren Wandgräbern lagen als die weiter vorn.
    In den letzten Gräbern waren keine Knochen mehr zu sehen. Nur noch Staub, alter, graubrauner Staub. Wobei noch Spinnen ihre Netze gespannt hatten. Die Fäden schimmerten im Strahl silbrig auf.
    Ich drehte mich wieder um. Das Licht machte die Bewegung mit, auch als ich den Arm anhob.
    Und es wurde verschluckt!
    Die Schatten waren mir gefolgt. Sie hatten sich vor mir aufgebaut wie eine Wand. Ungefähr so dunkel wie die Wand, die sich auch in meinem Rücken befand.
    Ich saß in der Falle!
    Im ersten Moment bekam ich feuchte Hände. Mein Herz schlug schneller. Wenn die Tür jetzt zuschlug und sie von der anderen Seite her verrammelt wurde, war ich gefangen. Lebendig begraben. Dann würden in ferner Zeit andere meine Knochen finden.
    Meine Chance, die Tür blieb offen. Aber die Schatten verschwanden nicht. Eine kompakte schwarze Mauer hatte den Lichtstrahl verschluckt. Er sah tatsächlich an einer bestimmten Stelle aus wie abgeschnitten.
    Ich wartete, denn die andere Seite war an der Reihe. Sie hatte mich nicht grundlos in diese Grabkammer geführt. Für einen Menschen, der an Platzangst litt, war dies kein Aufenthaltsort. Hinzu kam die feuchte Luft, die mir vorkam, als wäre sie zum Schneiden dick und eher zu trinken als zu atmen. Sie klebte an meiner Haut. Ich hatte den Eindruck, überall von dünnen Spinnweben berührt zu werden.
    Hinzu kam die Stille. Belastend und bedrückend, aber sie änderte sich, denn was ich erwartet hatte, das trat auch ein.
    Jemand sprach mich an. »Du bist jetzt bei uns…«
    Ich überlegte nicht lange. »Bei den Toten?«
    »Ja.«
    »Bei euren Körpern?«
    »Ja.«
    »Und ihr?«
    »Wir sind die Seelen.«
    Keine der beiden Parteien hatte laut gesprochen. Wir hatten immer nur geflüstert, aber die Stimmen der anderenhatten sich trotzdem fremd angehört. Es war ein anderes Flüstern gewesen, als bestünden zwischen uns große Räume.
    »Die Seelen? Von wem?«
    »Wir waren die Wächter, die Hüter der Lade, und wir sind es noch bis über den Tod hinaus. Wir wollen nicht, daß jemand dieses Heiligtum entweiht – was du getan hast. Wir sind auch im Tod die Aufpasser, und jede Gefahr werden wir abwehren. Wir haben den Schwur damals geleistet, und wir halten noch im Tod daran fest.«
    »Ihr seid also Schattenmörder?«
    »So sehen wir uns…«
    »Und ihr tötet nicht nur hier, sondern auch woanders?« fragte ich mit leiser Stimme.
    »Ja, wir ersticken die Gefahren im Keim.«
    Das hatte ich nur wissen wollen. Plötzlich bekam ich weiche Knie, denn jetzt war mir klar, daß ich den Mördern meiner Eltern gegenüberstand. Die Schatten hatten den Fluch der Sinclairs beinahe erfüllt. Und sie hatten mich jetzt in ihre Totenwelt gelockt, um auch mich zu töten.
    Kann man Schatten hassen?
    Ich konnte es in diesem Augenblick, und der Haß durchströmte mich wie eine gewaltige Flut. Er war einfach nicht zu bremsen. Er sorgte dafür, daß mir das Blut in den Kopf stieg und ich einen gewaltigen Druck hinter den Augen spürte. Mir wurde sogar schwindlig, so daß ich den Eindruck hatte, vom Boden abzuheben.
    Nur nicht daran denken. Nur nicht an den Tod meiner Eltern denken. Das hätte mich zu stark abgelenkt. Aber es war schwer, verdammt schwer sogar.
    Noch etwas kam hinzu. Ich hatte die Stimme meines Vaters gehört, und plötzlich fragte ich mich, ob ich mich nun geirrt hatte oder nicht. War sie mir nur vorgetäuscht worden?
    Ich tastete mich mit der ersten Frage langsam an dieses Thema heran. »Ihr habt gewußt, daß ich kommen würde, nicht wahr?«
    »So ist es gewesen.«
    »Aber ihr hättet nicht morden dürfen. Ihr hättet nicht die Personen töten

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